Ein Forscherteam der Universitätsmedizin Greifswald, Interfakultäres Institut für Genetik und Funktionelle Genomforschung, hat eine neue Methode zur Herstellung von Antikörpern entwickelt, die den traditionellen Einsatz von Tierversuchen vollständig überflüssig macht.
Das Projekt mit dem Namen „Ymolution“ steht für eine revolutionäre Lösung immunologischer Fragestellungen und wurde Anfang November im Vorfeld eines Unternehmens gestartet, das im Laufe der nächsten Monate gegründet werden soll.
Tierversuche sind ethisch problematisch und teuer
Antikörper spielen in der Medizin eine entscheidende Rolle, von der Diagnostik (z. B. COVID-Schnelltests ) bis hin zur Entwicklung von Medikamenten. Sie sind von zentraler Bedeutung in verschiedenen Forschungsbereichen, darunter auch in der Krebsforschung, und wirken sich direkt auf die Patientenversorgung aus, indem sie zu Fortschritten bei der Entwicklung von Medikamenten, der Bekämpfung von Virusinfektionen und der Behandlung chronischer Erkrankungen wie Nierenkrankheiten beitragen.
„Für die Herstellung von Antikörpern werden jedoch in der Regel Tiere verwendet“, betonen Dr. Christian Hentsch und Dr. Alexander Reder vom Projekt Ymolution. Und das ist nicht nur höchst ineffizient, sondern auch äußerst problematisch.
In der traditionellen Wissenschaft werden häufig Genbibliotheken von Tieren verwendet oder Antikörper aus Labortieren, insbesondere Mäusen und Kaninchen, gewonnen. „Das ist nicht nur ethisch problematisch, sondern auch mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden“, sagt Dr. Reder.
Zudem sind die produzierten Antikörper oft von schlechter Qualität, da jedes Tier anders reagiert: Erschreckende 90 % der so produzierten Antikörper sind nicht wirksam einsetzbar.
Eine wirksamere, ethischere Lösung
Hier setzt das Team von Ymolution mit der innovativen, künstlichen Herstellung von Nanokörpern im bakteriellen System an. Durch ihre neuartige Methode wird das Immunsystem der Tiere in Bakterienzellen simuliert. Auf diese Weise lassen sich theoretisch alle relevanten Antikörperspezifitäten in vollsynthetisch hergestellten Genbibliotheken abbilden.
„Man kann sich das Ganze als eine unbegrenzte Sammlung von Bauplänen für verschiedene Antikörper vorstellen“, erklärt Hentsch. „Aus dieser Bibliothek können wir genau die Antikörper auswählen, die wir herstellen wollen und wir können im Vorfeld alles herausfiltern, was nicht oder nur schlecht funktionieren würde.“
Darüber hinaus bietet die neue Methode den Vorteil, dass eine Vielzahl von Antikörperspezifitäten hergestellt werden kann, die bisher unerreichbar waren und die man nicht im Tierversuch erhalten kann. „Mit dieser Methode werden wir deutlich schneller Antikörper herstellen, was nicht zuletzt die Produktionskosten deutlich senkt“, ergänzt Dr. Reder.
Das Projekt, das über das EXIST-Forschungstransferprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz mit rund 850.000 Euro gefördert wird, steckt noch in den Kinderschuhen. Die Vorbereitungen für das Unternehmen laufen auf Hochtouren, die Ausgründung ist für Herbst 2025 geplant.
Jan Meiering, Geschäftspartner des Ymolution-Teams, ist begeistert, wie viel Potenzial das Projekt nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Region bietet. „Wir wollen damit den Grundstein für ein regionales Unternehmen legen, das langfristig hochqualifizierte Arbeitsplätze schafft.“
Weitere Informationen: medizin.uni-greifswald.de/de/home/.