International

World Food Convention 2019 gibt Impulse zu Produktinnovation und Digitalisierung für zukunftsfähige Ernährung

Die diesjährige internationale World Food Convention 2019, die bereits zum dritten Mal vom Tagesspiegel organisiert wurde, fand am 7. Mai in den Berliner BOLLE-Festsälen statt. In einem regen Austausch von Wissenschaftlern, Politikern, Aktivisten und Unternehmern zog sich vor allem die Einstimmigkeit der Teilnehmer zu einem Hauptaspekt als roter Faden durch die Veranstaltung: Die Probleme mit Blick auf ein nachhaltiges globales Ernährungssystem bestehen nicht aufgrund fehlender Erkenntnisse weiter, sondern sind vielmehr auf ein fortbestehendes Handlungsdefizit zurückzuführen.

Bedeutung des Privatsektors und transparenter Handelsketten

Eröffnet wurde die Konferenz mit einer Grundsatzrede David Beasleys, Executive Director des World Food Programme, in der er auf die fließenden Grenzen zwischen humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit aufmerksam machte und sich für eine noch stärkere Einbindung des Privatsektors zu einer nachhaltigen Bekämpfung von Hunger aussprach.

Dem schloss sich auch der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller an und sprach über die Notwendigkeit zertifizierter und transparenter Handelsketten für importierte Lebensmittel, um Landwirten auch international eine angebrachte Entlohnung zu gewährleisten. Als Beispiel für ähnliche Projekte in einem anderen Sektor nannte er das von ihm selbst im Jahr 2014 initiierte Textilbündnis, das sich als Partnerschaft von rund 130 Unternehmen, Verbänden, NGOs, Gewerkschaften, Standardorganisationen und der deutschen Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der gesamten Textil-Lieferkette zu erreichen.

Stärkung kleiner Landwirtschaftsbetriebe durch Digitalisierung und Innovation

In dem folgenden Expertenpanel zu Ernährungssicherheit wurde über unterschiedliche Herausforderungen und Potenziale einer nachhaltigen Ernährung in Industrieländern auf der einen Seite und Entwicklungs- und Schwellenländern auf der anderen Seite diskutiert.

Annalisa Conte, die die Direktion des World Food Programme in Kenia leitet, erläuterte, dass die Landwirtschaft mehr denn je ein „risky business“ sei, da sich der Klimawandel durch starke Wettererscheinungen negativ auf die Erträge auswirken könne, was wiederum zu stark schwankenden Preisen führe. Dies befeuere einen Teufelskreis, in dem wenig Interesse für Investitionen in diesem Sektor dafür sorgen, dass Landwirte sich noch weniger an die Veränderung der klimatischen Bedingungen anpassen könnten und somit noch stärkeren Risiken ausgesetzt seien.

Sie rief zu einer stärkeren Förderung insbesondere kleiner Betriebe in entlegenen und auch unfruchtbaren Gebieten auf, die nicht nur durch technologische Innovationen wie zum Beispiel Vertical Farming in besonders trockenen Regionen, sondern auch durch innovative Ideen wie Mikroversicherungen als Absicherung gegen Missernten und effizientere Handelsketten zu erreichen sei.

Anbieter müssen Wunsch nach mehr Transparenz nachkommen

Fabio Ziemssen, der als Direktor im Bereich Food Innovation bei NX-Food der Metro AG fungiert, verdeutlichte, dass durch die Digitalisierung und das wachsende Interesse der Konsumenten an der Herkunft und Produktionsweise ihrer Lebensmittel in Industrieländern die Notwendigkeit bestehe, transparent über die Produktion zu informieren und die Distanz zwischen dem Point of Production und Point of Sale zu minimieren, wie es zum Beispiel bei Vertical Farming möglich sei.

