Politik & Gesellschaft

Zoe Mayer von Bündnis 90/Die Grünen: „Die neue Bundesregierung will pflanzliche Alternativen stärken und die Zulassung von Fleischersatzprodukten in der EU erleichtern“

zoe mayer bundestag
Zoe Mayer von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN © Titus Tamm

Die Stadt Karlsruhe wählte Zoe Mayer von Bündnis 90/Die Grünen bei den Bundestagswahlen im September 2021 direkt in den Deutschen Bundestag. Als Berichterstatterin für Tierschutz und Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung setzt sie sich für Klimaschutz sowie für Menschen- und auch Tierrechte ein. Im Interview erklärt uns Frau Mayer, wie genau ihre politische Arbeit aussehen wird und wie sie zusammen mit ihrer Partei zur Stärkung der pflanzenbasierten Wirtschaft beitragen will.

Frau Mayer, was wollen Sie unternehmen, um die pflanzenbasierte Wirtschaft stärker zu unterstützen? 

Als Gesellschaft stellen wir sehr berechtigte und nicht gerade wenige Ansprüche an unsere Wirtschaft und Ernährung. Von der Landwirtschaft zum Beispiel erwarten wir leckere und gesunde Lebensmittel, um eine nachhaltige Ernährung für alle Menschen leicht zugänglich zu machen. Eine Wirtschaft, die das ermöglicht, ohne dabei Tieren, Klima oder Menschen zu schaden, sollte dabei unser Anspruch sein. Auf dem Weg dorthin sind Zielkonflikte leider noch nicht immer auszuschließen. Manche Unternehmen und Landwirte machen sich jetzt erst auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit. 

Die pflanzenbasierte Wirtschaft hat bei dieser Transformation enorme Vorteile. Einerseits gibt es zahlreiche Startups, die vieles neu ausprobieren und es dadurch leichter haben, sich mit innovativen Ideen an die Ansprüche unserer Zeit anzupassen. Andererseits stellen sie meist Lebensmittel und Produkte her, die potenziell Tiere und unser Klima sogar schützen, anstatt es nur nicht weiter zu schädigen. Häufig schafft die pflanzenbasierte Wirtschaft zudem Alternativen zu konventionellen Produkten und trägt damit zu mehr Wahlfreiheit bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei. Dadurch wird unter anderem eine vollwertige pflanzliche Ernährung attraktiver und zugänglicher für alle Menschen.

Da pflanzliche Produkte aus Gründen der Nachhaltigkeit viele Vorteile gegenüber den Konventionellen haben, will die neue Bundesregierung pflanzliche Alternativen stärken und die Zulassung von Fleischersatzprodukten in der EU erleichtern. Als Grüne würden wir diese am liebsten auch mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz steuerlich besserstellen. Wie das in den kommenden Jahren von der Regierung konkret angegangen wird, muss noch diskutiert werden. Die Einführung einer verbindlichen Haltungskennzeichnung im Lebensmittelbereich soll zu mehr Transparenz beitragen und wird pflanzliche Produkte attraktiver für die Verbraucherinnen und Verbraucher machen. Im Textilbereich möchten wir uns außerdem auch für ein EU-weites Verbot der Haltung und Zucht von Pelztieren einsetzen.

© hkama – stock.adobe.com

Wie können Start-ups in diesem Marktsegment besser gefördert werden? 

Generell brauchen wir in Deutschland eine stärkere Start-up- und Gründerförderung, um den Herausforderungen unserer Zeit auch mit innovativen Lösungen zu begegnen. Auch indem wir Hürden für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund beim Gründen von Unternehmen abbauen. Mit vielfältigen Innovationen stärken wir den Wirtschaftsstandort Deutschland ebenso wie die gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Mit tollen pflanzlichen Produkten und Alternativen zu bisher tierischen Produkten wird auch die Entscheidung für mehr Klima- und Tierschutz leichter fallen. Im Ernährungsbereich wollen wir uns daher auf europäischer Ebene für die leichtere Zulassung von food-innovations einsetzen. 

