Interviews

Lotao: „Wir wollten eine umweltfreundliche und sozial verantwortliche Lieferkette für die Produktion von bio-zertifizieren Jackfruits in Indien aufbauen“

Lotao hat sich seit der Gründung im Jahr 2011 zum Ziel gesetzt, ursprüngliche sowie fair produzierte Lebensmittel aus dem asiatischen Raum aufzuspüren und für jedermann zugänglich zu machen. Seither bringt der Lebensmittelproduzent von exotischen, ehrlichen und nachhaltig produzierten Produkten Abwechslung in die vegane Küche. Gründer Stefan Fak selbst machte sich zunächst als erster Risolier (Experte für Reis) einen Namen. Heute umfasst das Lotao Sortiment neben Reisspezialitäten auch Bio-Zuckerspezialitäten und eine einzigartige Jackfruit- und Snack-Auswahl. So umfasst das vielfältige Angebot zum Beispiel die praktisch leckeren und 100% natürlichen Bio-Snackpots, die würzig scharfen Veggie Balls und das Veggie Hack auf Basis von Erbsenprotein und Jackfruit.

Vor gut einem Jahr setzte sich Lotao das Ziel, eine umweltfreundliche und sozial verantwortliche Lieferkette für die Produktion von einheitlichen, bio-zertifizierten und qualitativ hochwertigen Jackfruits von Kleinbauern in Indien aufzubauen. Und das mit Erfolg: Insgesamt wurden bis dato 15.000 Bäumen zur Anpflanzung verteilt, 103 der involvierten Jackfruit-Farmer Bio-zertifiziert, 346 Farmer über den Bio-Anbau geschult und Verteilzentren sowie neue Kühllager zur Lagerung sowie besseren Logistik eingerichtet. Wir wollten von Lotao-Gründer Stefan Fak mehr über dieses wegweisende Entwicklungsprojekt erfahren und sprachen mit ihm über die aktuellen Herausforderungen und bisherigen Erfolge in Indien.

Herr Fak, was war das Ziel Ihres Projektes?

Lotao-Gründer und Geschäftsführer Stefan Fak © LPP Lotao Pack-und Produktions GmbH

Der Jackfruit haftete traditionell der Ruf der „Frucht der armen Leute“ an, wodurch es bisher keinen strukturierten Anbau und nur wenige Bäume gab, die vorranging für den Eigenbedarf genutzt wurden. Aus diesem Grund wollten wir eine umweltfreundliche und sozial verantwortliche Lieferkette für die Produktion von einheitlichen, qualitativ hochwertigen und bio-zertifizieren Jackfruits von KleinbäuerInnen in Indien aufbauen. Somit haben wir uns für das Entwicklungsprojekt entschieden, das gemeinsam mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) sowie der Agrarstiftung Phaladaayi Foundation in Bangalore unterstützt und umgesetzt wird.

Inwiefern profitieren die FarmerInnen von Ihrer Unterstützung?

Das Entwicklungshilfeprojekt ist eine starke Maßnahme, die uns als Partner mit den FarmerInnen und der Kooperative vor Ort verbindet. Die Auswirkungen vom Projekt sind sehr facettiert. Zum einen bekommen die FarmerInnen eine Chance auf neue Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen, zum anderen wird die Umwelt langfristig profitieren.

Wie viele FarmerInnen sind in dem Projekt involviert?

Die Anzahl der Jackfruit FarmerInnen in der Kooperative ist von 80 auf 139 gestiegen. Besonders freuen wir uns darüber, dass sie einen Jackfruit-Verkaufsanstieg um 50% verzeichnen können.

Ist es leicht, Bio-Jackfruit-Lieferanten / FarmerInnen zu finden und arbeiten Sie ausschließlich mit der Kooperative in Südindien zusammen?

Es ist nicht einfach, gute und verlässliche Bio-Jackfruit-LieferantInnen zu finden. Bereits seit einigen Jahren arbeiten wir mit einer Agrarforschungsstiftung und einer Kooperative in Indien zusammen – bestehend aus mehreren hundert FarmerInnenin der Region um Karnataka. Die Jackfruit ist dort integrativer Bestandteil der Feldbewirtschaftung – es gibt keine Jackfruit-Monokulturen, sondern der Anbau wird mit der Produktion von Mango, Kakao, Gewürzen oder Tees kombiniert.

Wie viele Bio-Zertifizierungen konnten Sie in dem Rahmen des Projekts bisher erreichen?

