Agrarwirtschaft

EU-Entwaldungsverordnung: Österreichische Sojawirtschaft zeigt administrative Mängel auf und warnt vor Chaos sowie steigenden Preisen zum Jahresende

Ab dem 30.12.2024 muss die EU-Entwaldungsverordnung verpflichtend angewendet werden. So hat es das EU-Parlament im vergangenen Jahr beschlossen und dabei der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten einen stringenten Zeitplan auferlegt. Bis zu diesem Termin sind es nur mehr 120 Tage Zeit und die Branchen der betroffenen Produktbereiche (neben Soja sind es Holz, Rinder, Kakao, Kaffee, Kautschuk und Ölpalme) tappen bezüglich der konkreten Anwendungserfordernisse im Dunkeln.

Nach wie vor sind wesentliche Eckpfeiler für die Umsetzung offen, zeigt Karl Fischer auf, Obmann des Vereins Soja aus Österreich. Fix scheint nur eines: die enormen bürokratischen Aufwände werden Preissteigerungen für Soja und Produkte nach sich ziehen.

soja aus österreich
© Weinfranz

Wesentliches Herzstück der Verordnung ist die Einstufung der Entwaldungsrisiken der Welt in drei Zonen. Dieses Benchmarking hat die EU-Kommission vorzunehmen und davon leiten sich unterschiedliche Auflagen für alle von der Verordnung erfassten Produkte ab. Diese Arbeit ist laut Fischer bis dato nicht erledigt. Erst im Frühsommer dieses Jahres hat ein US-amerikanisches Beratungsunternehmen die Arbeiten aufgenommen, um Regionen zu evaluieren, in denen ein hohes Risiko vor Entwaldung vorliegt. Die Kommission hat laut Verordnung mit betroffenen Ländern in einen Dialog einzutreten, um das Ergebnis der Einstufung zu diskutieren und bei der Senkung der Risiken zu unterstützen. Doch schon längst wird in vielen Teilen der Welt dagegen scharfer Protest formuliert, von einer einvernehmlichen Lösung ist man weit entfernt.

Ebenso säumig ist die EU-Kommission bei der Veröffentlichung der monatelang angekündigten Durchführungs-Leitlinien. „Sie wären längst notwendig, um Details zu klären und Interpretationen festzulegen“, so Fischer weiter, „So bleiben viele Fragen offen. Bei jedem Treffen der betroffenen Branchen in Wien geht man mit fünf Fragen hinein und am Ende mit zehn neuen Fragen wieder nach Hause“. Das sei mehr als unbefriedigend für die Marktteilnehmer. Ein FAQ-Katalog der Kommission sollte dazu Abhilfe schaffen, doch auch dessen Veröffentlichung lässt auf sich warten.

sojabohnen auf feld
© Weinfranz

„Wir hören lediglich, dass die Anzahl der ständig gestellten Fragen von 80 auf 120 aufgestockt worden sein soll. Mehr Beweis für die vielen Unsicherheiten mit der Umsetzung braucht es nicht“, so der Obmann des Vereins Soja aus Österreich. Die EU-Kommission steht noch nicht fest, die Kandidaten müssen erst in Hearings im EU-Parlament bestehen, diese sind für Oktober angesetzt. „Die nächsten Schritte bei der Entwaldungsverordnung werden in Brüssel sicher erst gesetzt, wenn die neue Kommission im Amt sein wird. Das wird noch dauern“, befürchtet Fischer.

So ist es nur logisch, dass die Mitgliedsstaaten bei der nationalen Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung nicht recht vorankommen, weil dazu wesentliche Grundlagen aus Brüssel fehlen. Österreich braucht dazu ein Gesetz. Ein Entwurf ist zwischen den Koalitionsparteien in Verhandlung, das Begutachtungsverfahren hat noch nicht begonnen. Karl Fischer bezweifelt, dass diese Rechtsgrundlage rechtzeitig fertig werden wird. „Wir haben demnächst NR-Wahlen, danach kommen die Koalitionsverhandlungen, die erfahrungsgemäß bis Weihnachten dauern. So wird das heuer wahrscheinlich nichts mehr werden“, meint der Obmann. „Wir brauchen eine Verschiebung der EUDR und wir brauchen Nachverhandlungen. Unsere Betriebe sind mit Rechtsunsicherheit konfrontiert und befürchten ein Chaos zum Jahresende.“

Die Branche stöhnt unter den enormen bürokratischen Aufwendungen durch die Entwaldungsverordnung. Die dadurch entstehenden Kosten für Personal, EDV und Warenwirtschaft sowie Organisation werden am Markt weitergegeben werden müssen. Immer konkreter kristallisiert sich das zu erwartende Ausmaß heraus: Marktteilnehmer hören, dass alleine die Sojaimporte aus Übersee zehn Prozent und mehr kosten werden. Die EU importiert 93 Prozent seines Sojabedarfs, die erwartenden Mehrkosten werden von Branchenexperten auf rund 1,5 Mrd. EUR geschätzt. In der Folge werden die Preise für Eier, Geflügel und Schweinefleisch anziehen müssen. Gleiches gilt wohl auch für Lebensmittel aus Sojabohnen wie Tofu, Sojasauce, Sojadrinks oder etwa Sojamehl.

Weitere Informationen: soja-aus-oesterreich.at

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