Interviews

Im Interview mit Riku Väänänen vom Weingut Château Puybarbe: „Ich glaube, dass der biozyklisch-vegane Anbau als Vorbild dienen kann, wie erstklassiger Wein umweltfreundlich und tierleidfrei produziert werden kann“

Riku und Anna Väänänen sind ein finnisches Ehepaar, das in Côtes de Bourg, Bordeaux, zu Winzern wurde. Sie produzieren vier verschiedene Rotweine und den Rosé „Annabel“. Bei Decanter WineEnthusiast und anderen renommierten Bewertungsportalen erzielen alle ihre Weine Punktzahlen von über 90/100. Das Paar hatte in multinationalen Unternehmen Karriere gemacht und lebte in der Schweiz, bis es sich 2016 entschloss, seiner Passion für die Landwirtschaft nachzugehen und in den Weinbau einzusteigen.  

Im Interview berichtet Riku Väänänen von seinem inspirierenden Weg – von der Neuausrichtung seines Lebens bis hin zur Einführung eines bahnbrechend neuen landwirtschaftlichen Ansatzes auf seinem Weingut Château Puybarbe. Riku spricht ausführlich von seiner Begeisterung für die Natur, die Regeneration der Böden, den ökologischen Landbau und den Veganismus und erklärt, warum er sich dazu entschieden hat, seinen Betrieb nach den Biozyklisch-Veganen Richtlinien zertifizieren zu lassen und warum er den biozyklisch-veganen Anbau mit vollem Engagement unterstützt.

Riku, danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Was war der Beweggrund dafür, Ihrem Leben eine ganz neue Ausrichtung zu geben und sich dem biozyklisch-veganen Anbau zu widmen?

Vielen Dank für die Einladung zu diesem Gespräch. Meine Reise begann mit meiner tiefen Verbundenheit zur Natur und dem Wunsch, im Einklang mit unserer Umwelt zu leben. Mir wurde schon früh bewusst, dass unsere Entscheidungen – insbesondere was unseren Konsum betrifft – erhebliche Auswirkungen auf den Planeten haben.

Die Investition in Château Puybarbe war für mich nicht nur eine geschäftliche Entscheidung, sondern auch ein persönliches Bekenntnis zu einem nachhaltigen Lebensstil, der nachhaltige Praktiken, die Regeneration des Bodens und das Wohlergehen aller Lebewesen in den Vordergrund stellt. Diese Umorientierung ermöglichte es mir, meine Liebe zur Natur mit meinem Wunsch zu verbinden, einen wirklich ethischen und hochwertigen Wein zu produzieren.

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Riku und Anna Väänänen © Château Puybarbe

Ihr Engagement für die Natur ist offensichtlich. Können Sie erklären, wie dieses Ihre Arbeit im Weinberg und Ihre Methoden zur Bodenregeneration beeinflusst?

Der Boden ist die Grundlage allen Lebens. Bei Château Puybarbe behandeln wir ihn wie einen lebendigen Organismus, der gepflegt werden muss, um zu gedeihen. Unser Ziel ist es, ein ausgeglichenes Ökosystem zu schaffen, das sich dauerhaft selbst erhält.

Wir setzen auf biologische Düngemittel, natürliche Bodenverbesserer und Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität. Jeder Schritt in unserem Prozess – vom Anbau der Trauben bis zum fertigen Wein – spiegelt unser Engagement für die Verbesserung der Gesundheit und Vitalität des Bodens wider. Um Ihnen einige Beispiele zu nennen: Unsere Weinetiketten bestehen aus Papier, das aus nachhaltig zertifizierten Wäldern stammt (sehr schwer zu finden), und unser neuester Traktor wird mit 100 % pflanzlichem Kraftstoff betrieben. Wir dienen als Testplattform für einen Traktorenhersteller.

Betrachtet man die gesamte Lieferkette von Wein, so kann ein Produzent etwa 65 % des CO₂-Fußabdrucks beeinflussen. Der Rest entfällt auf Logistik, Geschäfsräume und die Emissionen der Verbraucher, wenn sie zu ihrem Weinladen fahren. Auch in der Logistik setzen wir an: Wir reduzieren das Gewicht der Flaschen und prüfen alternative Verpackungen wie „Bag-in-Box“ anstelle von Glas.

