Ein gemeinsamer Dialogprozess, an dem alle betroffenen Akteurinnen und Akteure beteiligt werden, ein Realitätscheck und eine Folgenabschätzung – das sind die wichtigsten Voraussetzungen für den Lebensmittelverband Deutschland, um eine umsetzbare, nachhaltige und erfolgreiche Ernährungsstrategie der Zukunft auf den Weg zu bringen.
Präsident René Püchner erklärte im Rahmen der Tagung „Zukunft der Ernährung: „Wir möchten einen gesamtgesellschaftlichen Dialog unter geeigneten Rahmenbedingungen. Diese umfassen aus unserer Sicht die Möglichkeit, eigene Positionen angemessen darzustellen, zu erläutern und zu begründen, eine vorurteilsfreie Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven sowie die grundsätzliche Bereitschaft aller Akteurinnen und Akteure einen aktiven Beitrag zur Ernährungsstrategie der Bundesregierung zu leisten.“
Um unterschiedliche Perspektiven ging es deshalb auch bei der Tagung, bei der zwölf Expertinnen und Experten in Kurzvorträgen unterschiedliche Perspektiven beleuchteten. Es ging um die tatsächlichen Konsumgewohnheiten der Verbraucher und darüber, dass Fleisch auch in Zukunft zu einer ausgewogenen Ernährung dazu gehört. Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach erläuterte die Auswirkung tierischer und pflanzlicher Lebensmittel auf Treibhausgasemissionen, Land- und Wassernutzung und plädierte für eine differenzierte Sichtweise und eine ausbalancierte Ernährung. Mehre innovative Technologien wurden beleuchtet, darunter Nahrung ohne Ackerbau und die neuen Züchtungstechnologien, zu denen Prof. Matin Qaim, Universität Bonn, erklärte, dass man ihnen vorurteilsfrei gegenüberstehen sollte, da sie in Zukunft helfen könnten, die Menschen zu ernähren.
Angela Koch zeigte am Beispiel auf, wie nachhaltig sich die Gemeinschaftsverpflegung entwickelt. Darüber, in wieweit der Staat und die Medien Einfluss auf die Konsumenten und deren Ernährungsverhalten nehmen und wo hier die Grenzen sein sollten, sprach u. a. Bundesverfassungsrichter a. D. Prof. Dr. Udo Di Fabio. Den Abschluss im Expertenkreis machte Dr. Susanne Uhl, Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten, die eindringlich davor warnte, bei der Erarbeitung einer Ernährungsstrategie die Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer der Lebensmittelbranche zu vergessen und dass man sich darüber im Klaren sein muss, dass man die Arbeit dieser Menschen herabsetze, wenn man die Lebensmittelwirtschaft oder einzelne Branchen pauschal diskreditiere.
Lebensmittelverband-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff resümierte: „Wir brauchen auch in Zukunft die Ausgewogenheit, Vielfalt und das Engagement für Nachhaltigkeit. Wir müssen Innovationen fördern, statt bürokratische Hürden aufzubauen und wir brauchen eine zielgruppengerechte Ernährungskommunikation. Wir müssen an diesen heutigen Impulsen anknüpfen, weiterarbeiten, weiterforschen und vor allem im gemeinsamen Dialog bleiben, um alle Ansätze zusammenzubringen und zielführende Ideen und gangbare Lösungen zu entwickeln.“
Die Eckpunkte, die für den Lebensmittelverband für die weitere Zusammenarbeit im Rahmen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung relevant sind, wären:
- Wir dürfen unser Umfeld nicht ausblenden. Wir befinden uns immer noch in Krisenzeiten, jede Verbraucherin und jeder Verbraucher kann dies im Supermarkt an den hohen Lebensmittelpreisen sehen. Rohstoffbeschaffung, Energieversorgung, Corona-Folgen. Die Krise muss berücksichtigt werden und sollte zwingend Einfluss auf die Priorisierung von Maßnahmen haben.
- Zudem brauchen wir die Einrichtung eines Runden Tisches mit den wesentlichen Stakeholdern aus den Bereichen Wirtschaft, Verbraucherschaft, Wissenschaft und Politik, ebenso wie ein Begleitgremium der Wirtschaft, um die Erfahrung der Lebensmittelwirtschaft zur konkreten Umsetzung geplanter Maßnahmen angemessen einzubringen und bei der weiteren Ausgestaltung zu berücksichtigen. Denn wir sind ja am Ende diejenigen, die von dieser Ernährungsstrategie am meisten betroffen sein werden.
- Ganz wichtig – wir brauchen einen Realitätscheck! Alle kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen der Ernährungsstrategie müssen auf Vereinbarkeit mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen sowie auf Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher geprüft werden. Das heißt, die Stärkung der Eigenverantwortung des Individuums und die Innovationskraft der Unternehmen müssen im Mittelpunkt stehen. Hierzu gehört auch, dass die besonderen Herausforderungen für kleine und mittelständische Unternehmen stets anerkannt und berücksichtigt werden und dass die Sicherheit und Qualität auf allen Stufen der Wertschöpfungskette erhalten bleibt.
- Und schließlich brauchen wir eine Folgenabschätzung! Die Prüfung und Diskussion der Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen der Ernährungsstrategie müssen unter den Aspekten Wissenschaftlichkeit, Durchführbarkeit und Realitätsnähe geschehen. Das heißt, dass in der Folgenabschätzung u. a. eine Beschreibung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen enthalten sein muss!
Weitere Informationen auf www.lebensmittelverband.de.