Interviews

PlantAge: „Es muss was passieren in der Landwirtschaft.“

Eine schonende Anbauweise, eine tolle Gemeinschaft und gutes Essen – All das verbindet das Konzept der solidarischen Landwirtschaft von PlantAge. Der genossenschaftlich organisierte Betrieb von Gründerin Judith Ruland und Frederik Henn produziert bio-vegane Lebensmittel. Doch auch das Betriebsmodell soll „gesund“ und nachhaltig sein. Wir haben die Gründer im Interview zu diesem zukunftsweisenden Modell befragt.

Wie sieht euer Geschäftsmodell aus ?
plantAge bietet ein Jahresabo von Gemüseboxen im Wert 79 Euro pro Monat, die wöchentlich zu engmaschigen Abholstellen in die meisten Berliner Kieze geliefert werden. Wir sind ein produzierender Betrieb, genossenschaftlich organisiert, sodass die Abonnenten gleichzeitig auch immer Eigentümer des Betriebs sind. Als Genossenschaft sind wir auf die Einbringung der Mitglieder mit ihren Fähigkeiten angewiesen und arbeiten so gemeinschaftlich an einer nachhaltigen und gleichzeitig wirtschaftlich soliden Landwirtschaft.

Ihr habt den Next Organic Start-up Award gewonnen, was bedeutet dies für euch?
Für uns ist das eine tolle Motivation, denn wir sehen, dass wir eine starke Gemeinschaft hinter uns haben, die plantAge in die Realisation trägt. Es zeigt auch, dass eine Bürgerbewegung am Entstehen ist, die eine nachhaltige Landwirtschaft einfordert, so wie das bei den erneuerbaren Energien von zehn Jahren mal war.

Ganz praktisch gesehen erhält plantAge Beratung zu Marketing, Finanz und Vertriebsfragen, ein maßgeschneidertes Beratungspaket auf unsere Bedürfnisse. Im weiteren Sinne können wir mit dem Gewinn des next organic 2018 werben und Aufmerksamkeit für eine nachhaltige, solidarisch organisierte Landwirtschaft gewinnen.

Wann startet ihr?
Wir planen im Oktober 2018 die plantAge Genossenschaft nach den Vorbildern des Münchner Kartoffelkombinats und des Lüneburger WirGartens zu gründen. Erstes Gemüse wird es voraussichtlich im Mai 2019 geben. Bis dahin erzählen wir vielen Menschen von unserem Vorhaben, sodass wir ausreichend Genossenschaftskapital einsammeln können, um die angestrebten 200 Haushalte versorgen zu können.

Wird bio-veganer Landbau „the next  big thing”?
Es muss was passieren in der Landwirtschaft. Diese ist festgefahren in einigen Systemfehlern, unter denen fast jeder Landwirt leidet. Kein Landwirt will die Umwelt zerstören, doch faktisch ist es so, dass die Gewässer in Deutschland durch die moderne Landwirtschaft immer mehr mit Nitrat belastet sind. Das wird teuer für unsere Wasseraufbereitung und ist mitverantwortlich für den Verlust von Artenvielfalt. Durch Herbizide wie Glyphosat finden Insekten keine Lebensräume mehr, zudem wird auf immer größeren Flächen angebaut, sodass Ökosysteme zertrennt werden. Dies passiert unter dem Marktwirtschaftlichen Druck größer zu werden oder aufzugeben. Als Landwirt ist man heute gezwungen gegen eigene Überzeugungen zu wirtschaften, oder aus dem Sektor auszusteigen. Zusammen mit anderen Initiativen zeigen wir, dass sich eine am Menschen und der Artenvielfalt ausgerichteten Landwirtschaft auch wirtschaftlich lohnen kann. Die Agrarwende wird kommen, so wie die Energiewende kam. Es gibt immer mehr Bürger, die sich auf regionaler Ebene vernetzen und die Selbstversorgung organisieren.

Man muss ja auch unterscheiden zwischen bio und vegan, wobei vegan erstmal frei von jeder Ideologie bedeutet, dass wir pflanzenbasiert wirtschaften. Wir halten keine Nutztiere und wir verwenden keine Abfallprodukte aus der Nutztierhaltung zur Düngung wie Mist, Gülle, Hornspäne oder Schlachtabfälle. Dadurch wirtschaften wir mit weniger Fläche, sodass mehr Raum für Artenvielfalt und Kohlenstoffsenken entsteht. Bei gleich bleibender Erdoberfläche, wachsender Nachfrage nach Fleisch und knappen Ressourcen ist bio-veganer Anbau die umweltfreundlichste Methode, um Menschen auf kleinstmöglicher Fläche zu versorgen.

Wenn wir es hinbekommen eine effiziente Betriebsgröße zu erreichen, bei der Konsumenten einen vernünftigen Preis für regionale Bio-Lebensmittel bezahlen und bei der Gärtner und Angestellte überdurchschnittlich bezahlt werden können, dann haben wir ein Wirtschaftsmodell gefunden, dass mit dem jetzigen konkurrieren kann und gleichzeitig sozialer und ökologischer vorgeht.

Wo möchtet ihr in fünf Jahren stehen?
In fünf Jahren planen wir mit 1500 Mitgliedern in der Genossenschaft, die wöchentlich mit Gemüse versorgt werden, und wir haben zwei bis drei weiteren Initiativen durch unsere Erfahrung auf die Beine geholfen. Neben dem Gemüse wird es Obst, Säfte, Nüsse, Gemüseaufstriche, Brot und Pflanzenmilch im Angebot geben. Von den Mitglieder getragen wird es Workshops und Vorträge zu verwandten Themen geben, sowie einige Stadtäcker in Berlin zur Naherholung und zum gemeinschaftlichen Austausch.

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