Sie haben sich klar für den ökologischen Anbau und vegane Prinzipien ausgesprochen. Wie haben Ihre persönlichen Werte Ihre Entscheidung beeinflusst, sich für den biozyklisch-veganen Anbau einzusetzen?

Meine persönlichen Werte waren schon immer mit einem tiefen Respekt für alle Lebewesen verbunden. Je mehr ich mich mit den Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass ich einen anderen Weg gehen wollte. Die Umstellung auf ökologische Anbaumethoden war ein logischer Schritt, aber mir war das nicht genug. Ich wollte sicherstellen, dass jeder Aspekt unserer Produktion – vom Boden bis zur Flasche – frei von tierischen Substanzen ist.

Deshalb haben wir uns für den biozyklisch-veganen Anbau entschieden. Es geht nicht nur darum, tierische Nebenprodukte während der Verarbeitung zu vermeiden, sondern ein System zu schaffen, das in jeder Produktionsphase Umwelt und Tiere gleichermaßen respektiert. Dieser ganzheitliche Ansatz entspricht genau meiner Vision einer nachhaltigen Zukunft.

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© Château Puybarbe

Was hat Sie dazu bewogen, Ihren Betrieb nach den Biozyklisch-Veganen Richtlinien zertifizieren zu lassen, und was bedeutet diese Zertifizierung für Sie?

Die Entscheidung für die Biozyklisch-Veganen Richtlinien war für uns ein bedeutender Schritt. Diese Zertifizierung ist weit mehr als nur ein Label – sie ist ein Beweis für unser Engagement für die höchsten ethischen und ökologischen Standards in der Landwirtschaft. Sie bestätigt, dass unsere Praktiken nicht nur ökologischen Prinzipien entsprechen, sondern auch konsequent frei sind von Tierausbeutung.

Nachhaltigkeit beginnt im Weinberg, wo der Schutz des Bodens, der Biodiversität und des gesamten Ökosystems oberste Priorität hat. Diese Zertifizierung gibt unseren Kunden und Partnern die Gewissheit, dass jeder Schritt unseres Prozesses, vom Weinanbau bis zur Weinherstellung, diesen strengen Grundsätzen entspricht. Für mich persönlich bedeutet sie die perfekte Verbindung meiner Begeisterung für die Umwelt mit meinem Anspruch an eine ethische Produktion.

Ihr Weingut Château Puybarbe arbeitet bereits seit langem nach ökologischen und veganen Prinzipien. Dennoch dürfen Ihre Weine erst ab 2025 das offizielle Biozyklisch-Vegane Gütesiegel in seiner Vollversion tragen. Können Sie uns erklären, warum dieser Übergangszeitraum erforderlich war und wie Sie damit umgehen?

Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Obwohl wir unsere Weine schon seit jeher nach ökologischen und veganen Prinzipien produzieren, haben wir uns erst 2021 für eine Zertifizierung entschieden. Nun sieht die EU-Öko-Verordnung bei Dauerkulturen wie Wein eine dreijährige Umstellungsphase nach der ersten Kontrolle vor. Das bedeutet, dass wir unsere Weine erst ab der Ernte 2024 mit dem offiziellen EU-Öko-Siegel und dem grünen Biozyklisch-Veganen Gütesiegel kennzeichnen dürfen. Bis dahin waren wir verpflichtet, das graue Übergangslabel „Erzeugt in Vorbereitung auf die biozyklisch-vegane Zertifizierung“ zu verwenden, um Transparenz zu gewährleisten.