Wir haben es geschafft, 103 der involvierten Jackfruit FarmerInnen mit Bio-Zertifizierung zu versehen. Zudem wurden bis dato insgesamt 15.000 Bäume zur Anpflanzung verteilt, 346 FarmerInnen über den Bio-Anbau geschult und Verteilerzentren sowie neue Kühllager zur Lagerung sowie besseren Logistik eingerichtet.

Wie geht es nach dem Entwicklungshilfeprojekt weiter – für Sie, Ihre Produkte und für die FarmerInnen aus der Kooperative?

Wir haben Logistik- und Administrationsprozesse (Digital Administration System), Anlagen, Verteilung der Bäume, FarmerInnen- und Personalschulungen vorfinanziert und mit den PartnerInnen vor Ort aufgesetzt und eingeführt. Das Ganze, inklusive der Logistik-, Lager-und Produktionsräume, wird von den KooperationspartnerInnen nun weitergeführt und soll weiterhin ausgebaut werden.

Das große Ziel des Projekts bestand darin, den FarmerInnen den Zugang zu den neuen Anbaumethoden zu ermöglichen, sie mit Arbeitsmitteln zu versorgen und die Logistikkette (vom Jackfruit-Baum bis zu den KundInnen) effizient und konkurrenzfähig einzurichten, damit sie davon langfristig und nachhaltig profitieren und gleichzeitig die steigende Nachfrage bedienen können – und das haben wir geschafft. Die Anlage für Tierfutter und Kompost soll nun an die Kooperative unentgeltlich übergehen. Wir bleiben natürlich mit den beiden KooperationspartnerInnen im Kontakt und behalten die weiteren Entwicklungen des Projektes im Auge. Die Verantwortung verbleibt bei der Kooperative vor Ort.

© LPP Lotao Pack-und Produktions GmbH

In welcher Form gelangt die Jackfruit nach Deutschland?

Die Ware kommt mit dem Schiff nach Deutschland. Dies ist uns besonders wichtig, da verglichen mit den „Last-Mile-Emissionen“ per LKW und Auto selbst der Transport in großen Mengen per Seecontainer relativ weniger problematisch ist als beispielsweise der Transport von Lebensmitteln per LKW aus Süditalien. Auch Lufttransporte wirken sich stark negativ auf den Carbon Footprint aus – diese werden für die Jackfruit jedoch nicht angewendet.

Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile von Jackfruits aus dem Entwicklungshilfeprojekt gegenüber konventionell gehandelten?

Konventionelle Jackfruits stammen oft aus großen Plantagen und Monokulturen. Besonders Großunternehmen aus Malaysia und in Thailand versuchen den Exportmarkt unter Kontrolle zu bringen. Die Lotao Bio Jackfruit stammt aus den Westghats, die als „biodiversity hotspot“ angesehen werden und Ursprung vieler Gewürze sind. Mit der Bio-Zertifizierung, und seit 2020 auch mit der zusätzlichen Naturland-Zertifizierung der Lotao Jackfruit, bekommen wir gemeinsam mit den Kleinbauern eine starke Chance, am Markt zu bestehen.

Gibt es aktuell Lieferengpässe aufgrund der Corona-Krise? Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation im Allgemeinen – ist der Warenfluss gesichert?

Es gab im indischen Verarbeitungsbetrieb tatsächlich einige Corona-Fälle, die zu zeitweiligen Betriebsschließungen geführt haben und ebenso natürlich Behinderungen beim Transport. Unsere Kooperative hat jedoch auf ein 2-Schicht–System umgestellt und konnte so den Betrieb wieder ungehindert aufnehmen. Auch konnten wir durch unsere bereits in Deutschland eingetroffene Lagerware einige Schwankungen gut ausgleichen. Insofern gab es zwar manchmal kleine Engpässe, die wir aber gut überstanden haben.

Wie schätzen Sie das Potenzial der Jackfruit wirtschaftlich ein? Hat Jackfruit eine wirtschaftliche Bedeutung für weitere, andere Lebensmittelsektoren und die Industrie?

Wir sehen ein großes Potenzial in der Jackfruit, da diese vielseitig einsetzbar ist und wir die unterschiedlichsten, küchenfertigen Gerichte damit herstellen können. So lässt sich ganz einfach und praktisch auch in Fertiggerichten das Fleisch mit der nahrhaften veganen Alternative austauschen. Auch können Catering-Dienste und Großküchen davon profitieren.

Herr Fak, vielen Dank für das informative Gespräch!

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