Gastbeitrag

Im Interview mit Veganz: „Vegane Produkte brauchen Marken mit Haltung und Zugänglichkeit“

Veganz gehört zu den bekanntesten Marken im veganen Lebensmittelmarkt – und entwickelt sich stetig weiter. Auf der OMR 2025 in Hamburg sprach Moritz Möller, Chief Marketing Officer des Unternehmens, mit uns über die Transformation vom Produktanbieter zum House of Brands, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Marketingalltag und darüber, wie man Verbrauchern ohne moralischen Zeigefinger erreicht.

Moritz, du bist auf der OMR – was genau machst du hier für Veganz?

Ich wurde von Mailchimp und Shopify eingeladen, über die Zukunft der Customer Experience zu sprechen – speziell im digitalen Handel. Wir haben vor etwa anderthalb Jahren selbst wieder einen eigenen Online-Shop aufgebaut, ebenfalls mit Shopify, und ich teile heute unsere Erfahrungen.

Veganz ist heute nicht mehr nur eine Marke, sondern umfasst mehrere Marken unter dem Dach der Veganz Group. Welche Marken gehören dazu?

Ja, wir haben uns zu einem „House of Brands“ entwickelt. Dazu gehören Happy Cheeze für Käsealternativen, Mililk für unsere Milchalternative aus dem 2D-Drucker, Peace of Earth für Fleischalternativen und Veganz für Süßwaren.

Veganz cmo moritz moeller
Moritz Möller © Veganz Group AG

Wie hat sich eure Markenstrategie in den letzten Jahren verändert?

Als ich angefangen habe, waren wir eine Multicategory-Marke für pflanzliche Lebensmittel – vom Frühstück bis zum Abendessen, inklusive Tiefkühlpizza, Proteinriegel, Süßwaren und Fleischalternativen. Nach dem Börsengang haben wir begonnen, eigene Produkte zu produzieren, z. B. unsere Milchalternativen. Heute differenzieren wir das auf einzelne Marken und legen den Fokus auf mentale und physische Verfügbarkeit – also: denken die Leute in der Kaufentscheidung an uns, und finden sie unser Produkt auch?

Welcher Marketingkanal ist dabei für euch besonders wichtig?

Aktuell liegt der Fokus stark auf organischem Social Media. Wir sehen, dass ein starkes Creative dort extrem viel Reichweite generieren kann – oft mit minimalem Investment. E-Mail-Marketing ist natürlich auch wichtig, gerade in der Bestandskundenkommunikation. Da haben wir keinen Algorithmus dazwischen – es geht um echte Beziehungen.

Der Funnel beginnt also auf Social Media?

Genau – Awareness oben, Conversion unten. Besonders effektiv ist Social Media, aber wir setzen auch auf Influencer, Paid Ads und weitere Kanäle.

Mililk banner 4 3
© Veganz Group AG

Wie ist das Verhältnis von Online-Shop und stationärem Handel?

Sehr partnerschaftlich. Wir sind mit allen relevanten Händlern im DACH-Raum im Austausch – LEH, Drogerie, Biofachhandel, Discount. Unser eigener Shop oder Plattformen wie Amazon oder TikTok Shop sorgen eher für zusätzliche Sichtbarkeit. Das wird auch von unseren Partnern positiv bewertet.

Ist das für euch ein „Test & Learn“-Ansatz oder Multichannel-Strategie?

Eher Optimierung. Wir schauen, wie wir besser werden können. Aber grundsätzlich brauchen wir breite Distribution – mentale und physische Verfügbarkeit. Das ist entscheidend.

Spielt dabei auch Künstliche Intelligenz eine Rolle?

Absolut. KI hilft uns, diese Vielfalt unserer Marken effizient zu managen. Seit Ende 2021, Anfang 2022 setzen wir KI in verschiedenen Bereichen ein. Mittlerweile geht es weniger um die Technologie an sich, sondern darum, wie wir Workflows effizienter gestalten können. Unser Team ist nicht im gleichen Tempo gewachsen wie unsere Marken – da hilft KI enorm.

Wie genau nutzt ihr KI im Marketing?

