Materialalternativen

Die Gewinner des Innovationspreises „Renewable Material of the Year 2023“ stehen fest

Biologisch abbaubare elastische Materialien auf Grundlage von Lebensmittelabfällen, CO₂-armes Hefeöl und ein plastikfreies Naturpolymer sind die Gewinner des Innovationspreises.

Die jährliche Renewable Materials Conference, die vom 23. bis 25. Mai stattfand, ist eines der größten und wichtigsten Treffen für die Branche der erneuerbaren Materialien. Der neue Veranstaltungsort, das Rhein Sieg Forum in Siegburg bei Köln, wurde sehr gut angenommen. Eine Rekordzahl von 465 Teilnehmenden aus 32 Ländern besuchte 80 Vorträge, 20 Podiumsdiskussionen und fünf Workshops. Während der drei Tage sorgten ein Matchmaking-Bereich, lange Mittagspausen und drei abendliche Treffpunkte für ein umfassendes und effektives Netzwerken.

Ein zentrales Thema der Konferenz war die Zukunft der Chemie- und Werkstoffindustrie. Zentrale Fragen dabei waren: Wie kann eine starke, innovative und nachhaltige Industrie aussehen, die ihren Kohlenstoff nicht mehr aus fossilen Quellen bezieht? Welche Möglichkeiten bieten bio-basierte Produkte, Produkte aus CO2 und chemisches Recycling schon heute? Welche Trends zeichnen sich für die Raffinerien der Zukunft ab? Welche neuen Bausteine und Polymere wachsen am Markt überdurchschnittlich und lohnen eine Investition? Welche Nachfrage und Impulse kommen von den Markenherstellern und welche politischen Rahmenbedingungen können den Wandel der Branche begleiten und unterstützen?

Um Net-Zero-Emissionen zu erreichen, insbesondere wenn so genannte Scope-3-Emissionen einbezogen werden, zu denen die Rohstoffe und das Lebensende der Produkte gehören, wird Experten zufolge immer ersichtlicher, dass fortgesetzte Investitionen in fossile Kohlenstoffprodukte ein erhebliches Investitionsrisiko darstellen. Investoren und Markeninhaber üben zunehmend Druck auf die Anbieter aus, schnell in alternative Kohlenstoffquellen zu investieren, deren Verfügbarkeit ein zentrales Thema der Konferenz war.

© nova-Institut GmbH

Michael Carus, Geschäftsführer des nova-Instituts, einem unabhängigen, wissenschaftsbasierten Forschungs- und Beratungsinstitut in Hürth bei Köln und Veranstalter der Konferenz, fasst die aktuelle Situation wie folgt zusammen: „Es ist klar, was getan werden muss, die Technologien sind vorhanden und viele Unternehmen sind bereit, in erneuerbare Lösungen zu investieren. Was jetzt noch fehlt, sind kluge politische Maßnahmen, um die Brücke zwischen heute und 2050 zu schlagen, damit die Unternehmen in der Nachhaltigkeitstransformation wettbewerbsfähig bleiben.“

Der US-Inflation Reduction Act legt z.B. eine politische Strategie fest, um die Defossilisierung der chemischen Industrie hin zu einer Industrie, die auf erneuerbarem statt fossilem Kohlenstoff basiert, zu beschleunigen. Wie kann der europäische Green Deal gestaltet werden, um einen ähnlichen Effekt auf grüne Investitionen in Europa zu haben? In einem Workshop mit Expertinnen und Experten der DG Grow (Brüssel) wurden Vorschläge aus der Industrie gesammelt, wie Hindernisse überwunden und dieser gewaltige Wandel mit Nachdruck unterstützt werden kann: Heute stammen 93% des Kohlenstoffs, der für Chemikalien und Materialien in Europa verwendet wird, aus fossilen Quellen – bis 2050 muss den Experten zufolge dieser Anteil auf Null reduziert werden.

Auf der Konferenz wurden viele mögliche Wege zu einer Netto-Null-Zukunft für Materialien und Chemikalien vorgestellt und diskutiert. Dominik Müller, Senior Manager Sustainability & Market Development bei UPM Biochemicals (FI), dem Platinsponsor der Konferenz, fasste zusammen: „Die Renewable Materials Conference war die perfekte Plattform, um mit anderen Experten zu diskutieren, wie wir den Wandel hin zu einer Netto-Null-Kreislaufwirtschaft beschleunigen können. Es wurde deutlich, dass alternative Rohstoffe wie bio-basierte, CO2-basierte und recycelte Rohstoffe die wichtigsten Hebel sind, um diesen Wandel zu ermöglichen. Es bedarf klarer Botschaften und eines starken Engagements entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von den Rohstofflieferanten über den Chemiesektor bis hin zu den Marken, damit die Industrie schneller und mutiger handeln kann.“

© nova-Institut GmbH

Die Gewinner des Innovationspreises

Mit dem Innovationspreis „Renewable Material of the Year 2023“ zeichnen das nova-Institut (Veranstalter) und Covestro (Sponsor) drei besonders spannende und vielversprechende Lösungen aus, die dazu beitragen, fossilen Kohlenstoff aus dem Boden zu ersetzen. Dreißig Unternehmen hatten auf die Ausschreibung geantwortet, sechs Nominierte hatten ihre Innovationen auf der Konferenz präsentiert und drei wurden von den Teilnehmenden der Renewable Materials Conference ausgewählt.

