Interviews

iglo: „Flexitarier werden entscheiden, ob vegane Produkte den Weg aus der Nische finden werden.“

Gemüse gehört zu einer ausgewogenen veganen Ernährung. Daran hat keiner einen Zweifel. Und damit auf dem Teller keine Langeweile aufkommt, machen sich täglich Unternehmen Gedanken, wie man diese Komponente nicht nur lecker und kreativ, sondern auch frisch und mit möglichst vielen Vitaminen auf den Teller bekommt – so auch iglo Deutschland. Wir sprachen mit Philipp Kluck – Director Marketing iglo Deutschland – über den veganen Fokus im Unternehmen und die neue „Veggie Love“-Linie.  

Wie ist die aktuelle Situation in Ihrem Unternehmen?
iglo gehört zur europaweiten Lebensmittelgruppe Nomad Foods. In Deutschland hat iglo in 2017 einen Umsatz von 466 Mio. Euro (Nielsen-Daten) realisiert und verfügt damit im Tiefkühlsegment über einen Marktanteil von knapp 10 Prozent. Es gibt drei Produktsegmente mit insgesamt rund 140 Einzelartikeln. Das bekannteste Segment sind die Fischprodukte rund um Käpt’n iglo. Wesentlich umfangreicher ist das traditionelle Gemüsesegment mit Spinat, Kräutern, Grünkohl u. a. aufgestellt. Am Produktionsstandort im westfälischen Reken wird – zum Teil schon in dritter Generation – von Vertragslandwirten nachhaltig orientierte Landwirtschaft betrieben. Das regional angebaute Gemüse wird auf kurzen Wegen verarbeitet. Die dritte Säule sind die Fertiggerichte. Dieses Segment wächst in den letzten beiden Jahren deutlich und baut auf den Prinzipien einer bewussten Ernährung auf. So werden kontinuierlich neue vegetarische, vegane oder sogenannte ‘frei von‘-Produktvarianten in den deutschen Supermärkten eingeführt. Damit bieten wir neue interessante Ernährungsalternativen und das alles traditionell ohne Zusatz- oder Konservierungsstoffe.

Aktuell haben Sie 24 vegane Produkte auf Ihrer Homepage benannt, worunter neben vielen Gemüsevariationen auch 2 direkte „Fleischalternativen“ (Gemüse- und Spinatstäbchen). Gibt es weitere Planungen für vegane Produkte abseits vom klassischen Gemüse?
Ganz aktuell haben wir eine neue vegane Hülsenfrüchtelinie namens „Veggie Love“ auf den Markt gebracht. Das sind Mischungen basierend auf Kichererbsen und Bohnenvarianten sowie ergänzende Fertiggerichte. Die Vorteile von Tiefkühlkostprodukten kennt man bisher nur von Erbsen: Sie sind nicht nur saftig grün und knackig, sondern kommen auch ohne Salzlake und ohne zugesetzten Zucker aus. Mit den neuen Hülsenfrüchtevarianten liefert iglo eine wirkliche Innovation, denn bislang sind diese ausschließlich in der Dose, im Glas oder getrocknet im Handel verfügbar – nicht im Tiefkühlregal. Der Name „Veggie Love“ ist Programm und soll Lust auf mehr machen. Veggie steht steht für pflanzlich (nicht für vegetarisch), alle Produkte sind vegan.

Mit den neuen Produkten wollen wir einen Beitrag für eine breiter aufgestellte, ausgewogene und bewusste Ernährung für den Massenmarkt leisten. Ziel ist dabei, sukzessive den Ausbau von Ernährungsalternativen auch in Richtung veganer Produkte voranzutreiben.

Welche Kampagnen fahren bzw. planen Sie für die Vermarktung der Gemüse- und Spinatstäbchen?
Hier müssen wir realistisch sein. Die Anzahl der Verbraucher, die zu unseren Gemüse- und Spinatstäbchen greifen, ist seit 10 Jahren nur langsam gewachsen. Wir müssen uns aus wirtschaftlichen Gründen bei großen Kampagnen auf die Top-Seller konzentrieren. Die Gemüse- und Spinatstäbchen bewerben wir daher immer im Zusammenhang mit den klassischen Fischstäbchen. So haben sich die fischfreien Alternativen bereits im heterogen Essumfeld der Familien einen festen Platz erarbeitet, den wir allerdings sehr gezielt mit digitalen und POS-Maßnahmen unterstützen.

Wie würden Sie das Interesse von Handelsketten an ihren veganen Produkten beschreiben?
Für den Handel sind naturgemäß der Abverkauf und die Frequenz entscheidend. Auch vegane Produkte müssen emotional begeistern und vor allem lecker sein – nicht nur durch Sachargumente überzeugen. Nur dann sind sie am POS erfolgreich. Genau deshalb treffen wir mit der neuen Linie „Veggie Love“ bereits in den ersten Wochen auf eine tolle Resonanz. Hülsenfrüchte machen Spaß, sind gesund und die Zubereitung ist kinderleicht.

