Im Jahr 2034 werden laut neuem Munich Strategy Bericht weltweit voraussichtlich 33 Millionen Tonnen Proteinprodukte in Form von Fleischalternativen konsumiert werden / Pflanzenbasierte Mischformen („Hybrids“) und Cultivated Meat aus zellbasierten Verfahren könnten bis 2034 etwa 41 Prozent des Marktes für Smart Proteins ausmachen.
Für das Whitepaper „Wachstumsmarkt Cultivated Meat“ hat die Unternehmensberatung Munich Strategy untersucht, welche Chancen neue Technologien zur Herstellung von Proteinalternativen bieten und wie traditionellen Fleischverarbeitern sowie ihren Zulieferern der Markteintritt gelingen kann. Die Berater und Beraterinnen haben dafür mit Experten aus der Nahrungsmittelindustrie, der Food-Ingredients-Branche, dem Maschinen- und Anlagenbau und der Biotechnologie gesprochen.
Smart Proteins lassen sich in vier Kategorien unterteilen: Lebensmittel auf Basis von Pflanzen, Mischformen (Hybrids), Präzisionsfermentation, sowie zellbasierte Lebensmittel. In die letzte Kategorie fällt auch „Cultivated Meat„, also das Vermehren von tierischen Stammzellen und Züchten von Fleisch ohne Schlachten.
Der Markt für Fleischalternativen aus Smart Proteins wächst
Die Analyse zeigt: Im Jahr 2024 werden weltweit voraussichtlich 256 Millionen Tonnen Fleischprodukte (tierisch und Smart Proteins) konsumiert. Bereinigt um den „nicht adressierbaren“ Anteil (13 Prozent) ergibt sich ein Markt von 223 Millionen Tonnen, von dem heute 2 Prozent auf Fleischalternativen entfallen. Bis 2034 könnte dieser Markt auf 395 Millionen Tonnen wachsen und der Anteil an Smart Proteins könnte sich auf 8 Prozent beziehungsweise 33 Millionen Tonnen jährlich erhöhen.
Bedingt durch das anhaltend starke Bevölkerungswachstum und den zunehmenden Wohlstand in der Region Asien-Pazifik (APAC) wächst diese Region am stärksten mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 22 Prozent. 2034 wird sie vorraussichtlich über die Hälfte des globalen Marktes für Smart Proteins im Fleischsektor ausmachen.
Hybride und zelluläre Verfahren wachsen stärker als Plant-Based
Aktuell sind 85 Prozent der Fleischalternativen noch rein pflanzenbasierte Produkte. Hybride Mischformen, die meist auf Pflanzenbasis unter Verwendung von Fermentation hergestellt werden und zellbasierte Verfahren werden jedoch stark wachsen und könnten bis 2034 etwa 41 Prozent des Marktes ausmachen. Während ein exponentiell hohes Wachstum von Cultivated Meat aufgrund der Unsicherheiten in Technologie und Markt nicht vor 2029 zu erwarten ist, werden Mischformen schon früher einen erheblichen Beitrag zum Wachstum leisten.
Biotechnologie-Know-How und Verfahrenstechnik gefragt
Die bisherige Wertschöpfungskette der tierischen Fleischherstellung verändert sich im Produktionsprozess von kultiviertem Fleisch stark. Die Abfolge „Futtermittelanbau – Tierhaltung– Schlachtung – Zerlegung – Weiterverarbeitung“ wird ersetzt durch den Prozess „Biotechnologie – Prozesstechnik – Herstellung (Fermentation) – Kultivierung“. Die Herstellung von kultiviertem Fleisch erfordert neben einem tiefen biotechnologischen Know-how also auch Innovationen im Bereich der Verfahrens- und Anwendungstechnik.
Führende Marktakteure gehen Kooperationen ein
Munich Strategy zeigt, dass sich führende Fleischverarbeiter und Endproduktvermarkter wie beispielsweise JBS, Tyson und PHW über Kooperationen und Allianzen mit anderen Marktakteuren zusammenschließen. Ihre Investitionen in „Cultivated Meat“-Ventures gehen über die unmittelbar angrenzenden Wertschöpfungsstufen hinaus und zielen darauf ab, sich das verfahrensspezifische Know-how zu verschaffen, um sich frühzeitig im Markt zu positionieren.
