Der Gottschallerhof in Rotthalmünster bei Passau, seit 1435 in Familienbesitz, wird nun biozyklisch-vegan bewirtschaftet: ohne Viehhaltung und ohne Düngung mit tierischen Exkrementen und Schlachtabfällen.
Wir sprachen im Interview mit Nikodemus Gottschaller, in dem er erklärt, was ihn zur Umstellung bewogen hat und warum es demnächst in seiner Biobäckerei auch das erste biozyklisch-vegan zertifizierte Brot geben wird.
Herr Gottschaller, erzählen Sie uns bitte von Ihrem Betrieb und wie die Produktionsweise abläuft.
Wir haben einen landwirtschaftlichen Betrieb mit eigener Hofbäckerei im Landkreis Passau in Niederbayern. Der Betrieb wird seit 1986 ökologisch bewirtschaftet. 1995 begann ich eine Bäckerei aufzubauen, welche jetzt eine Bio-Hofbäckerei ist. Wir beliefern Naturkostläden und den Großhandel mit Biobrot.
Die Landwirtschaft erzeugt einen kleinen Teil des Getreides für die Bäckerei, der Rest wird von Kollegen aus der Nachbarschaft zugekauft. Die Fruchtfolge auf unserem Betrieb startet mit überjährigem Rotklee, nach welchem Ölkürbis als Frühjahrsfrucht angebaut wird. Es handelt sich um den Steirischen Ölkürbis, der für unsere Backwaren verwendet und zu Kürbiskernöl gepresst wird. Das verkaufen wir an den Lebensmitteleinzel- und -Großhandel. Nach dem Kürbis kommt der Dinkel, gefolgt vom Roggen. Wir überlegen, auch Leinsamen in die Fruchtfolge zu integrieren.
Seit letztem Jahr wirtschaften Sie nach einem ganz besonderen Anbausystem, können Sie uns dazu näheres sagen?
Da wir sowieso keine Tierhaltung mehr betreiben – die gab ich im Jahr 2000 auf – lag es nahe, den Betrieb umzustellen. Wir sind dem Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e. V. beigetreten und jetzt seit gut einem Jahr biozyklisch-vegan zertifiziert. Damit produzieren wir das Kürbiskernöl nun nach den Vorgaben des biozyklisch-veganen Anbaus. Geplant ist auch die Zertifizierung der Bäckerei, so dass wir das erste biozyklisch-vegane Knäckebrot auf den Markt bringen können.
Was bereitet Ihnen besondere Freude an Ihrer Arbeit?
Besondere Freude bereitet mir das Entwickeln neuer Brote in der Bäckerei. In der Landwirtschaft ist das jedes Jahr eine neue Herausforderung. Kein Jahr ist wie das andere. Landwirtschaft erfordert sehr viel Feingefühl und Erfahrung. Obwohl man mit der Erfahrung auch nicht viel ausrichten kann, wenn sich die Schleusen des Himmels öffnen und es zu einem großen Hagelfall kommt. Wir hatten erst neulich einen heftigen Hagelschaden. Damit ist dann fast der ganze Jahresertrag weggehagelt. Das sind so die Herausforderungen, in der Landwirtschaft hat man eben nicht immer alles im Griff. Das Wetter kommt und geht und damit muss man leben. Man kann dadurch eine gewisse Demut verspüren.
Welche Motivation für den ökologischen Landbau ohne tierische Hilfsmittel steht bei Ihnen im Vordergrund bzw. was sind die Gründe für die Umstellung auf biozyklisch-veganen Anbau?
Ich ernähre mich seit fünf Jahren vegetarisch und, soweit es mir möglich ist, auch vegan. Im Großen und Ganzen habe ich mit der Tierhaltung noch nie etwas anfangen können. Mir tun die Tiere leid, ich kann sie nicht schlachten. Das ist für mich einfach eine Welt, die ich gar nicht brauche. Deshalb will ich auch keine tierischen Exkremente wie Gülle oder Mist auf meinen Flächen ausbringen. Wir können mit der Sonne und der Natur – den Pflanzen, die den Stickstoff und andere Nährstoffe im Boden binden – sehr gut produzieren und auch gute Erträge erzielen.
Welche Methoden wenden Sie zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit an?
