Interviews

Kippie: „Es gibt sehr viele Menschen, denen wir es ein bisschen einfacher machen müssen.“

„Do it yourself“ könnte man das Konzept der jungen Kinderlabel-Gründerin Nannette Swed nennen. Sie konnte lange Zeit keine vegane und nachhaltige Kinderkleidung finden, also gründete sie mit kippie kurzerhand ein eigenes Label. Damit schließt sie nicht nur eine wichtige Angebotslücke, sondern beweist auch das Offensichtliche – Frauen sind ebenso geschäftstüchtig wie ihre männlichen Gegenstücke. Wir haben die tüchtige Geschäftsfrau zum Label, der Mission und den spannendsten Materialien im Markt befragt.

Wie kamen Sie auf die Idee kippie zu gründen?
Ich bin selbst nach der Geburt meines ersten Sohnes vegan geworden. Sobald er anfing zu laufen, hatte ich Probleme Schuhe für ihn zu finden. Auch gute Winterkleidung für Babys und Kinder ist oft mit Wolle gearbeitet. Es ist besonders schwer vegane (Kinder-)Kleidung zu finden, wenn man außerdem sichergehen möchte, dass eine faire Produktionskette und eine umweltfreundliche Herstellung garantiert ist. Ich wollte mich nicht zwischen Plastikschuhen aus Fernost und nachhaltig und fair produzierten Lederschuhen entscheiden müssen. Die Angebotslücke hat mich so massiv gestört, dass ich das einfach angehen musste.

Wie sieht Ihre Zielgruppe aus?
In erster Linie sind es natürlich vegan lebende Eltern. Wir sprechen aber auch vegetarisch lebende Familien an. Sofern der Verzicht auf Fleisch aus ethischen Gründen passiert, haben auch Vegetarier ein Interesse daran, lederfreie Schuhe zu tragen. Unser gesamtes Sortiment ist zudem fair und nachhaltig produziert ist. Somit bedienen wir auch die Kundengruppe, denen diese Punkte wichtig sind. Seit dem Sommer haben wir auch Produkte für Erwachsene im Sortiment.

Welche Vertriebskanäle nutzen Sie aktuell für den Vertrieb?
Wir haben unsere Eigenmarke in einigen Shops platziert. Unser Online-Shop ist allerdings noch unser wichtigster Vertriebskanal. Da wir jetzt den Proof-of-Concept haben und dabei das erste Jahr kostendeckend gewirtschaftet haben, möchten wir im Jahr 2019 skalieren. Dazu möchten wir den Shop in einen Marktplatz umwandeln, der den Bedürfnissen des deutschen Marktes gerecht wird. Dabei spielt neben der Attraktivität des Sortiments, welches wir mit dem Marktplatz multiplizieren wollen, vor allem die zeitnahe und kostengünstige Abwicklung des Versands eine große Rolle. Die Kriterien sollen bestehen bleiben: fair, nachhaltig und alles vegan.

Wieso ist Kinderkleidung so ein wichtiger Fokus für Sie – Ist es Kindern nicht egal was Sie tragen?
Ganz kleinen Kindern ist es sicherlich egal, was sie tragen. Den Eltern tut es aber doch weh, Wollmützen, Daunenjacken oder Lederschuhe kaufen zu müssen, wenn sie selbst vegan leben. Mein Fünfjähriger ist aber z.B. schon alt genug, um sich an Leder oder Schafsfellen zu stören. Sicherlich ist er auch durch mich für das Thema sensibilisiert. Bei anderen Kindern fängt es vielleicht später an, aber irgendwann ist es Thema.

Besonders in der „Elternzone“ haben Sie viele Produkte aus Kork. Wieso ist das ein guter Rohstoff?
Weil Kork ein nachwachsender, natürlicher Rohstoff ist, der sehr wenig Wasser verbraucht und zudem CO2-neutral produziert wird, da Kork-Eichen selbst Sauerstoff produzieren. Er wird außerdem in Europa geerntet und auch vor Ort gleich zum Endprodukt weiterverarbeitet. Das erspart lange Transportwege. In seinen Eigenschaften hat mich der Korkstoff sehr überrascht. Ich war selbst sehr skeptisch, weil ich Kork anfänglich nur als Korken kannte. Der Korkstoff ist aber tatsächlich sehr stabil, sogar wasserabweisend und ist dabei trotzdem sehr weich und glatt.

Warum sollte die Modebranche sich auf die Produktion veganer Produkte konzentrieren? 
Dass Veganismus nicht einfach nur ein Trend sondern eine Bewusstseinsveränderung ist, die in immer größeren Teilen der Gesellschaft ankommt, ist wohl inzwischen ziemlich eindeutig. Er ist eine unaufhaltsame Bewegung. Je besser unsere veganen Produkte werden, desto mehr Menschen werden es “schaffen” auch nach ihrem Gewissen zu leben. Die meisten Menschen, denen ich begegne sagen mir, dass sie es eigentlich richtig fänden vegan zu leben, es aber noch nicht schaffen. Es gibt sehr viele Menschen, denen wir es ein bisschen einfacher machen müssen. Vegane Produkte müssen mindestens so gut sein wie die, die sie gewohnt sind.

Gibt es aktuell interessante, neue Materialien in der veganen Modebranche?
Da gibt es natürlich viele. Meine Favoriten sind Materialien aus Rohstoffen, für die man nicht um die ganze Welt reisen muss und die eigentlich Abfallprodukte wären. Chicoréewurzeln, zum Beispiel sind ein natürlicher Rohstoff aus denen man elastische Fasern herstellen kann. Etwas weiter in der Entwicklung sind aber andere pflanzliche Leder aus Äpfeln oder Pilzen, von denen viele Leser sicher auch schon erfahren haben. Diese Materialien müssen jetzt vermehrt in Kollektionen aufgenommen werden.

Was waren die größten Herausforderungen vor, während und nach der Gründung?
Ernst genommen zu werden mit einer veganen Unternehmung außerhalb des Food-Sektors war die erste Hürde. Die habe ich inzwischen überwunden. Aber auch jetzt merke ich noch, dass mir als Frau eigentlich nicht so viel zugetraut wird. Ich bin ja schließlich auch Mutter. Business machen auch heute noch fast ausschließlich Männer. Für die ist es oft schwierig sich vorzustellen, dass eine Frau ein Unternehmen leiten und erfolgreich machen kann, besonders dann, wenn sie Familie hat. Es gibt glücklicherweise inzwischen schon einige Beispiele an erfolgreichen Unternehmerinnen. Ich bin gespannt, welche Haltungen mir in dieser Hinsicht im nächsten Jahr begegnen werden. Der Umbau zum Marktplatz steht für 2019 auf dem Plan und eine Skalierung setzt Kapital voraus.

Wo sehen Sie sich in 5 Jahren mit kippie?
Ich bereite uns auf Gespräche mit Investoren im neuen Jahr vor. Ich sehe kippie mittelfristig als einen veganen, nachhaltigen, fairen Marktplatz mit einer wachsenden Eigenmarke besonders auch im Bereich Erwachsenenmode. Es gibt noch sehr viel Nachholbedarf in puncto klassisch, schick, Business. Viele Konsumenten werden sich über den Ausbau des Sortiments tragbarer, bezahlbarer und nachhaltiger veganer Mode freuen. Wir werden den Marktplatz unter einem neuen Namen launchen, der das Konzept des Markplatzes sehr schön transportiert und auch Erwachsene anspricht. Den verrate ich aber noch nicht.

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