Food-Ingredients-Hersteller mit einem starken Fokus auf das B2B-Geschäft gehen Partnerschaften mit Ventures ein, um gemeinsam Ingredients für die Fleisch- und Wurstwarenherstellung zu entwickeln. Auch Handelsgesellschaften wie Migros und Rewe steigen in den Markt für kultiviertes Fleisch ein, um ihr Produktportfolio zu erweitern und ein breiteres Kundensegment anzusprechen.
Herstellung muss fünf Erfolgsfaktoren gerecht werden
Munich Strategy kommt zum Fazit, dass fünf Erfolgsfaktoren erfüllt werden müssen, damit der Markteintritt in Cultivated Meat gelingen kann.
So soll durch eine hohe Flexibilität die Herstellung verschiedener Zielprodukte, zum Beispiel Inhaltsstoffe wie Fette oder Enzyme mit unterschiedlichen Merkmalen wie Proteingehalten und sensorischen Eigenschaften ermöglichen. Ebenso soll die Verarbeitung für verschiedene Produktkategorien und Anwendungen erleichtert werden.
Skalierbarkeit und Reproduzierbarkeit können als Profit-Hebel fungieren und ermöglichen den Kunden, zumindest eine Preisparität mit pflanzlichen oder tierischen Fleischalternativen zu erreichen.
Ebenso ist eine hohe Produktqualität gefragt: „Besser als Plant-Based“ ist in Textur und Geschmack der Produkte hier das entscheidende Maß. B2B-Anwendungen müssen die funktionellen Eigenschaften in ihrer industriellen Anwendung erfüllen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Nachhaltigkeit: Reduzierte Energiekosten und ein geringerer Emissionsbeitrag müssen erreicht und ökologische Vorteile in den Down-Stream-Prozessen erarbeitet werden. Die mikrobiologische Restmasse sollte effizient verwertet werden können.
Innovationsstärke & Kooperationen bilden den letzten Erfolgsfaktor. Dazu gehören beispielsweise das Neudenken traditioneller Prozesse wie beispielsweise Fermentation, Filtration oder Separation und der Aufbau von Kooperationen für Zugang zu Technologie-Know-how und Ressourcen.
Markteintrittoptionen für die Fleischindustrie
Die Berater und Beraterinnen von Munich Strategy haben vier strategische Richtungen identifiziert, mit denen traditionellen Herstellern der fleischverarbeitenden Industrie der Markteintritt gelingen kann:
- Partnering & M&A:
Der Aufbau von Technologiepartnerschaften mit/ohne Investitionen in Technologie-Ventures - Innovations-Push:
Der Aufbau der eigenen Technologiekompetenz zur Produktion - Anwendungs-Know-how:
Der Ausbau der bestehenden Kompetenz in Bezug auf Endproduktanwendungen und –formulierungen - Sales & Marketing-Exzellenz:
Die Ausrichtung der Vertriebs- und Marketingaktivitäten auf neue Märkte und Kundengruppen
Barbara Siegert, Studienautorin und Expertin für Smart Proteins bei Munich Strategy, sieht die Ausrichtung der Organisationsstruktur auf die Vermarktung von tierfreien Produkten als eine der größten unternehmerischen Herausforderungen: „Am Anfang steht die Frage wie die Unternehmensorganisation in Zukunft aussehen muss. Welche Anforderungen stellen die Supply Chain, Herstellung und Vermarktung von Cultivated Meat an meine Organisation? Um in diesem dynamischen Segment zu wachsen, geht es vor allem darum, die richtige Balance zwischen klar festgelegten Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Agilität und Flexibilität zu finden.“
Das Whitepaper „Wachstumsmarkt Cultivated Meat“ kann unter folgendem Link bestellt werden: munich-strategy.com/whitepaper-cultivated-meat-fleischbranche