Brot & Backwaren

Ei-Ersatz beim Backen – Wer knackt den Code des Hühnereis?

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Das Potential von veganen Backwaren und pflanzlichem Ei-Ersatz

Der Markt für vegane Produkte wächst stetig weiter. In Europa stieg der Umsatzwert pflanzlicher Alternativen innerhalb der letzten 2 Jahre um über 49 %. In Deutschland konnte sogar ein Wachstum von 97 % verzeichnet werden. Jede Woche kommen neue Alternativen zu Fleisch-, Milch- und Milchprodukten (Joghurts, Käse) in die Supermarktregale, doch es gibt noch weitere Kategorien, denen bislang weniger Beachtung geschenkt wurde. Eine davon ist “pflanzliche Backwaren”.

Obwohl pflanzliche Backwaren zu den Top 6 der meist gewünschten Produktkategorien der Konsumenten im pflanzlichen Lebensmittelbereich zählen und das Potenzial durch einfaches Ersetzen tierischer Inhaltsstoffe in Backwaren enorm ist, verzeichnete diese Kategorie innerhalb der letzten beiden Perioden lediglich ein Umsatzwachstum von 19 %.

Eine der größten Herausforderungen für erfolgreiche pflanzliche Backwaren ist es funktionierende Ei-Alternativen als Backzutat zu finden. ProVeg setzt im Rahmen des One Ingredient Projektes genau hier an und will den Wachstumsprozess pflanzlicher Backwaren beschleunigen, indem Hersteller dabei unterstützt werden, Backwaren auf eine rein pflanzliche Rezeptur umzustellen. Dadurch kann langfristig eine größere Auswahl an schmackhaften veganen Produkten in die Auslagen und Supermarktregale gebracht werden. Das größte Problem dabei: der Austausch von Eiern. Die Lösung: Pflanzlicher Ei-Ersatz.

An Lösungen wird mit Hochdruck gearbeitet, das zeigt der Umsatz mit Ei-Alternativen, der in Amerika in den letzten zwei Jahren um 706 % gestiegen ist. Die meisten dieser Produkte basieren auf pflanzlichen Rohstoffen, aber auch Ei-Alternativen, die über Prozesse der zellulären Landwirtschaft hergestellt werden, existieren bereits. Jedoch eignet sich nicht jede dieser Alternativen auch zum Backen. Ein backfähiges Produkt wird z.B. von EggField hergestellt, einem Startup aus der sechsten Kohorte des ProVeg Incubators.

“Das Schwierigste ist die Funktionalität”, sagt SiIvan Leibacher, CEO von EggField. Der Fokus auf einen „breiten“ One-Fits-All-Ansatz, um möglichst alle Funktionalitäten des Eis abzudecken, führe laut Leibacher zu komplexen Zutatenlisten, Zusatzstoffen und schlechten Produkteigenschaften. Deshalb stellt EggField verschiedene clean-Label Produktlösungen für ausgewählte Funktionalitäten bereit, die laut eigener Aussage sehr gut funktionieren.

pflanzlicher Ei-Ersatz von Eggfield
© EggField

Best practices

Das Ei-Ersatz mit pflanzlichen Inhaltsstoffen beim Backen durchaus funktioniert und brandaktuell ist, zeigen auch die Entwicklungen bei Discountern wie Lidl, wo bereits vegane Donuts und Kuchen ihren Weg in die Regale gefunden haben. Aber auch Bäckereien zeigen, was mit rein pflanzlichen Rezepturen alles möglich ist. Die Bäckerei Göing aus Hannover bietet von Amerikanern über Muffins bis hin zu Zwetschgenkuchen viele süße Backwaren in pflanzlicher Qualität an. Und die Moin Bio Backwaren GmbH stellt vegane Leckereien wie Schoko-Croissant oder Tomatentaschen her.

Jule Prothmann, Mitglied der Betriebsleitung von Moin Bio Backwaren, berichtete ProVeg, dass ihr Unternehmen seit über 1 ½ Jahren ein stetiges Wachstum im Segment der veganen Backwaren wahrnimmt. “Unsere Kunden haben verstanden, dass sie bei unseren veganen Backwaren nicht auf einen exzellenten Geschmack und Bekömmlichkeit verzichten müssen und können gleichzeitig etwas sinnvolles für die Umwelt tun”, sagt sie.

