Kultiviertes Fleisch

Deutsche Forscher spinnen lebende Fasern, um die Zukunft von kultiviertem Fleisch zu gestalten

Das DWI – Leibniz-Institut für interaktive Materialien hat ein neues Patent veröffentlicht, das ein Faserspinnverfahren beschreibt, das die Herstellung von kultiviertem Fleisch und die Bildung seiner Textur revolutionieren könnte. Die Anmeldung beschreibt ein skalierbares Verfahren zur Herstellung essbarer Fasern, die bereits lebende Zellen enthalten, sodass sich Struktur und Gewebe in einem kontinuierlichen Schritt entwickeln können.

In einem Exklusivinterview erklärte der leitende Forscher Rahman Omidinia Anarkoli, wie die Erfindung Zellen, essbare Mikroträger und ein vernetzbares Gel kombiniert, die durch eine Kern-Schale-Düse zusammen gesponnen werden. Die Zellen wachsen im Inneren der Hohlfasern und richten sich dabei auf natürliche Weise entlang der Länge jedes Strangs aus, ähnlich wie Muskelgewebe in der Natur. Nach der Kultivierung können die Fasern zu strukturierten, marmorierten Fleischstücken gebündelt werden.

„Wir wollten die Technik rund um das Gewebewachstum neu überdenken“, sagt Rahman Omidinia Anarkoli. „In der Gewebetechnik wissen wir bereits, wie man Zellen in 3D züchtet – die Herausforderung besteht darin, dies effizient zu skalieren. Unser Ansatz macht den Prozess kontinuierlich, praktisch und für die Produktion in größerem Maßstab geeignet.“

Von Gerüsten zu selbstorganisierenden Fasern

Im Gegensatz zu herkömmlichen Top-down-Methoden, bei denen zuerst ein Gerüst aufgebaut und später mit Zellen besiedelt wird, verfolgt das DWI einen Bottom-up-Ansatz. Dabei werden die Zellen von Anfang an in die Struktur integriert, sodass sie sich selbst organisieren und innerhalb der Faser entwickeln können.

„Die Fasern wirken wie Miniatur-Bioreaktoren“, erklärt Omid. „Die Zellen haben Platz, Schutz und Zugang zu Nährstoffen, während sie auf natürliche Weise Gewebe bilden. Es ist nicht nur ein Gerüst – es ist eine lebende Wachstumsumgebung.“

© nus
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Dieses Design könnte dazu beitragen, zwei hartnäckige Hürden bei kultiviertem Fleisch zu überwinden: Produktionskosten und realistische Textur. Jede Faser fungiert sowohl als Wachstumsgefäß als auch als Struktureinheit, was die Handhabung vereinfacht, den Ertrag pro Volumen erhöht und die Prozesszeit verkürzt.

Die Idee von essbaren, zellunterstützenden Gerüsten hat in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung gewonnen. Anfang dieses Jahres entwickelten Forscher in Singapur Pflanzenprotein-Gerüste, um die Zellhaftung und Texturbildung zu verbessern, während in Deutschland The Cultivated B mit DenovoMatrix zusammenarbeitete, um mikroträgerbasierte Systeme für die großtechnische Produktion von kultiviertem Fleisch voranzutreiben. Die Methode von DWI baut auf dieser Dynamik auf und führt einen kontinuierlichen Spinnansatz ein, der beide Konzepte – skalierbares Mikroträgerwachstum und essbares Strukturdesign – in einem einzigen Prozess vereint.

Zusammenarbeit und Ausblick

DWI testet das System derzeit mit verschiedenen Zelltypen und Zusammensetzungen und lädt Industriepartner ein, mit ihren eigenen Kulturen und Medienformulierungen zu experimentieren. „Zusammenarbeit ist unerlässlich“, betont Omid. „Es gibt großartige Innovationen in den Bereichen Zellen, Medien und Verarbeitung, aber diese finden oft isoliert statt. Wir möchten diese Bemühungen miteinander verbinden und zeigen, wie integrierte Systeme wie dieses den gesamten Bereich vorantreiben können.“

Bei erfolgreicher Skalierung könnte die Faserspinnplattform einen neuen Weg zu erschwinglichem, strukturiertem kultiviertem Fleisch eröffnen – einem Weg, der Wachstum und Texturbildung in einem einzigen Prozess vereint. Ihr Potenzial reicht jedoch über Lebensmittel hinaus. Das gleiche Prinzip könnte auf zellbasierte Inhaltsstoffe, Biomaterialien und regeneratives Gewebe angewendet werden und somit ein vielseitiges neues Werkzeug für die gesamte Biofabrikationsindustrie bieten.

Lesen Sie den vollständigen Artikel und das Interview unter Lab Grown Technologies.

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