Interviews

ProVeg-Geschäftsführer Matthias Rohra: „Ein wirksamer Klimaschutz muss auch die Förderung des pflanzlichen Ernährungswandels einschließen“

Matthias Rohra, Geschäftsführer von ProVeg © ProVeg e.V.

ProVeg richtet sich mit der aktuellen Kampagne “Essen fürs Klima” direkt an die neue Regierung. Denn für einen wirksamen Klimaschutz muss der Tierkonsum dringend mit nachhaltig wirksamen Maßnahmen gesenkt werden. Matthias Rohra, Geschäftsführer von ProVeg, gibt im Interview einen kleinen Einblick in die politische Arbeit der Organisation. Wer Interesse an einem weiteren Austausch hat, ist herzlich zu einem digitalen Fundraising-Event am Dienstag, den 05.10.21 um 18:30 Uhr eingeladen. Melden Sie sich dazu gerne an unter: anmeldungen@proveg.com.

Herr Rohra, ProVeg richtet sich derzeit mit der Kampagne “Essen fürs Klimaan die Politik. Was genau steckt dahinter?

Wir beobachten, dass die hohe Relevanz unseres aktuellen Ernährungssystems für den Klimaschutz noch immer übersehen wird. Schließlich gehört die Fleisch-, Milch- und Eierproduktion zu den Hauptursachen der menschengemachten Erderwärmung. Nach Angaben der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) sind sogenannte Nutztiere für 14,5% der vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Diese können entscheidend gesenkt werden, wenn wir den Tierkonsum reduzieren, was aber in der aktuellen Klimaschutzagenda noch nicht berücksichtigt wird. Maßnahmen zur Umgestaltung unseres Ernährungssystems fehlen sowohl in der nationalen Politik also auch in der internationalen.

Mit der über die nächsten Jahre angelegten Kampagne wird ProVeg gemeinsam mit anderen Partnerorganisationen auf den Zusammenhang zwischen Klimakrise und Tierkonsum aufmerksam machen und konkrete Lösungswege und Handlungsempfehlungen für die Etablierung einer klimafreundlichen Ernährung geben. Wir sprechen dabei die Öffentlichkeit an und richten uns direkt an die Politik. Ganz grob gesagt ist unser Ziel, dass der Ernährungswandel bei der Umsetzung der nationalen und internationalen Klimaziele eine Rolle spielt.

Welche Forderungen stellt ProVeg mit “Essen fürs Klima” konkret an die neue Regierung?

Wir fordern einmal, dass die Entwicklung und Vermarktung pflanzlicher Lebensmittel wirksam gefördert wird. Außerdem sollten Landwirtinnen und Landwirte beim Ausstieg aus der Tierhaltung unterstützt und Aufklärungskampagnen über die Vorteile pflanzlicher Ernährung auf den Weg gebracht werden. Denn neben einem steigenden Angebot pflanzlicher Lebensmittel ist es auch wichtig, dass Vorurteile und Hemmungen gegenüber tierfreien Alternativen abgebaut werden, damit sie von Verbrauchenden auch gut angenommen werden.

International setzen wir uns dafür ein, dass verschiedene Länder eine Reduktion des Tierkonsums in ihren Nationally Determined Contributions (NDC’s) aufnehmen, durch die das Pariser Abkommen umgesetzt wird. So wird der Ernährungswandel auch auf internationaler Ebene zum konkreten Ziel der Politik.

© ProVeg e.V.

ProVeg unterstützt auch den pflanzlichen Markt selbst, der sich derzeit recht schnell entwickelt. Inwieweit stellt die politische Kampagnenarbeit denn eine Ergänzung für die wirtschaftliche Projektarbeit dar? Wieso sind politische Maßnahmen für die Entwicklung des pflanzlichen Marktes notwendig?

Wir freuen uns natürlich sehr, dass sich der pflanzliche Markt so gut entwickelt. Doch gerade im Hinblick auf die Klimakrise ist eine schnelle Veränderung notwendig, die die Politik mit fördern kann.

Das beste Beispiel dafür war die Abstimmung über den Änderungsantrag 171 zur Einschränkung der Bezeichnungen für Milchalternativen. Eine solche Zensur hätte die Vermarktung stark erschwert, was erhebliche Wettbewerbsnachteile für den pflanzlichen Markt zur Folge gehabt hätte. Zum Glück konnte dies unter anderem auch dank der zahlreichen Unterstützer*innen unserer Petition verhindert werden. Insgesamt sehen wir die Politik in der Verantwortung, mit Instrumenten wie Subventionen gesunde und nachhaltige Ernährungs- und Lebensweisen zu fördern. Doch das ist noch nicht immer der Fall. So empfiehlt die EU zwar weniger Fleisch zum Wohle der Gesundheit und des Planeten zu essen, subventioniert aber auf der anderen Seite Werbung für Fleisch- und Milchprodukte. Das passt einfach nicht zusammen und dämmt die positiven Entwicklungen des pflanzlichen Marktes unnötig ein.

Deshalb setzen wir in unserer Projektarbeit auf der politischen Ebene an, um alle möglichen Voraussetzungen zu schaffen, die der pflanzliche Markt zur Entfaltung seines großen Potentials benötigt.

Die ersten Ergebnisse der Wahl liegen bereits vor. Kannst du schon einschätzen, was das für den Klimaschutz und die pflanzliche Ernährungswende bedeuten wird?

Obwohl über 600.000 Menschen beim Klimastreik am Freitag vor der Wahl demonstrieren waren, obwohl die Zivilgesellschaft immer wieder gefordert hat, diese Wahl zu Klimawahl zu machen, obwohl wir die Auswirkungen der Klimakrise durch die Unwetterereignisse diesen Sommer direkt gespürt haben, gewinnen Parteien ohne echten Plan für einen wirksamen Klimaschutz die Wahl. Doch auch wenn keine Partei ausreichende Maßnahmen für die Erreichung unserer Klimaziele oder den dafür notwendigen Ernährungswandel vorlegen kann, hat das Thema Klimaschutz doch endlich an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Entscheidend sind jetzt die kommenden Wochen und Monate und die Hoffnung, dass Klima auch in den Koalitionsverhandlungen eine zentrale Rolle spielen wird.

Herr Rohra, wir bedanken uns für das interessante Gespräch.

Möchten Sie mehr über die Kampagne erfahren und ProVeg besser kennen lernen? Dann kommen Sie gerne zu unserem digitalen Fundraising-Event am Dienstag, den 05.10.21 um 18:30 Uhr. Melden Sie sich zur Anmeldung gerne unter anmeldungen@proveg.com. Falls Sie an diesem Termin nicht können, aber grundsätzlich Interesse haben ProVeg näher kennen zu lernen, dann melden Sie sich gerne auch bei uns. Wir laden Sie dann entweder zu unserem nächsten Fundraising-Event im Dezember an oder kontaktieren Sie persönlich.

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