ProVeg möchte dieses positive Erlebnis noch mehr Menschen ermöglichen und stellt deshalb verschiedene Informationen zur freien Verfügung. Darunter ein Artikel über Hausmittel zum Kochen und Backen und die im September veröffentlichte, erste ”alternative egg landscape”. In dieser Übersicht wurden die vielfältigen interessanten Produktlösungen, die Eier in Backwaren ersetzen sollen, in Zusammenarbeit mit Future Grocery Shopping zusammengetragen. Einige dieser Ei-Alternativen wurden von Jens Rötz, einem freiberuflichen Produktentwickler und Spezialist für veganes Backen und Backtrends, in Zusammenarbeit mit ProVeg, etwas genauer unter die Lupe genommen.

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Ei-Alternativen für Backanwendungen im Test

Im Rahmen einer Versuchsreihe wurden die Produkte von Terra Vegane, Kröner Stärke, Alnatura, Biovegan, Antersdorfer Mühle, Orgran, MyEy – Der vegane Eiersatz, Hammer Mühle, Arche Naturküche, Pure Raw, Follow your heart, Crackd, Simply Eggless, Ulrick & Short und Zero Egg untersucht.

Rötz evaluierte in seinem Versuch, wie gut die pflanzlichen Ei-Alternativen im 1-zu-1-Austausch im Backgewerbe eingesetzt werden können. Die Prämisse war, dass weder die Rezepturen grundlegend verändert, noch die Technologie oder der Backprozess umgestellt werden mussten. Nur unter diesen Voraussetzungen kann der Ei-Ersatz beim Backen auf gewerblicher Ebene einfach, schnell und preiswert als vollwertige Alternative flächendeckend erfolgreich sein. Als Versuchsrezept diente eine einfache Sandkuchenrührmasse, die aus Margarine (62,5 g), feinem Zucker (50 g), Mehl Typ 405 (100 g), Eiern (2 x, circa 110 g) und Weinsteinbackpulver (4,5 g) bestand. Die zwei Eier wurden durch zwei Ei-Äquivalente der jeweiligen Ei-Alternative entsprechend der Herstellerangabe ersetzt. In dieser untersuchten Anwendung wirken die Eier emulgierend, sie lockern sowie binden den Teig und liefern außerdem Feuchtigkeit. Zusätzlich verleihen sie dem fertigen Produkt die typische Farbgebung und den Geschmack.

Die Hersteller von Ei-Alternativen versuchen mit verschiedenen Rohstoffen die genannten und weitere Funktionen von Ei in Backwaren zu imitieren. Dabei ist es eine große Herausforderung die molekulare und chemische Komplexität von Eiern nachzuahmen und gleichzeitig nur wenige Zutaten zu verwenden, um die steigende Nachfrage der Verbraucher nach clean labels zu erfüllen. Dass jedes Unternehmen dabei einen anderen Weg geht, zeigen die Zutatenlisten der Testprodukte. Diese variieren zwischen 2 und 14 Rohstoffen. Am häufigsten kommen Johannisbrotkernmehl, Süßlupinenmehl (beide 6 mal), Maisstärke und Kurkuma (beide 5 mal) zum Einsatz. Ansonsten ist die Zusammensetzung der Ei-Alternativen sehr heterogen. 49 verschiedene Zutaten von Agar Agar über Maismehl bis hin zu Zitronensäure werden verwendet. Ein weiterer Unterschied, der direkt auffällt: es gibt sowohl pulverförmige als auch flüssige Produkte auf dem Markt, die als Ei-Ersatz beim Backen fungieren sollen.

Wie bereits erwähnt, sollte mit diesem Versuch ein 1-zu-1-“Egg Replacer” gefunden werden, der ohne weitere Anpassungen eingesetzt werden kann. Denn jede Veränderung und sei es “nur” eine verlängerte Backzeit um eine Minute, kostet das Unternehmen Geld, weil z.B. der Energieverbrauch insgesamt steigt. Deshalb wurden alle Versuche analog zur Verwendung von herkömmlichem Ei durchgeführt und Anwendungshinweise der Hersteller teilweise ignoriert. Den Versuchsleitern ist bewusst, dass schon kleine Anpassungen der Versuchsbedingungen dafür sorgen können, dass die meisten Produkte überzeugendere Ergebnisse liefern, aber dies in der Praxis aufgrund von beispielsweise knapper Ofenflächen schwieriger umzusetzen ist.

