Markt & Trends

Die pflanzliche Lebensmittelindustrie und die Pandemie – Experten der veganen Wirtschaft kommen zu Wort

Welche Auswirkungen wird die aktuelle Corona-Pandemie auf die pflanzliche Lebensmittelindustrie haben? Experten von GFI, Green Monday, Vevolution, Grounded Foods, Innovate 360, Vegan Business Media und Green Queen Media, teilten mit uns ihr Insiderwissen aus verschiedenen Bereichen der veganen Industrie, darunter Start-ups, die Lebensmitteltechnologie, Veranstalter, Nachhaltigkeitsexperten und Medien.

Während sich das Gastgewerbe und der Lebensmittelservice in schwierigen Zeiten befinden, passen sich viele Unternehmen an, indem sie ihre Online-Dienste erweitern oder neue Lieferoptionen hinzufügen. Gibt es noch andere Arten, wie die vegane Industrie die Auswirkungen spüren wird?

Obwohl die Zukunft nicht sicher ist, scheint es klar zu sein, dass in diesem Klima der Angst große Unternehmen florieren werden, während das Bestehen kleinerer Unternehmen unsicher ist. Viele unabhängige Unternehmen, die Produkte auf Pflanzenbasis herstellen, werden derzeit von größeren Playern der Branche übernommen, wie es auch schon vorher zu beobachten war. Es steht eine gewaltige Verlagerung zum Online-Handel bevor, während die Lebensmittelproduktion natürlich trotzdem weitergehen muss.

Trotz der aktuellen Situation verzeichnen bestimmte Akteure aus den unterschiedlichen Lebensmittelsektoren in diesen Zeiten ein gesteigertes Interesse der Verbraucher. So freuen sich z.B. die vielen Lebensmittel-Lieferdienste über eine erhöhte Nachfrage. Hinzu kommt ebenfalls eine deutlich steigende Nachfrage nach alternativen Proteinquellen, beispielsweise in China.

vegan source of protein pflanzliches eiweiß
© photka – stock.adobe.com

Nachfolgend einige Expertenstimmen der veganen Wirtschaft zur aktuellen Situation.

Katrina Fox ist PR-Beraterin, Sprecherin und Gründerin von Vegan Business Media

„Die COVID-19-Pandemie hat große Auswirkungen auf alle Arten von veganen und pflanzlichen Unternehmen. Neben Restaurants und Bars sowie der Reise- und Tourismusbranche verzeichnen die Lebensmittelhersteller einen Rückgang ihrer Einnahmen.

Jetzt ist die Zeit gekommen, in der sich vegane und pflanzliche Unternehmen wandeln und versuchen, ihre Einkommensströme zu diversifizieren. Wir sehen, dass Unternehmen beispielsweise in virtuellen Online-Märkten zusammenarbeiten und ich gehe davon aus, dass wir noch mehr davon sehen werden. Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass, auch wenn einige sich jetzt darum bemühen müssen, einen Online-Shop einzurichten, sie in Zukunft besser vorbereitet sein werden und möglicherweise eine zusätzliche Einkommensquelle dazu gewinnen.“

Sonalie Figuerias ist die Gründerin der nachhaltigen Nachrichtenplattform Green Queen Media

„Während die Lebensmittelbranche schon immer Höhen und Tiefen des Marktes durchlebt hat, ist das Coronavirus die bisher schlimmste Beeinträchtigung der allgemeinen Geschäftsabläufe. Niemand hätte eine Welt vorhersagen können, in der Milliarden von Menschen nicht mehr in der Lage sind, in Restaurants zu gehen, weil die Regierung es verbietet. Oder dass Kundenkontakt zu einer ernsthaften Gefahr für das Personal und deren Gesundheit wird.

