Interviews

V-Partei: „Im Jahr 2020 wollen wir auch an den Kommunalwahlen teilnehmen.“

Der vegane und meist nachhaltige Lifestyle ist etwas, das von vielen Menschen in unserer Gesellschaft bereits gelebt wird. Doch nun sollen diese Gedanken auch in der Politik verankert werden. Anführer dieser Idee ist die V-Partei³, die sich mit ihrem Wahlprogramm für weit mehr einsetzen möchte als den bisherigen Tierschutz. Im Interview mit Bundespressesprecherin Eva-Marie Springer.

Für welche Agrarpolitik steht die V-Partei³?

Abschaffung der Nutztierhaltung und Förderung der ökologischen veganen Landwirtschaft

Das aktuelle Tierschutzgesetz (TierSchG) verdient seinen Namen nur in seinem § 1: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

Rein rechtlich gilt die Nutzung zur Nahrungsgewinnung als vernünftiger Grund, um Tiere aller Klassen zu züchten, zu halten und schließlich auch für den Verzehr zu töten. Da den Tieren als gleichwertigen Lebewesen das Vermögen zugesprochen wird, Schmerz und Leid wahrzunehmen, fordert die V-Partei³ die Beachtung der Tiere als vollwertige Rechtssubjekte.

Die weiterführenden Regelungen des TierSchG sind leider immer noch ein „Schlachtungsermächtigungsgesetz“. Als vegane Partei wünschen setzen wir uns selbstverständlich für das Gegenteil, also für die bio-vegane Landwirtschaft ein.

Wie und in welchen Zeiträumen soll der Umbau geschehen?
Für das Erreichen dieses Zieles haben wir uns das Jahr 2030 vorgenommen. Unsere Agraragenda sieht verschiedene Schritte vor. Um bis dahin das Ende der Tierschlachtungen zu erreichen, die in Verbindung mit der Produktion von Nahrungsmitteln, Kosmetik, Kleidung und Gebrauchsgegenständen stehen, müssen monetäre Motivationen geschaffen werden, sowohl für die Landwirte als auch für die Verbraucher. Die Subventionen müssen aus der Massentierhaltung genommen werden und für den Umstieg auf die bio-vegane Landwirtschaft eingesetzt werden. Im Grunde sehen wir keine Notwendigkeit von teuren Biosiegeln, wir wollen die biologische Produktion zum Standard machen, nicht nachhaltige Produktion muss teurer werden. Eine Mehrwertsteuerreform kann hier übrigens auch starken Einfluss nehmen. Weshalb bezahlt man für Kuhmilch nur 7 Prozent und  für Hafermilch 19 Prozent Mehrwertsteuer?

Wie wollen Sie das auf Europaebene implementiert kriegen?
Durch unsere Aufklärungsarbeit in den Sozialen Medien und unsere Wahlkämpfe bringen wir jetzt schon sukzessive unsere Themen in die Politik, von denen die anderen Parteien durchaus Notiz nehmen. Wenn Deutschland nicht blockieren würde, (siehe EuGh-Urteil wegen Überschreitung der Nitratverordnung, betäubungslose Ferkelkastration, ignorieren des Bürgerwillens bei den Tiertransporten und Glyphosat) wären wir auch in der EU wesentlich weiter. Die GroKo ist unter anderem auch deswegen am Wanken, weil sie sich im Bewusstsein der Wähler immer mehr als Erfüllungsgehilfe der Agrarindustrie und der Konzerne erweist und die für das Klima unaufschiebbaren Maßnahmen bei der sogenannten Nutztierhaltung völlig ausblendet. Deshalb liegt der Schwerpunkt unserer Bemühungen im Herbeiführen einer Veränderung in unserem Land, um dann in der EU unseren maßgeblichen Einfluss geltend zu machen.

Parallel dazu wollen wir in der kommenden Europawahl mindestens unsere Spitzenkandidatin Heike Rudolf ins Europaparlament bringen, um diese Veränderung auch dort vorzubereiten.

Gibt es V-Parteien in anderen Ländern Europas?
Unseres Wissens noch nicht! Die „Partij voor de dieren“ in den Niederlanden tritt im Gegensatz zu uns für das sogenannte Tierwohl in der Nutztierhaltung ein, während wir diese völlig abschaffen wollen.