Neben der großen Bereicherung durch innovative Ideen durch Startups, wie z.B. im Bereich alternativer Proteinquellen, sei man auf Anbieterseite auch dazu verpflichtet, auch jene Zielgruppen über gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen der Lebensmittelindustrie zu informieren, die nicht sowieso bereits aufgrund persönlichen oder professionellen Engagements umfangreiche Kenntnisse in diesem Bereich aufweisen. Im Rahmen des Panels wurde auch über verschiedene Strategien und deren Vor- und Nachteile zur Veränderung individuellen Konsumverhaltens durch Nudging, Besteuerung (beispielsweise als CO2-Steuer oder einer Steuer auf Fleisch) und auch durch Ansprache der emotionalen Komponente diskutiert. Auch das Potenzial und die Risiken genetisch veränderter Lebensmittel wurden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Landwirtschaftsministerin Klöckner ruft zu Offenheit für Innovation auf

Mit Blick auf die besorgniserregende Entwicklung, dass die weltweite Zahl der Menschen, die unter Hunger leiden, nun bereits im dritten Jahr in Folge gestiegen ist, machte die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner auf die verheerenden Risiken diese Abwärtstrends wie zum Beispiel dem Anstieg gewaltsamer Konflikte aufmerksam: „Ein hungriger Magen findet keinen Frieden.“

In einer pragmatischen Rede forderte sie das Publikum zur Abkehr der Romantisierung der Landwirtschaft auf und plädierte dafür, sich angesichts des großen Potenzials der Digitalisierung und weiterer technologischer Fortschritte nicht vor Innovation zu verschließen. Ihr zufolge sei das Spannungsgefüge, das die Ernährung einer wachsenden globalen Bevölkerung mit Hilfe ressourcenintensiver Landwirtschaft erzeugt, nur durch die Ausstattung insbesondere kleiner Betriebe mit entsprechenden Instrumenten sowie Wissenstransfer zu erreichen, da diese langfristig betrachtet für die Zukunftsfähigkeit unseres Ernährungssystem verantwortlich seien. Neben Pilotprojekten in Äthiopien und Marokko erwähnte sie einen internationalen Digitalrat für den Bereich Landwirtschaft, dessen Errichtung im Januar im Rahmen des Global Forum for Food and Agriculture beschlossen wurde.

Weitere Diskussionen zu Lebensmittelverschwendung und datenbasierter Landwirtschaft

In einem weiteren Panel wurden mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung entlang der ganzen Produktions-und Lieferketten besprochen. Zuletzt wurde in einer Einheit zu Data-driven Farming verschiedene erfolgversprechende Pilotprojekte vorgestellt, unter Anderem die von der Welthungerhilfe konzipierten App AgriShare, die es Landwirten in Simbabwe ermöglicht, ihre Maschinen mit anderen Nachbarbetrieben zu teilen. Ein weiteres Projekt sind die regionalen Hubs in Kenia, die der Vernetzung und zum Austausch über regionenspefizische Herausforderungen und innovative Ideen dienen.

Fünf Startups präsentieren Ideen

Im Rahmen der Veranstaltung hatten außerdem fünf Startups aus unterschiedlichen Ländern die Möglichkeit, in einem fünfminütigen Pitch Interesse für ihre Unternehmensideen zu wecken. Darunter befand sich die SeedForward GmbH, die innovative Hilfsstoffe für Böden im konventionellen und ökologischen Anbau insbesondere in Afrika entwickelt und die Plattform Agrikaab, die durch Crowdfunding Landwirtschaftsprojekte unter Anderem in Somalia organisiert und bereits Investoren aus Schweden, Deutschland und Südkorea angeworben hat.

Die Unternehmer hinter Mimica Lab haben mit Hilfe von Smart Design ein Label namens Mimica Touch für Lebensmittel entwickelt, das mit nur einer Berührung Auskunft über deren Frische unabhängig des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums gibt. Dadurch möchten sie  die Lebensmittelverschwendung unter Anderem in Supermärkten, Haushalten und Restaurants reduzieren.

Bereits einen großen Erfolg hat die Berliner App Plantix im digital sehr gut vernetzten Indien zu verzeichnen, wo sie durch Technologien des Smart Farming den Landwirten durch individuelle Beratung zum Beispiel bei Problemen wie Krankheiten oder Mangelzustände ihrer Pflanzen unterstützt. Auch Benjamina Bollag von Higher Steaks hatte Gelegenheit, dem Publikum das Verfahren ihres Start-Ups zur Herstellung von im Labor kultivierten Clean Meat zu präsentieren.

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