Interviews

Claire Smith: „Das kann nur gut für die Welt sein.“

Oftmals glauben wird, dass unsere Entscheidungen keinen Einfluss auf die Welt hätten. Doch dass wir mehr bewegen, als wir uns selbst zugetraut hätten – z.B. durch „grüne und nachhaltige Investments“ – zeigt uns Claire Smith im Interview. Die Gründerin von „Beyond Investing“ stellt Ihre Philosophie hinter ihrem neuen veganen Aktien-Index vor und spricht über aktuelle und mögliche Entwicklungen auf dem Aktien-Markt. 

Sie haben jüngst den „US Vegan Climate Index“ ins Leben gerufen. Wieso?
Als Veganerin wurde mir bewusst, dass es noch keinerlei annähernd oder komplett vegane Investment-Lösung gab, welche Veganern ermöglicht ihre Ersparnisse oder Renten sinnvoll anzulegen. Das ist auch etwas, mit dem ich selber mit meinen eigenen Renten-Fonds Probleme hatte. Ohne eine vollständige Liste der einzelnen Beteiligungen eines Fonds, oder die Durchsicht jeder einzelnen Aktie, konnte bisher kein Veganer sichern sein, nicht in Firmen zu investieren, deren Aktivitäten sie ablehnten. Soll es stimmig sein für einen  Veganer sich vegan zu ernähren und durch einen regulären Investment-Fonds Praktiken zu finanzieren – zum Beispiel McDonalds oder Produzenten für Kleidung die Chemikalien einsetzen, welche die Bienen töten ? Wohl kaum.

Was genau ist der „US Vegan Climate Index“?
Der US Vegan Climate Index (kurz: USVCI) nutzt einen breiten Markt-Index, so wie man ihn auch als Benchmark für die meisten traditionellen Investments nutzt (z.B. die 7,3 Billionen US-Dollar, die den S&P500 Index tracken). Anschließend geht er durch dieses gesamte Paket der Aktien und schaut, ob hier Unternehmen dabei sind, deren Aktivitäten gegen unsere Richtlinien sprechen. Diese Richtlinien schließen jede Art von Nutzung oder Tötung von Tieren, sowie die Produktion und den Verkauf von tierischen Produkten aus.  Auch Tierversuche und andere Formen der Ausbeutung werden rigoros aussortiert – hierzu zählen auch Tierparks & Rennen. Selbst wenn nur der kleinste Teil des Umsatzes aus diesen Aktivitäten stammt, werden diese Unternehmen vom Index ausgeschlossen.

Was wir ebenso ausschließen sind fossile Brennstoffe, welche nicht nur dem Menschen, sondern ebenso den Tieren in vielerlei Hinsicht schaden. Denken Sie nur einmal an die Eisbären, die Korallenriffe oder Schildkröten, die aufgrund der Änderung der Wassertemperaturen nur noch Weibchen gebären. Und ich habe in all den Jahren noch nie einen Veganer getroffen, der nicht gegen den Klimawandel ist.

Die Gruppe der übrig gebliebenen Aktien nach dem Screening, werden ergänzt durch kleine Aktien, die etwas außerhalb dieses Mark-Indexes liegen und nicht in die schädigenden Aktivitäten verwickelt sind. Das erlaubt uns zum Beispiel in vegane Lebensmittel-Unternehmen oder erneuerbare Unternehmen zu investieren, sobald diese eine gewisse Größe erreicht haben.

Zudem ist das gesamte Portfolio so aufgebaut, dass das Risiko-Profil nah an dem eines klassischen Investments liegt, damit es eine angemessene Alternative für einen Investor bietet, der für solche ethischen Prinzipien offen ist und sein Kern-Portfolio etwas erweitern möchte.

Wie ist der Launch des USVCI verlaufen?
Die Rückmeldungen zu unseren Launch waren außerordentlich positiv. Eine große Anzahl an Menschen hat uns direkt kontaktiert, um mehr Informationen zum persönlichen Investment zu erhalten. Zudem wurde unsere Geschichte von der Vegan-, Finanz- sowie der nachhaltigkeits-interessierten Presse aufgegriffen, was uns eine rege Social-Media Reichweite bescherte. Es hat uns mit dem Selbstbewusstsein versorgt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und wir weitere Produkte für Veganer und Umweltschützer schaffen sollten.

Was sind die nächsten Schritte für den USVCI und Ihrem Unternehmen „Beyond Investing“?
Derzeit kann man in den Index noch nicht investieren; es bedarf noch der Strukturierung von Geldmitteln in verschiedenen Rechtsprechungen. Wir arbeiten mit einer Investment-Plattform und Banken daran, ein Investment-Produkt basierend auf dem Index zu erschaffen. Der erste wird voraussichtlich der USA-gelistete „Exchange Traded Fund“ (ETF) werden, welcher im Herbst veröffentlicht werden soll. Die bisherigen Rückmeldungen zeigen eine starke Nachfrage und so legen wir allen Interessierten ans Herz, sich hier für weitere Updates einzutragen. So erfahren diese als erste, welche neuen Updates es gibt und wann das Investment-Produkt gelauncht wird.