Nun freue ich mich, mitteilen zu können, dass unser Jahrgang 2024 erfolgreich die EU-Öko-Zertifizierung erhalten hat. Das bedeutet, dass wir ab diesem Jahrgang offiziell sowohl das EU-Öko-Siegel als auch die vollständige grüne Version des Biozyklisch-Veganen Gütesiegels verwenden dürfen. Der erste Wein, der beide Siegel trägt, ist unser Rosé Annabel 2024, der bald erhältlich sein wird. Aufgrund der Reife- und Lagerzeiten von Wein wird die offizielle Vermarktung zertifizierter Jahrgänge erst nach und nach erfolgen. Doch unabhängig von der Kennzeichnung haben wir uns vom ersten Tag an konsequent an unsere biozyklisch-veganen Grundsätze gehalten, und unsere Kunden können sicher sein, dass alle unsere Jahrgänge nach diesen Standards erzeugt wurden.

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© Château Puybarbe

Sie haben erwähnt, dass eine echte ökologische und vegane Qualität im Weinberg beginnt. Könnten Sie uns etwas näher erläutern, wie die biozyklisch-vegane Landwirtschaft diese Philosophie konkret umsetzt?

Auf jeden Fall. Viele gehen davon aus, dass es bei der Herstellung eines veganen Weins lediglich darum geht, Verarbeitungshilfsstoffe tierischen Ursprungs zu vermeiden. Meiner Meinung nach muss jedoch bereits im Weinberg der Grundstein für ein wirklich biologisches und veganes Produkt gelegt werden.

Der biozyklisch-vegane Anbau stellt sicher, dass die Trauben in einem ganzheitlich bewirtschafteten Ökosystem angebaut werden. Das bedeutet, den Boden zu pflegen, die biologische Vielfalt zu schützen und nur natürliche, pflanzliche Betriebsmittel zu verwenden. Natürlich sind auch Wildtiere wie Vögel, Fledermäuse, Rehe, Wildschweine und Kaninchen in den Weinbergen willkommen, obwohl es sich beim biozyklisch-veganen Anbau um einen Ansatz handelt, der völlig frei von Nutztieren und tierischen Betriebsmitteln ist. Es handelt sich um ein Gesamtsystem, das sicherstellt, dass das Endprodukt mit Respekt für alles Leben erzeugt wurde. Durch die Einhaltung dieser Grundsätze können wir wirklich behaupten, dass unser Wein im wahrsten Sinne des Wortes ökologisch und vegan ist.

Können Sie uns einige konkrete Praktiken bei Château Puybarbe nennen, die Ihr Engagement für biozyklische vegane Landwirtschaft und nachhaltige Bewirtschaftung von Weinbergen widerspiegeln?

Aber sicher. Bei Château Puybarbe haben wir mehrere Praktiken integriert, die den biozyklische veganen Prinzipien entsprechen. So reichern wir beispielsweise unseren Boden mit natürlichem Kompost und pflanzlichen Zusatzstoffen an und lassen im Winter Bodenbedecker wachsen, um sicherzustellen, dass keine synthetischen oder tierischen Substanzen das Ökosystem beeinträchtigen. Wir schaffen vielfältige Lebensräume im Weinberg, um Nützlinge und Wildtiere zu fördern, die wiederum zur natürlichen Schädlingsbekämpfung beitragen.

Darüber hinaus wird jede Entscheidung – von der Auswahl der Bodenbedeckung bis hin zur Art und Weise, wie wir die Reben in jedem Weinberg beschneiden – mit dem Ziel getroffen, das natürliche Gleichgewicht der Umwelt zu verbessern. Diese Praktiken führen nicht nur zu gesünderen, ausdrucksstärkeren Trauben, sondern schaffen auch ein widerstandsfähiges Ökosystem, das die Grundlage bildet für eine nachhaltige Landbewirtschaftung.

Die Umsetzung solcher ganzheitlicher Praktiken ist oft mit Herausforderungen verbunden. Auf welche Hindernisse sind Sie gestoßen und wie haben diese Ihre Vision für die Zukunft der biozyklischen veganen Weinherstellung beeinflusst?

Die Umstellung auf einen vollständig biozyklischen-veganen Ansatz ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung – technisch, finanziell und sogar kulturell. Auf diesem Weg mussten wir ständig innovativ sein und manchmal auch altbewährte Methoden überdenken. Diese Herausforderungen haben jedoch meinen Glauben an die langfristigen Vorteile unseres Ansatzes nur noch verstärkt.