Die von der Ampelkoalition geplante Agentur für Transfer und Innovation “DATI” soll dabei helfen, ökologische, soziale und technologische Innovationen insbesondere an den Hochschulen und Universitäten in Zusammenarbeit mit Startups zu fördern. Auch der Zugang für junge Unternehmen zu Wagniskapital muss sichergestellt werden. Im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass auch die KfW hier stärker als Innovations- und Investitionsagentur insbesondere für mehr Kreislaufwirtschaft und im Bereich der Bioökonomie wirken soll. Das grün geführte Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat jüngst auch bekannt gegeben, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben für alternative Proteinquellen fördern zu wollen.

Wie kann das pflanzenbasierte Angebot in Mensen und Kantinen ausgeweitet werden? 

Gesellschaftliche Veränderungen brauchen Zeit. Von heute auf morgen per Verordnung von oben gelingt ein Kultur- und Ernährungswandel erfahrungsgemäß eher weniger gut. Aber gerade in Kantinen an Universitäten kann man ein Umdenken in der Cateringbranche sichtlich feststellen. Dort gehören vollwertige vegetarische und vegane Speisen mittlerweile meist zum täglichen Angebot. Davon profitieren neben Tieren und der Nachhaltigkeit z.B. auch laktoseintolerante Personen oder Menschen mit nicht-christlichem Glauben. 

Zur konkreten Frage: Ein vermehrt vollwertiges pflanzliches Angebot kann vor allem durch die Aktualisierung der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und die entsprechende Etablierung dieser Standards in Mensen und Kantinen erreicht werden. Die neue Regierung hat sich hierfür vorgenommen, eine Ernährungsstrategie auszuarbeiten, um eine gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen. Dazu gehört nicht nur die Verbesserung des täglichen pflanzlichen Ernährungsangebots, sondern beispielsweise auch eine Erhöhung des Anteils regionaler und ökologischer Erzeugnisse.

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Vegane Burger © Fischer Food Design – stock.adobe.com

Welchen Beitrag kann die pflanzenbasierte Wirtschaft leisten, um die Klimaziele schneller zu erreichen? 

Die Bewältigung der Klimakrise ist die größte Aufgabe unserer Generation. Ein Sektor wird politisch in den Diskussionen über mehr Klimaschutz oft nicht thematisiert, obwohl er weltweit sogar das vielleicht größte Klimaschutzpotenzial bietet: die landwirtschaftliche Tierhaltung. Eine in Science veröffentlichte Studie von 2020 zeigt sogar, dass, selbst wenn wir jetzt sofort sämtliche fossilen Anlagen wie Kohlekraftwerke, Gasheizungen und Dieselautos abschaffen würden, der Ernährungssektor allein das Einhalten des Pariser 1,5-Grad-Pfades unmöglich machen würde . Je mehr wirtschaftliche Prozesse wir also auf erneuerbare Energien umstellen und pflanzenbasiert machen, desto besser ist das für den Klimaschutz. Vom Tierschutz einmal abgesehen. 

Wie vegan/pflanzenbasiert ist das Angebot derzeit im Bundestag?

In den Bundestagskantinen hält sich das Konzept des Stammessens mit Fleisch wacker. Es gibt aber täglich zumindest eine vollwertige vegetarische Hauptspeise und pflanzliches Salatbuffet. Mit vielfältigen Beilagen lässt sich auch ein vollständig pflanzliches Menü zusammenstellen. Die Bundestagskantinen bemühen sich um ein abwechslungsreiches Angebot und sind auch im nachhaltigen Wandel begriffen. Beispielsweise kann man seit Kurzem Essen in Mehrweg-Behältern mitnehmen und jederzeit wieder zurückzubringen. Insgesamt muss das vegane und vegetarische Angebot in seiner Qualität noch deutlich zunehmen.

Frau Mayer, vielen Dank für Ihre Zeit und die Einblicke in Ihre Arbeit.

 

Weitere Informationen unter www.zoe-mayer.de und www.gruene-bundestag.de.

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