Wie viele Mitglieder haben Sie derzeit, zu welchen Wahlen werden Sie antreten?
Wir haben derzeit rund 2.000 Mitglieder und treten aktuell zur Landtagswahl in Hessen an. Wir haben bereits in allen sechzehn Bundesländern Landesverbände und befinden uns im Aufbau der Bezirks- und Kreisverbände. 2020 wollen wir auch an den Kommunalwahlen teilnehmen.

Zur Europawahl haben wir kürzlich 29 Kandidaten aufgestellt und das Wahlprogramm verabschiedet. Von jung bis alt. Die wohl älteste Kandidatin europaweit ist unsere Barbara Rütting, die die Liste von Platz 29 aus anschieben möchte.

Wie stellen Sie sich unser künftiges Wirtschaftssystem vor? 

Postwachstum

Unbegrenztes Wachstum auf einem Planeten mit Ressourcengrenzen ist unmöglich. Schon lange verbrauchen wir zu viele Ressourcen und betreiben damit Raubbau an der Umwelt. Das ist nicht nachhaltig und vermindert die Chancen künftiger Generationen, auch in anderen Ländern und führt zu vermehrtem Artensterben. Obwohl diese Erkenntnis weit verbreitet ist, ist die Wachstumslogik immer noch im politischen Denken und deutschem Alltag dominant. Wirtschaftswachstum wird einseitig positiv ausgelegt.

Die V-Partei³ fordert hier zur Verantwortung und Vernunft auf. Wachstum darf nicht auf Kosten anderer geschehen und materielle Grenzen dürfen nicht weiter ignoriert werden. Es muss eine klare Unterscheidung zwischen quantitativem und qualitativem Wachstum geben.

Wir sind uns bewusst, dass dies eine grundlegende Veränderung bedeutet, jedoch würde die fortgesetzte Ausbeutung von Mensch und Natur zwangsläufig zu stärkeren Veränderungen führen, die dann nicht mehr gesteuert werden können und womöglich katastrophal enden.

Die einzig logische Folgerung kann nur die Forderung nach einer Postwachstumsgesellschaft sein. Wege und Mittel für einen umfassenden Strukturwandel müssen sofort weitreichend untersucht werden, alles andere ist weder sozial tragfähig noch moralisch vertretbar. Konzepte wie z.B. Wettbewerbsfähigkeit sollen radikal hinterfragt werden. Die Kosten der Wirtschaft können nicht weiter externalisiert werden. In diesem Sinne müssen alternative Wirtschaftsformen und Projekte unterstützt und Ideen weiterentwickelt werden.

Dazu gehört eine umfassende Steuerreform, welche die Umweltkosten berücksichtigt. Energie- und Rohstoffverbrauch sowie lange Transportwege und Flugzeugkerosin müssen entsprechend besteuert werden. Auch müssen gesetzliche Regelungen eingeführt werden, die einen längerfristigen Gebrauch von Konsumgütern möglich machen, wie verlängerte Garantiezeiten und steuerfreie Reparaturen. Ökologisch und am Gemeinwohl orientiert wirtschaftende Firmen müssen stärker staatlich unterstützt werden, beispielsweise durch Subventionen.

Durch das von uns geforderte bedingungslose Grundeinkommen würden zeitliche Ressourcen frei, die den Bürger*innen einen Ausbau von Subsistenzstrukturen und neue Ansätze des Teilens und der Solidarität, wie zum Beispiel solidarischer Landwirtschaft und organisierter Nachbarschaftshilfe, möglich macht.

Förderung nachhaltiger Unternehmen und Projekte

Alle am Wirtschaftsprozess beteiligten Akteur*innen müssen erkennen, dass der Schlüssel zu einer gesellschaftlich verantwortbaren, zukunftsfähigen Unternehmensentwicklung in der freiwilligen Koordination von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen liegt. Der Staat hat hierbei aus Sicht der V-Partei³ seine Lenkungsfunktion einzusetzen und nachhaltige Unternehmen und Projekte stärker mittels Subventionen zu unterstützen. Im Gegenzug müssen Unternehmen oder Projekte mit ökonomischen, ökologischen oder sozialen Nachteilen einer stärkeren Besteuerung unterworfen werden.

Wir fordern ein weltweites Kontrollgremium der UNO (ähnlich der Internationalen Atomenergie-Organisation) für das Gebiet der Rohstoffgewinnung und gewerblicher und industrieller Produktionsprozesse, um die internationale Einhaltung sozialer und ökologischer Standards zu gewährleisten.

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