Das ist der Klee, der den Stickstoff aus der Luft mit Hilfe der Knöllchenbakterien im Boden bindet. Auf meinem Kleefeld ist genug Stickstoff für die nächsten drei Jahre im Boden, bevor der ganze Prozess wieder von vorne anfängt. Wir nutzen den Klee auch, um andere Flächen zu düngen, d. h. der Klee wird abgemäht, mit dem Miststreuer gehäckselt und auf andere Flächen gefahren. Das hat eine hervorragende Stickstoffbilanz. Ich bin auch CO2-Landwirt und die nächsten Jahre wird noch mittels Bodenproben erforscht, wie unsere Humusbilanz aussieht.
Welche Potentiale sehen Sie in der biozyklisch-veganen Anbauweise?
Die Potentiale sind riesengroß, denn es wirtschaften eigentlich schon viele Betriebe auf diese Art und Weise. In Ländern wie Rumänien oder Ungarn, wo es traditionell sehr wenig Tierhaltung gibt, wirtschaftet der Ökolandbau schon länger so. Ich glaube, dass langsam auch immer mehr Leute mitbekommen, dass z. B. der gekaufte vermeintlich vegane Salat mit Horn- oder Knochenmehlen gedüngt wird, was viele Leute gar nicht wollen. Wir müssen andere Wege finden, um die Nährstoffkreisläufe zu verbessern und den Humusaufbau zu fördern.
Was würden Sie sich von der Kundschaft wünschen?
Ich würde mir natürlich wünschen, dass sie meine Kürbisprodukte oder mein Brot kaufen. Die Bäckerei ist zwar noch nicht zertifiziert, das streben wir aber an. Momentan gibt es noch Probleme hinsichtlich der Vermischung mit anderen Getreidesorten. In einem Brot verwenden wir noch Butter, die man leicht durch Margarine ersetzen kann, aber daran müssen wir noch ein bisschen arbeiten. Wir hoffen, dass wir dann auch biozyklisch-vegane Produkte herstellen können. Unser erster Versuch sind Olivenöl-Cracker gewesen und da möchten wir noch weiter dran arbeiten.
Wo sehen Sie Ihren Hof mit der Bäckerei in zehn Jahren?
Das kommt darauf an, welchen Nachfolger ich finde. In zehn Jahren bin ich 67. Unter meinen Kindern wird sich sicher jemand hervortun, der den Betrieb übernimmt. Abgesehen davon wird der ökoklogische Landbau ohne Zweifel weiterwachsen. Auch die biozyklisch-vegane Richtung muss wachsen, denn wie jeder weiß, kann die Tierhaltung die Menschheit schon jetzt nicht ausreichend ernähren. Es hungern so viele Menschen wie noch nie zuvor. Wissenschaftler haben immer gesagt, wir hätten den Welthunger im Griff, aber das Gegenteil ist der Fall. Der Hunger ist noch gewachsen, ebenso die Kriege. Wir sind dazu da, einen Weg aufzuzeigen, wie man es besser machen könnte. Auch die Thematik mit dem CO2 und der Klimaerwärmung ist zurzeit in aller Munde und da versuchen wir einiges zu verbessern.
Welche gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf die Landwirtschaft wünschen Sie sich?
Es wäre wünschenswert, wenn wieder mehr Leute in die Landwirtschaft einsteigen würden. Das würde sehr viel bringen. Es gibt immer mehr Solawi-Betriebe (Betriebe, die nach dem Konzept der Solidarischen Landwirtschaft wirtschaften) oder Projekte, wo sich die Leute ein paar Quadratmeter mieten können. Dann würden sie mal sehen, wie schwierig es ist, dem Boden Nahrung abzugewinnen.
Die heutigen Bauern sind hochmoderne Landwirte, die ihre Sache sehr gut machen, was immer wieder bewundernswert ist. Doch die Problematik der Pestizide und der Rückstände aus der Tierhaltung kann der einzelne Landwirt nicht lösen. Da wäre eigentlich die Politik gefragt, doch die tut herzlich wenig. Letztendlich sollte die Gesellschaft also wieder die Hände in den Boden stecken!
Herr Gottschaller, vielen Dank für das Gespräch.
Besuchen Sie auch: www.gottschallerbrot.de.