Wie schätzen Sie das vegane Potential des TK-Marktes ein?
Die Ernährungsberater wissen schon länger um die Nährwertvorteile von Tiefkühlgemüse. Das sogenannte Schockfrostverfahren erhält die Zellstruktur und wirkt so wie ein Nährwert- und Vitamintresor. Bei unserem Spinat vergehen nur maximal 180 Minuten vom Feld bis in die Packung. Unter Nährwertgesichtspunkten ist nur der Spinat aus dem eigenen Garten eine bessere Wahl.

Wir von iglo sind davon überzeugt, dass wir sowohl bei Naturgemüse als auch bei Fertiggerichten noch sehr viel Potenzial für vegane Alternativen haben. Allerdings muss dafür der Massenmarkt ganz behutsam und ohne erhobenen Zeigefinger für eine bewusste Ernährung gewonnen werden. Zwar haben die sogenannten Flexitarier die Tür über den veganen Nischenmarkt hinaus weiter aufgestoßen und immer mehr Verbraucher probieren vegane Alternativen, generell gilt aber auch hier: Auch bei veganen Gerichten entscheidet der Geschmack.

Vegetarier, Veganer & Flexitarier – Wie schätzen Sie die Zielgruppe und deren Entwicklung in den nächsten Jahren ein?
Das Nachfragewachstum ist in den letzten Jahren zweistellig ausgefallen, vegetarische Produkte sind schon lange keine Nische mehr, sondern haben entscheidenden Anteil an der täglichen Ernährung vieler Verbraucher. Auch die Gruppe der Flexitarier, d. h. ein bewusster aber nicht fleischloser Ernährungsstil,  gewinnt immer stärker an Relevanz. Von diesen Verwendern gehen allgemeinhin auch die interessantesten Impulse aus. Wir bei iglo beschäftigen uns mit diesen Ideen und wollen diese breitentauglich machen. So sehen wir einen wichtigen Schlüssel bei jenen Menschen, die sich bewusster mit Ernährung beschäftigen, aber auch zu traditionellen Gerichten greifen. Die Flexitarier werden entscheiden, ob vegane Produkte aus der Nische finden werden.

Sind Veganer,Vegetarier und Flexitarier denn eine wichtige Zielgruppe für Ihr Unternehmen?
Das Beispiel der Hülsenfrüchte-Linie „Veggie Love“ von iglo macht deutlich, dass wir der Zielgruppe eine wichtige Bedeutung beimessen. Grundsätzlich wollen wir aber ein Schwarz-Weiß-Denken im Sinne von „gutes“ versus „böses Essen“ vermeiden. Für uns verbindet Essen und ist ein wichtiger sozialer Faktor. So ist für viele Verbraucher der Weg auch mal Alternativen zu testen, ein kleiner aber auch ein wichtiger erster Schritt.

Das Angebot an TK-Gemüse und veganen Stäbchen ist ja doch recht groß. Wie schaffen Sie es, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten?
Eine seit Jahrzehnten bewiesene Roh- und Endproduktqualität, eine konsequent gelebte Glaubwürdigkeit, ein Geschmack, der begeistert und Freude am gemeinsamen Essen – dies sind die Grundpfeiler des iglo-Erfolgs. Getragen wird dies durch tolle Menschen wie unsere Landwirtsfamilien, Ernährungsexperten, Köche und sehr kritische Verkäufer. Für alle Mitarbeiter/innen sind unsere Angebote etwas ganz Persönliches, das sie nach außen mit Stolz vertreten wollen. Und wenn man dann einen Nicht-Veganer mit einem veganen Produkt positiv überrascht, ist der Effekt doppelt so groß.

Wie wird Iglo sich in den kommenden 5 Jahren positionieren?
Vegane Produkte sind ein wichtiger Baustein in unserem Engagement für eine ausgewogene und gesündere Ernährung. So haben wir bereits ein umfangreiches Salzreduktionsprogramm umgesetzt, einige Produkte mit unbefriedigender Nährwertbalance eingestellt und neue – auch zunehmend vegane – Alternativen neu ins Sortiment genommen. Außerdem setzen wir uns für mehr Transparenz bei der Nährwertkennzeichnung ein. Aber wir sehen das erst als den Beginn einer langen Reise. Veränderungen im Essverhalten brauchen einen langen Atem sowie attraktive, marktfähige Alternativen für bewusste und kritische Konsumenten. iglo wird die Transformation hin zu einer bewussten Ernährung und mit deutlich mehr Wertschätzung für Lebensmittel aktiv mitgestalten und sich in diesem Wahrnehmungsumfeld auch wirtschaftlich positionieren.

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