Warum sollten sich die Leute den USVCI näher anschauen?
Obwohl es nicht unser erstes Ziel war, ein Portfolio zu kreieren das alles andere übertrifft – lediglich eines, das ethisch vertretbar ist – freut es uns zu sehen, dass es uns dennoch gelungen ist. Der Effekt unseres Ausschluss-Prinzips ist, dass wir ein Portfolio ins Leben gerufen haben, dass den Markt in den letzten 5 Jahren übertroffen hat. Wir stellten dabei fest, dass es langanhaltende Trends gibt, die das Geschäftsmodell einiger Unternehmen, welche wir ausgeschlossen haben, unterspült. Und dieser Trend scheint sich weiter fortzusetzen.

Die Würdigung von Öl-Firmen zum Beispiel, liegt in den unerschöpften Ölquellen, doch wird man ihnen noch erlauben Öl zu verbrennen, wenn die Temperaturen ansteigen? Das ist ein Problem der „gestrandeten Vermögenswerte“. Und wir glauben, dass dieses auch in der tierischen Agrarwirtschaft passieren wird, sobald die Intensiv-Bewirtschaftung und Schlachthöfe sinkende Gewinne verzeichnen oder gar ganz geschlossen werden. Je mehr Menschen zu einer pflanzlichen Ernährung greifen, umso weniger chronische Krankheiten werden wir erleiden und der Bedarf an Pharmazeutika und medizinischer Versorgung wird sinken. Deshalb sind wir der Meinung, dass es zahlreiche Gründe gibt anzunehmen, dass die übertreffende Wirkung unseres Indexes weitergehen wird.

Was denken Sie, wie sich der Index-Markt in den nächsten 5 bis 10 Jahren verändert wird mit Fokus auf die „grünen Investitionen“?
Der Anstieg des nachhaltigen Investierens, der Investitionen mit sozialer Auswirkung und ökologische Investments einschließt, ist damit verbunden, dass die Konsumenten und Investoren sich dem Einfluss ihres Kapitals auf Unternehmen stärker bewusst werden.

Zudem glaube ich, dass ein Aufkommen der nachhaltigen und ethischen Investments stattfinden wird, wie in „Schröders-global-Investor-Study“- Studie vorhergesagt. Es entspricht dem generellen Wunsch der Konsumenten nach mehr Transparenz und Verantwortung. Da direktes Investieren nicht funktioniert, bleibt dem Investor nichts anderes übrig als nach dem unternehmerischen Nutzen für die Gesellschaft zu schauen – aus unserer Perspektive heißt dies konkret nach dem Nutzen für den Menschen, die Tiere und den Planeten. So entsteht der Bedarf an Indexen, die auf ethischen Messgrößen basieren und deren Regeln das Konzept von nachhaltigem Investieren bestimmen.

Wenn man die Welt verändern möchte, gibt es einen weiteren Vorteil von ethischen Investments. Der Preis einer Aktie reflektiert die Nachfrage von Investoren, die diese Aktie haben möchten. Je weniger Investoren eine Aktie halten wollen, desto mehr fällt der Preis. So müssen zum Beispiel bereits Unternehmen mit niedrigen ethischen Standard, wie beispielsweise Tabakfirmen, ihre Investoren mit hohen Dividenden locken. Das kostet das Unternehmen natürlich einiges an Finanzstärke.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Für jeden Dollar, den wir aus dem konventionellen Markt-Index in unseren Index ziehen können, kreiert Verkaufsdruck bei den Unternehmen, die von diesem Index ausgeschlossen sind. Dabei konzentriert sich unser Index auf die Top 500 Aktien im US-Markt, welche überregional gehalten werden. Aber eine Vielzahl davon werden lediglich gehalten, weil diese Aktien in den Top 500 sind (wie bereits erwähnt circa 7,3 Billionen US-Dollar). Gesetz dem Fall, dass Veganer diese verkaufen würden, wären diese Unternehmen dann noch in den Top 500?

Hierzu gibt es eine interessante akademische Studie, welche den Einfluss der Dazugehörigkeit oder des Ausschlusses von einem Markt-Index aufzeigt. Soviel sei verraten: Es hat einen Einfluss auf den Aktienpreis eines Unternehmens.

Mit ausreichend Verkaufskraft, könnten einige Unternehmen unter die 500er Marke im Ranking fallen, was zu einem Ausschluss aus dem S&P500 Index zur Folge hätte. In diesem Fall wären alle passiven Investments, die an den S&P500 Index gebunden sind, dazu gezwungen ebenfalls ihre Aktien zu verkaufen. Diese zweite Verkaufswelle könnte einen dramatischen Fall der Aktienpreise bedeuten und damit die weitere Geschäftsfähigkeit des Unternehmens einschränken.

Was ich damit sagen möchte ist, dass „grüne“ oder nachhaltige Investments die Kraft haben, sofern genügend Menschen mitziehen, die Zukunftsaussichten von Unternehmen signifikant zu beeinträchtigen. Damit könnte auch ein nachhaltiger Index mit offiziell gelisteten Produkten und Unternehmen, der es den Menschen leichter macht nach ihren Überzeugungen zu investieren, einen dramatischen Effekt im Hinblick darauf haben, welche Firmen siegen und welche fallen werden.

Diese Kriterien für unsere Investments können nur gut sein für die Welt.

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