Schnelle/innovative Betreiber auf der ganzen Welt haben sich bereits um die Einführung von Menüs zum Mitnehmen, tiefgefrorenen Fertiggerichten, vorgefertigten Menüboxen, dem Verkauf von Lebensmitteln, der Einführung von Snacks und Gewürzen, der Zusammenarbeit mit anderen Restaurants (z. B. Rabatte, wenn Sie in den teilnehmenden Restaurants essen) und dem Angebot von Online-Kochkursen bemüht. Außerdem glaube ich fest daran, dass dies auch nach Corona nicht aufhören wird. Die Restaurants werden nun alles tun, um ihre Einnahmequellen stark zu diversifizieren, damit sie vorbereitet sind, sollte sich dies jemals wiederholen.“

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Sonalie Figuerias © Green Queen Media

David Yeung ist der Gründer von Green Monday und der wohl einflussreichste vegane Geschäftsmann in Asien

„Die Regierung wird unweigerlich die gesamte Lebensmittelversorgungskette überdenken und neu überprüfen müssen. Sie kann es sich einfach nicht leisten, dass sich ein weiterer verheerender Vorfall wie das Coronavirus jemals wieder ereignet. Der Verzehr von Wildtieren hätte eindeutig schon vor langer Zeit verboten werden müssen. Sogar staatlich kontrollierte Medien wie die China Daily haben Leitartikel veröffentlicht, in denen ein dauerhaftes Handelsverbot für Wildtiere gefordert wird.“

Liz Specht, PhD, ist die stellvertretende Direktorin für Wissenschaft und Technologie am Good Food Institute

„Glücklicherweise ist es einfacher, Tiere aus unserem Nahrungssystem zu entfernen, als wir vielleicht denken. Wie der enorme Anstieg der Innovation, der Verfügbarkeit und des Verbraucherinteresses bei pflanzlichem Fleisch beweist, wird das gesamte Fleischsortiment neu bewertet. Fleisch wird zunehmend als ein sensorisches Erlebnis anerkannt, das sich durch eine spezifische Kombination von Aminosäuren, Fetten und Mineralien und nicht mehr durch eine konventionelle Produktion auszeichnet. Kein Tier muss gezüchtet oder gejagt werden und es muss keine Krankheit riskiert werden, um einen saftigen Burger oder ein knuspriges Nugget zu genießen.

kulitivertes Fleisch (in-vitro-fleisch) im Labor
© tilialucida – stock.adobe.com

Es ist auch wahrscheinlich, dass kultiviertes Fleisch (Fleisch, das direkt aus tierischen Zellen im Labor gezüchtet wird) dank der Unterstützung von Talenten, Investitionen und unternehmerischen Aktivitäten in Kürze auf den Markt kommen wird. Sowohl pflanzliche als auch kultivierte Fleischprodukte beseitigen die Bedenken hinsichtlich der Nahrungsmittelsicherheit und der Krankheiten, die mit tierischen Lebensmitteln einhergehen. Die moderne pflanzliche und kultivierte Fleischproduktion ermöglicht den Verbrauchern einen Tausch am Tisch, der ohne Verzicht einhergeht, zusammen mit massiven Vorteilen in Bezug auf Sicherheit und Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette.

Die Regierungen stecken immense Ressourcen in die Entwicklung von Therapeutika und Impfstoffen, um die Schäden des aktuellen Ausbruchs zu begrenzen. Aber nichts davon wird die nächste und möglicherweise noch schlimmere Pandemie verhindern.“

(Ursprünglich veröffentlicht auf Wired)

Damien Clarkson ist der Mitbegründer der veganen Bewegung Vevolution

„Es ist bereits jetzt klar, dass vegane Unternehmen von der COVID-19-Krise hart getroffen werden. Restaurants und andere Betriebe der Gastronomie sind bereits jetzt stark betroffen. In London haben viele Restaurants sofort reagiert, indem sie berührungslose Direktlieferdienste anbieten und geschlossene Küchen betreiben. Unternehmen, die virtuelle Online-Shops wie den Vegan Kind Supermarkt betreiben, erleben jedoch eine noch nie da gewesene Nachfrage nach Produkten, da die Nachfrage nach Direktlieferungen an die Verbraucher immens gestiegen ist.