Die Bewertungskriterien bezogen sich auf die Anwendbarkeit im Backprozess (Verhältnis Hühnereimenge zu Eiersatzmenge, Löslichkeit, Quellzeit, Bindigkeit beim Aufrühren, Lösen aus der Form) und das Endergebnis nach dem Backen (Volumen, Farbe, Geschmack, Geruch). Alle Kriterien wurden mit Schulnoten bewertet und als Bewertungsgrundlage, sowie Referenz, diente eine Sandkuchenrührmasse mit Hühnerei. Zusätzlich wurde die Anzahl der Inhaltsstoffe in die Bewertung integriert.

pflanzlicher Ei-Ersatz von Just
© Eat Just Inc.

Die Sieger des ProVeg-Ei-Alternativen-Tests in alphabetischer Reihenfolge

Kröner Stärke – REGG-EX

Als funktionelle Zutat wird dieses clean-label Produkt im B2B-Bereich vertrieben. Es verhielt sich im untersuchten Backprozess nahezu identisch zu einem Hühnerei. Als größte Herausforderung bei der Entwicklung einer Ei-Alternative, die Ei 1-zu-1 in Backwaren ersetzen kann, sieht Natalia Januschewski, Marketing Kröner Stärke, die vielfältige Funktionalität von Eiern an. Je nach Rezeptur müssen die Alternativen andere Aufgaben des Eis übernehmen, weshalb Kröner Stärke verschiedene Lösungen für unterschiedliche Anwendungsgebiete entwickelt hat. Und das laut Januschewski aus voller Überzeugung: “Wir sehen weiterhin große Chancen für die weitere Entwicklung auf dem Markt für pflanzliche/vegane Backwaren und unsere Ei-Alternative (…) und erwarten in Zukunft eine dauerhafte Etablierung sowie steigendes Wachstum von pflanzlichen und veganen Backwaren auf dem Markt.”

Orgran – No Egg™ Egg Replacer

Der No Egg™ Egg Replacer hat einen weiten Weg von Australien bis in die Testbackstube in Deutschland zurückgelegt und im ProVeg-Test durch seine leichte Anwendbarkeit und Performance beim Backen überzeugt. Außerdem sticht der Verkaufspreis von ungefähr 6 Cent pro Ei-Äquivalent positiv hervor.

Pure Raw – Bobei

Diese Ei-Alternative kommt mit sehr wenigen Rohstoffen, unter anderem einer speziell fermentierten Alge, aus. Das Produkt ist direkt für den Endverbraucher, aber auch für die Gastronomie geeignet und hat im Test einen farblich, olfaktorisch, sowie geschmacklich überzeugenden Sandrührkuchen hervorgebracht. Kirstin Knufmann, Geschäftsführung Pure Raw, Knufmann GmbH, prognostiziert für die Märkte Ei-Alternativen und pflanzliche Backwaren eine positive Entwicklung. Des Weiteren erzählte Sie ProVeg, dass es Ihrem Unternehmen bei der Kreation von Bobei darum ging, fabelhafte, nachhaltigere, allergenfreie Backergebnisse zu erzielen, ohne geschmackliche Abstriche in Kauf nehmen zu müssen. Darüber hinaus sollten sowohl die weiteren Eigenschaften des Eis, wie Farbe und Textur, als auch seine vielen Funktionen in einem einzigen vollwertigen sowie hochwertigen pflanzlichen Produkt vereint werden, was laut Knufmann die größte Herausforderung war.

Simply Eggless – Plant Based Egg

Als eine von zwei getesteten flüssigen Ei-Alternativen hat das Plant Based Egg von Simply Eggless in vielen Kategorien unter anderem Löslichkeit und Geschmack sehr gut abgeschnitten. Laut Chris Lee, Marketing Director & Co-Founder von Simply Brand Foods, war das Ziel bei der Entwicklung dieses Ei-Ersatzes, eine gesündere Alternative zu echten Eiern anzubieten, die keine gesättigten Fette und kein Cholesterin enthält, aber trotzdem wie ein Hühnerei bindet und säuert, sowie den gleichen Geschmack und das gleiche Aroma aufweist. Simply Eggless geht davon aus, dass Backwaren auf pflanzlicher Basis in naher Zukunft als der neue „Standard“ gelten werden und sie diese Bewegung anführen.