Die Gewinner des Innovationspreises sind bio-basierte und biologisch abbaubare elastische Materialien von KUORI (CH), das CO2-arme Hefeöl COLIPI (DE) und das plastikfreie Naturpolymer traceless® (DE).

Erster Gewinner: KUORI – Bio-basierte und biologisch abbaubare elastische Materialien

Kuori entwickelt und produziert bio-basierte und biologisch abbaubare elastische Materialien auf der Grundlage von Lebensmittelabfällen wie Bananenschalen und Nussschalen, die nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen elastischen Materialien für verschiedene Anwendungen bieten.

Der erste Anwendungsfall sind Schuhsohlen. Das Unternehmen arbeitet hierzu mit Schuhherstellern zusammen, die Sohlen aus den innovativen Materialien herstellen. Dadurch wird die Anhäufung von dauerhaften Mikroplastik vermieden und eine ökologische End-of-Life-Perspektive für das Produkt geboten.

Die Materialien können durch industrielle Kompostierung vollständig in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden. Somit ermöglichen die Materialien ein zirkuläres Geschäftsmodell für Schuhproduzenten und andere Hersteller von Waren.

Zweiter Gewinner: CO₂-armes Hefeöl

COLIPI entwickelt innovative Bioprozesse für die Umwandlung von CO₂ in nachhaltige, CO₂-arme Alternativen zu Pflanzenölen wie Palmöl. Die Kerninnovation besteht in einem patentierten Gasfermentations-Bioreaktor, der die weltweit schnellsten CO₂-verwertenden Mikroorganismen nutzt und Abgase, die CO₂ (direkt), H2 und O2 enthalten, in kohlenhydratreiche Biomasse umwandelt. Diese Biomasse und/oder industrielle organische Nebenströme dienen als Ausgangsmaterial für heterotrophe Fermentationen, z. B. die Hefeölfermentation.

Bestimmte Hefestämme haben die Stärke der Rohstoff-Agnostik: eine große Vielfalt an verschiedenen Rohstoffen kann als Kohlenstoffquelle dienen, unter anderem C5-Zucker, C6-Zucker, flüchtige Fettsäuren und Fettreste. Colipi arbeitet aktiv an der gemeinsamen Forschung und Entwicklung mit großen Unternehmen, die potenzielle Rohstoffe zur Verfügung stellen, während Colipi diese auf ihre Eignung für den jeweiligen Zweck testet. Das Produkt besteht aus Triacylglyceriden, die in ihrer Zusammensetzung denjenigen von Pflanzen, z. B. Ölpalmen, entsprechen und hauptsächlich aus C16:0-, C18:0- und C18:1-Fettsäuren bestehen. Außerdem werden wertvolle Moleküle wie antioxidative Vitamine, nämlich Astaxanthin, Tocopherole und andere Carotinoide gewonnen.

Es wurden Ökobilanzen und techno-ökonomische Analysen durchgeführt, die sowohl die beispiellos niedrigen CO₂-Fußabdrücke der Produkte als auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit zum Ausdruck bringen. Die Fermentation mit zwei separaten Prozessschritten soll in Zukunft auf einen einstufigen Prozess vereinfacht werden.

Dritter Gewinner: traceless® – plastikfreies Naturpolymer

traceless® gehört zu einer neuen Generation plastikfreier natürlicher Polymermaterialien, die über bio-basierte oder biologisch abbaubare Kunststoffe hinausgehen. Das Material basiert auf pflanzlichen Rückständen aus der Landwirtschaft und enthält zu 100 % bio-basierten Kohlenstoff. Der Ansatz unterstützt den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien und unterstützt und vermeidet gleichzeitig einen direkten Nahrungsmittelkonflikt. Darüber hinaus ist traceless® eine giftfreie und klimafreundliche Lösung, da bei der Herstellung und Entsorgung bis zu 95 % weniger CO₂ ausgestoßen wird als bei herkömmlichen Kunststoffen.

Die zum Patent angemeldete Produktionstechnologie ist skalierbar und effizient und spart bei der Herstellung durchschnittlich 83 % des fossilen Energiebedarfs ein. Obwohl traceless® wie Plastik aussieht und sich auch so anfühlt, ist das Material zertifiziert, plastik- und mikroplastikfrei und vollständig biokreislauffähig – es hinterlässt also keine Spuren. Das Start-up produziert traceless® als Basismaterial in Granulatform.

Die Kunststoff- und Verpackungsindustrie kann dieses Granulat mit Standard-Verarbeitungstechnologien zu festen Produkten, flexiblen Folien, Beschichtungen oder Klebstoffen weiterverarbeiten. Auf diese Weise kann traceless® in einer Vielzahl von Endprodukten eingesetzt werden – von Einwegprodukten, über starre und flexible Verpackungen, bis hin zu Produkten mit hohem Abrieb und Beschichtungs- und Klebstofflösungen.

Mehr zur Veranstaltung und den Gewinnern auf www.renewable-materials.eu.

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