Bei Vevolution mussten wir unsere Pläne anpassen und haben unseren geplanten veganen Business Gipfel in eine Reihe von virtuellen Veranstaltungen umgewandelt. Wir freuen uns auf diesen globalen Gipfel, bei dem eine Gemeinschaft aus Unternehmern und Investore darüber diskutieren werden, wie wir das Wachstum der veganen Wirtschaft zukünftig weiter vorantreiben können.“

vevolution
©Vevolution

Veronica Fil ist Spezialistin der Lebensmittelindustrie und Wirtschaftswissenschaftlerin sowie Gründerin des veganen Käse-Startups Grounded Foods

„Wir und viele andere Start-ups müssen in diesem Klima sehr sorgfältig darüber nachdenken, wohin wir die verfügbaren Ressourcen lenken. Die Dinge bewegen sich schnell und wir müssen uns mit ihnen bewegen. Das bedeutet, dass wir berücksichtigen müssen, wie sich globale Handelsbeschränkungen auf jeden Aspekt der Lieferkette auswirken können, von den Zutaten und der Verpackung bis hin zum Transport und der Logistik, wie sich sowohl Hindernisse als auch neue Möglichkeiten ergeben. Kurzfristig müssen wir auch die Vertriebskanäle betrachten, über die wir verkaufen und wie sie durch die soziale Kontaktsperre beeinflusst werden könnten (z. B. hat die Reduzierung der physischen Kundschaft in Restaurants zu einer Zunahme der Lebensmittellieferungen und des Online-Lebensmittelverkaufs geführt).

Der Markt für alternative Proteine zeigte bereits bevor Covid-19 ausbrach starke Wachstumszahlen. Ich glaube, dass diese schlimmen Zeiten das Wachstum des Sektors noch schneller vorantreiben werden. Da die Grenzen abgeriegelt sind, ist es unerlässlich, widerstandsfähige, sich selbst tragende und lokale Lebensmittelversorgungsketten zu sondieren. Und was wird aus den neu gegründeten Unternehmen, die an der Spitze der Innovation stehen? Sie sind trotz der turbulenten Wirtschaft erfolgreich. Jetzt ist die Zeit, in der wir Sie am meisten brauchen.“

Elias Tan ist Vizepräsident von Innovate360, Singapurs erster Food-Accelerator und Inkubator

„In Nationen wie Singapur, wo die Landfläche knapp ist, zeigen die COVID-19-Sperren die Notwendigkeit, die Nahrungsmittelproduktion in einer innovativen Art und Weise zu erhöhen. Technologie wird eine wichtige Ressource bei der Realisierung einer starken globalen Infrastruktur für die Sicherung der Ernährung sein. Durch die Entwicklung moderner vertikaler Aquakulturen und agrartechnischer Systemlösungen können Länder wie Singapur ihre Landproduktivität steigern und ihre Energie- und Wasserressourcen optimieren.

innovate 360
© Innovate 360

Trotz der derzeitigen Börsenbaisse ist der Food-Tech-Bereich angesichts des zukünftigen Problems der Sicherung der Ernährung, mit dem die Welt zunehmend konfrontiert ist, definitiv ein attraktiver Kandidat für Investitionen.

Laut PitchBook Data ist die Finanzierung für Lebensmitteltechnologie von etwa 60 Millionen Dollar im Jahr 2008 auf mehr als 1 Milliarde Dollar im Jahr 2015 in die Höhe geschnellt. Die einzigartigen Investitionen von Risikokapital und einem kollektiven Anlageprogramm (Private-Equity-Fonds) haben sich laut CB Insights von 223 im Jahr 2015 auf 459 im Jahr 2017 verdoppelt. Angesichts der COVID-19-Lage sollten Lebensmitteltechnologie-Unternehmen, die Lösungen zur Verbesserung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung in Katastrophenzeiten entwickeln, die Wahl der Investition sein.“

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