Jedes Hindernis hat uns dazu gebracht, enger mit der Natur zusammenzuarbeiten und unsere Techniken zu verfeinern, um sicherzustellen, dass wir die strengen Standards des biozyklischen-veganen Landbaus nicht nur erfüllen, sondern übertreffen. Diese Erfahrungen haben uns in unserer Entschlossenheit bestärkt und unsere Vision geschärft: Wir wollen in der Branche mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass eine nachhaltige, ethische Weinherstellung nicht nur möglich sondern auch profitabel ist.

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© Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V.

Wie sehen Sie die Zukunft des biologischen und veganen Weinbaus, insbesondere in einer so traditionsreichen Region wie Bordeaux?

Ich bin sehr optimistisch. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und ethische Produktion wächst weltweit, und immer mehr Verbraucher verlangen nach Produkten, die diesen Werten entsprechen. Bordeaux ist eine Region mit tief verwurzelten Traditionen, aber gerade hier liegt eine große Chance: Wir können bewährte Methoden mit innovativen, nachhaltigen Ansätzen kombinieren.

Ich glaube, dass der biozyklisch-vegane Anbau als Vorbild dienen kann, wie erstklassiger Wein umweltfreundlich und tierleidfrei produziert werden kann. Durch Innovation und hohe Standards können wir die gesamte Branche inspirieren, nachhaltige Praktiken zu übernehmen und so eine bessere Zukunft für unseren Planeten und kommende Winzergenerationen zu sichern.

Welchen Rat würden Sie angehenden jungen Winzern mit auf den Weg geben, die sich für Nachhaltigkeit und ethische Praktiken einsetzen und in Ihre Fußstapfen treten möchten?

Ich würde ihnen raten, von Grund auf zu beginnen – mit dem Land selbst. Sie müssen verstehen, dass die Gesundheit ihrer Böden und die Biodiversität in ihren Weinbergen für die Herstellung eines qualitativ hervorragenden Weins von entscheidender Bedeutung sind.

Sie sollten Zeit in das Erlernen ökologischer Praktiken investieren und Zertifizierungen wie z. B. nach den Biozyklisch-Veganen Richtlinien in Erwägung ziehen, die sie zu einer ethischen Produktionsweise anleiten und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden stärken. Sie sollten kontinuierlich an Verbesserungen arbeiten und immer geduldig bleiben. Eine nachhaltige und ethische Produktion ist eine Reise, und jeder kleine Schritt, den sie unternehmen, kann langfristig einen großen Unterschied machen

Abschließend: Was ist Ihre persönliche Botschaft an diejenigen, die Wert auf biologische und vegane Prinzipien in allen Lebensbereichen legen?

Ich möchte betonen, dass echte Nachhaltigkeit ganzheitlich ist. Es reicht nicht aus, tierische Nebenprodukte bei der Verarbeitung zu vermeiden; der gesamte Weg – von der Pflege des Bodens bis hin zum Anbau der Reben – muss geprägt sein vom Respekt für die Natur und all ihre Bewohner.

Indem wir unsere Praktiken an der Natur ausrichten und strenge Standards wie die der Biozyklisch-Veganen Richtlinien anwenden, stellen wir Produkte von höchster Qualität her, sowohl in ethischer als auch in ökologischer Hinsicht. Ich hoffe, dass unser Engagement bei Château Puybarbe andere dazu inspiriert, Praktiken zu übernehmen, die gut sind für unseren Planeten und uns in eine nachhaltigere Zukunft führen.

Vielen Dank, Riku, für Ihre wertvollen Einblicke. Ihr Werdegang zeigt eindrucksvoll, wie Leidenschaft, Konsequenz und nachhaltiges Handeln eine ganze Branche neu definieren können.

Vielen Dank. Es war mir ein Vergnügen, unsere Geschichte mit Ihnen teilen zu dürfen. Ich hoffe, dass unsere Arbeit bei Château Puybarbe auch weiterhin andere dazu inspiriert, ethische und nachhaltige Praktiken zu anzuwenden, die sowohl den Menschen als auch dem Planeten zugutekommen.

Weitere Informationen: chateaupuybarbe.com

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