Wir verwenden KI, um auf Basis unserer Markenhandbücher und Zielgruppeninformation, schnell Content für verschiedene Kanäle zu generieren, den wir dann anpassen. Für jede Marke haben wir eigene Bots entwickelt, die uns helfen, schneller zu starten. Das entlastet unsere Prozesse enorm.

2025 05
© Veganz Group AG

Welche Segmente sind für euch am wichtigsten?

Fleisch-, Milch- und Käsealternativen sind große Märkte, die wir aktiv bedienen. Bei Käse sind wir mit dabei, die Kategorie mitzuentwickeln. Süßwaren sind für uns eine gute Möglichkeit, Menschen niedrigschwellig für klimafreundliche Ernährung zu gewinnen.

Wie entsteht heute bei euch ein neues Produkt und welche Rolle spielt KI in dem Kontext?

Unsere Produktentwicklung recherchiert Markttrends und Themen im veganen Bereich. Gleichzeitig sind wir stark in der Community vernetzt. Es gibt verschiedene Teams, die gemeinsam Ideen evaluieren – nach Marktfähigkeit, Innovationspotenzial etc. KI nutzen wir besonders in der Marktforschung – bei Umfragen oder Wettbewerbsanalysen. Auch für Ideengenerierung ist KI ein super Tool. Wir waren da früh dabei.

Wie steht ihr zur Diskussion um hochverarbeitete vegane Produkte?

Wir setzen auf Clean Label – möglichst geringe Verarbeitungsstufen, Bio-Zertifizierung. Hochverarbeitete Produkte stehen teilweise zu Recht in der Kritik. Uns ist wichtig, dass vegane Ernährung auch gesund ist.

Orbifarm
OrbiFarm © Veganz Group AG

Ihr investiert auch in Farming-Technologie. Was steckt hinter OrbiFarm?

Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut haben wir eine Indoor-Farming-Anlage entwickelt, die nicht vertikal, sondern wie ein Band funktioniert – energieeffizient, mit Sonnenlicht. Damit bauen wir z. B. Erbsen an, die wir vollständig verwerten und zu Produkten wie „Peace on Earth“ weiterverarbeiten. Wir betreiben die Farmen nicht selbst, sondern haben starke Partner.

Ist das ein Gegenmodell zur regenerativen Landwirtschaft?

Nein, eher eine Ergänzung. Vertical Farming kann besonders dort helfen, wo klassische Landwirtschaft schwierig ist – etwa in trockenen Regionen. Es spart Wasser und ermöglicht lokale Proteinproduktion. Es geht nicht gegen regenerative Ansätze, sondern gegen industrielle Tierhaltung.

Wie blickst du auf die Zukunft pflanzlicher Ernährung?

Klimawandel bleibt ein drängendes Thema – und Ernährung ist ein zentraler Hebel. Ich glaube, wir werden Preisparität oder sogar günstigere pflanzliche Produkte sehen. Die Qualität wird durch Technologie weiter steigen, z. B. Fermentation.

Pflanzliche Produkte sind skalierbar und heute schon marktfähig – im Gegensatz zu kultiviertem Fleisch, das noch viele Hürden überwinden muss. Marken werden auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Sie bieten Orientierung, Identifikation – gerade bei einem so emotionalen Thema wie Essen. Eigenmarken allein reichen dafür nicht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieser Artikel wurde von Nils Knoop, Gastautor bei vegconomist, verfasst. Mit fast zwei Jahrzehnten Erfahrung in den Bereichen Marketing und Markenaufbau hat Nils Knoop mit globalen Marken wie Nike, Ben & Jerry’s und Seventh Generation zusammengearbeitet und sich auf wirkungsvolles Storytelling und nachhaltigkeitsorientierte Kampagnen spezialisiert. Als Mitbegründer von Apollonia und Berater für HEYHO bringt er fundiertes Fachwissen in den Bereichen ethisches Branding und soziale Verantwortung mit.v

Teilen

Newsletter

Entscheidendes für Entscheider: Erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten News aus der veganen Wirtschaft per E-Mail!

Kostenlos Abonnieren!

Börsennotierte Unternehmen

Hier finden Sie eine Liste von über 80 börsennotierten Unternehmen, über die wir in der Vergangenheit berichtet haben. Mit direkten Links, um alle Artikel zu den einzelnen Unternehmen zu lesen.