Terra Vegane – Megga Exx

Diese vegane Alternative zu Hühnerei wird in der deutschen Hauptstadt in Bio-Qualität hergestellt. Im Test zeigte sie ihre Stärken im Backprozess, indem sie bei der Löslichkeit, Bindigkeit beim Aufrühren und beim Herauslösen aus der Form eine gute Figur machte.

Wenn Sie an den Ergebnissen im Detail interessiert sind, dann wenden Sie sich gerne an ProVeg über corporate@proveg.com.

© Proveg International

Um die Arbeit an einer überzeugenden, universell einsetzbaren Ei-Alternative voran zu treiben, möchte ProVeg einige Empfehlungen aussprechen, die sich aus dem Test ergeben haben.

Allgemeine ProVeg-Empfehlungen für Ei-Alternativen im Bäckereigewerbe

  • Flüssige Produkte eignen sich besser:
    • Sie lassen sich einfacher dosieren und erfordern keinen zeitaufwendigen Quellprozess. Außerdem haben sie ein ähnliches MHD wie Hühnerei und können bzw. müssen im Kühlbereich platziert werden.
  • Gewicht wie ein Ei:
    • Ein Ei-Äquivalent sollte stets so viel wiegen, wie ein Hühnerei (50 – 60 g).
    • Für Pulver bedeutet das: Gewicht der Alternative + Wasser = ca. 55 g.Diese Mengen an Flüssigkeit werden für eine gute Bindung der Sandmasse, aber auch in anderen Rezepturen, dringend benötigt. Sonst kann es passieren, dass das Endprodukt zu trocken und bröselig wird. Insbesondere bei Rezepten mit vielen Eiern, also auf gewerblicher Ebene, würde am Ende zu viel an Gewicht und Flüssigkeit fehlen, wenn der Ei-Ersatz  von der Masse her nicht einem Hühnerei entspricht. Dadurch wäre eine neue Rezeptur erforderlich, die zusätzlich Zeit und Geld kosten würde.
  • Kurkuma im gewerblichen Rahmen möglichst meiden:
    • Kommen Kleidung und Materialien (Bänder, Holztische usw.) mit Kurkuma in Berührung kann es passieren, dass diese (wenn überhaupt) nur sehr aufwändig wieder gereinigt werden können.
  • Wenige, aber natürliche Zutaten verwenden:
    • Die Verwendung von wenigen Zutaten kann günstiger sein und kurze Zutatenlisten aus natürlichen Rohstoffen kommen besser bei den Kunden von Bäckereien an.
  • Auf chemische Lockerungsmittel verzichten:
    • Backpulver o.ä. sollte in den Ei-Alternativen nicht enthalten sein, denn wenn Lockerung benötigt wird, dann sind Triebmittel sowieso in den Rezepturen der jeweiligen Backwaren enthalten.
    • Erstens schränkt der Hersteller durch enthaltenes Backpulver die Verwendbarkeit seines Ei-Ersatzes selbst ein. Für die Anwendung in Hefeteigen ist so ein Produkt dann nicht geeignet.
    • Zweitens muss die Bäckerei genau wissen, wie viel Triebmittel in dem Ei-Alternativ-Produkt enthalten ist. Diese Menge muss dann vom Gewicht des Backpulvers aus der Rezeptur abgezogen werden, was einen vermeidbaren Mehraufwand darstellt.

 Aktuell befindet sich basierend auf dem durchgeführten Test keine Alternative für Hühnerei auf dem Markt, die einen 1-zu-1-Austausch in Backwaren ohne weitere Anpassungen ermöglicht. Keines der untersuchten, pflanzlichen Produkte kann bislang die Funktionalitäten eines Hühnereis im Anwendungsbeispiel der Sandkuchenrührmasse komplett imitieren. Auch aus ökonomischer Sicht können die meisten untersuchten Alternativen mit einem Verkaufspreis von 20 bis 75 Cent pro “Ei” ihrem tierischen Pendant noch nicht das Wasser reichen.

Haben Sie die passende Lösung parat?

Dann melden Sie sich bei ProVeg über corporate@​proveg.​com. Ihr Ei-Ersatz wird dann in dem beschriebenen Versuchsaufbau getestet und beurteilt. Zusätzlich, falls notwendig und gewünscht, kann ProVeg Sie bei der Produktoptimierung unterstützen.

 

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