Marketing & Medien

Vom Salat-Meme zu #skinnytok: Wie Social Media Essensinszenierung prägt

Salat essen und dabei lächeln – ein Bild, das durch ein altes Meme berühmt wurde, wirkt auch heute noch nach. In sozialen Medien zeigen sich aktuell neue Varianten desselben Schönheits- und Gesundheitsideals z.B. unter #skinnytok – mit Folgen für das Selbstbild vieler Menschen, warnen Experten. Doch es gibt auch Gegenbewegungen von deutschen Unternehmen, z.B. von der Markengastronomie L’Osteria.

Soziale Medien sind heute eine der Hauptinformationsquellen für Gesundheit und Ernährung, besonders für jüngere Generationen. „Je nachdem, wie wir Social Media-Inhalte nutzen, können sie einen positiven oder negativen Einfluss auf unser Verhältnis zu Ernährung haben“, sagt Prof. Dr. Eva Endres, Ernährungsforscherin. „Wir können uns zum Beispiel alltagspraktisches Wissen aneignen, uns mit anderen verbinden und viele Inspirationen holen. Kritische Aspekte sind der hohe Anteil an Falschinformationen, die Flut an verschiedenen Ernährungsinformationen oder unrealistische Körperideale.“

Jüngstes Beispiel: Unter dem Hashtag #skinnytok verbreiten sich auf TikTok derzeit wieder auffallend viele Clips, die extrem schlanke Körper glorifizieren – oft verknüpft mit Essensplänen, angeblichen „Detox“-Routinen oder minimalistischen „What I eat in a day“-Formaten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) warnt: Solche Inhalte können das Essverhalten beeinflussen und Essstörungen begünstigen, insbesondere bei jungen Menschen.

Salat als kulturelles Symbol für Kontrolle und Weiblichkeit

Neben Proteinshakes, Diätplänen und Riegeln hat aber vor allem „Salat“ eine exponierte Rolle im Social Media-Ernährungskontext. Bis vor einigen Jahren war Salat das Symbol für Verzicht, Mäßigung und Genussfeindlichkeit. „Wer abnehmen wollte oder auf seine Linie achtete, hat sich im Restaurant ,nur einen Salat‘ bestellt“, sagt John Schlüter, CMO der Markengastronomie L’Osteria. „Da für Frauen der gesellschaftliche Druck, schlank zu sein, höher ist als für Männer, war Salat zudem ein typisches Frauengericht. In der europäischen Esskultur stehen große Portionen mit viel Fleisch für männliche Stärke, der Verzicht hingegen ist weiblich.“

Heute hat sich – auch dank der Rezeptvielfalt in sozialen Medien – das Image von Salat gewandelt. Salat muss heute nicht mehr Verzicht und kulinarische Langeweile bedeuten. Viele Menschen sehnen sich nach Gerichten, die gesund sind und angenehm satt machen. Immer mehr entdecken daher neue Aromen, spannende Texturen und Kombinationen in Gemüsegerichten.

„Salat ist zwar immer noch als Fitness-Gericht fest etabliert, wird aber zunehmend kulinarisch aufgewertet“, sagt Prof. Dr. Endres.

Losteria neues salat meme
© L’Osteria

Das Internet-Meme „Women Laughing Alone with Salad“, das bereits 2011 viral ging, gilt heute als ironischer Klassiker. Es zeigt Frauen, oft übertrieben fröhlich, mit einem Teller Salat – und wurde so schon vor fast 15 Jahren zum Symbol für stereotype, unrealistische Darstellungen von Weiblichkeit und Ernährung. Auch wenn die ursprünglichen Stockfotos in der Medienwelt kaum noch vorkommen, erleben aber ähnliche Bildwelten auf Plattformen wie Instagram oder TikTok ein Comeback – nur subtiler, professioneller inszeniert und oft als vermeintlich „authentische“ Selbstvermarktung.

Schon seit Jahrzehnten wird der Schlankheitswahn medial propagiert – in den 70ern über das Model Twiggy, später mit dem Heroin-Chic und Kate Moss – aber heute eben vor allem über Soziale Medien. „Schon in den 90ern verglichen sich junge Mädchen mit den Fotos der Supermodels in Hochglanzmagazinen. Die schädliche Wirkung ist in Sozialen Medien jedoch besonders stark. Das hat verschiedene Gründe: Wir stehen mit den schlanken Influencern auf den Social Media-Plattformen quasi in direkter Konkurrenz. Die Supermodels in Magazinen wirkten dagegen unerreichbar und damit auch realitätsferner“, erklärt Prof. Dr. Endres.

Doch es gibt auch Gegenbewegungen. So hat die Markengastronomie L’Osteria kürzlich das bekannte Salat-Meme visuell neu interpretiert: mit echten Menschen – darunter Männer, Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters. Auch sie essen Salate, jedoch ohne perfekt inszeniert zu wirken. Ziel sei es laut Unternehmen, Vielfalt und echte Momente des Genusses zu zeigen – und sich damit bewusst von früheren Werbeklischees abzugrenzen. John Schlüter ergänzt: „Wenn auch Unternehmen beginnen, Stereotype zu hinterfragen, kann das gesellschaftliche Wirkung entfalten – vorausgesetzt, es bleibt nicht bei symbolischen Gesten.“ Solche Kampagnen seien ein wichtiger Impuls, laut Endres: „Was wir brauchen, ist mehr Aufklärung über die Wirkung sozialer Medien – und echte Vorbilder, die Vielfalt sichtbar machen.“

Algorithmen, Filterblasen und digitale Zugehörigkeit als Verstärker für Essstörungen

Auch sorgen die Strukturen der Plattformen dafür, dass Inhalte intensiver konsumiert werden und man sich stärker mit ihnen identifiziert. „Wir bringen uns ein mit Likes und Kommentaren und bekommen immer mehr Inhalte angezeigt, die diesem Schlankheitsideal entsprechen. Irgendwann befinden wir uns in einer Blase und haben das Gefühl, alle um uns herum sehen so aus – nur ich nicht“, so Prof. Dr. Endres. Zudem ermöglichen soziale Medien die Vernetzung und die Bildung von Communities. Soziale Unterstützung und Zugehörigkeit sind die wichtigsten Treiber für menschliches Verhalten. Das kann auch positiv genutzt werden. Bei Trends wie #skinnytok oder #fitspiration befinden sich Menschen jedoch in einer Gruppe, die Schlankheitsideale und Essstörungen propagieren. Frauen und Männer, die hierfür anfällig sind, finden dort Gleichgesinnte und fühlen sich sozial bestätigt, was sie in ihrem schädlichen Essverhalten bestärkt.

Bei der Erforschung von Ernährungsinformationen in Sozialen Medien steht Deutschland noch am Anfang. Es gibt allerdings bereits sehr viele Studien, die einen Zusammenhang belegen zwischen sozialen Medien und einem negativen Körperbild bis hin zum Risiko, eine Essstörung zu entwickeln. Diese Studien zeigen: Je mehr Zeit auf sozialen Medien verbracht wird, desto mehr wird das vorherrschende Schönheitsideal verinnerlicht. Hiervon sind Mädchen und junge Frauen am häufigsten betroffen, besonders in einem Alter von 13 bis 17 Jahren. In diesem Alter sind mehr als die Hälfte der Mädchen mit ihrem Körper unzufrieden und finden sich zu dick. Die Zahl der Essstörungen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Auch hier sind vor allem junge Frauen und Mädchen betroffen.

Weitere Informationen: losteria.net/de

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