Uhde High Pressure Technologies (UHPT) ist ein Hochtechnologie-Unternehmen von thyssenkrupp mit ca. 350 Mitarbeitenden. Gegründet 1930 ist es eines der weltweit führenden Unternehmen für industrielle Hochdruckanlagen und Equipment mit internationalem Kundenstamm in einer Vielzahl von Märkten mit Anwendungen bis zu 14.000 bar.
UHPT unterstützt seine Kunden während des gesamten Anlagenlebenszyklus – von der Planungsphase mit in-house Engineering bis zur Betriebsphase mit Service und Ersatzteilversorgung. Die Kombination von eigenem Fertigungsbetrieb in Deutschland und einem globalen Lieferantennetzwerk soll höchste Qualität bei optimalen Kosten sichern. Das Unternehmensprofil wird komplettiert durch qualifizierte Spezialisten zur Unterstützung von Montage und Inbetriebnahme sowie den Service mit Kundenunterstützung über die gesamte Lebenszeit der Maschinen.
Boris Brockhaus, Product Manager HPP bei Uhde High Pressure Technologies, erklärt uns im Interview, was hinter dem innovativen Hochdruckverfahren „HPP“ steckt und welche Vorteile es Herstellern von veganen Produktalternativen bietet.
Herr Brockhaus, welche veganen Produkte lassen sich mittels dem Hochdruckprozess (HPP) behandeln?
Die meistgenutzte Anwendung für den HPP-Prozess sind vegane Produkte wie Frischsäfte aus Obst oder Gemüse. Ein weiteres großes Segment bilden Pürees (z.B. Guacamole oder Hummus), Suppen (z.B. Gazpacho oder Gemüseeintopf), Dips (z.B. Saucen oder Dressings) und auch aromatisierte- oder Aufgussgetränke (z.B. Cold brew Coffee/Tea oder Infuse water). Ein stark wachsendes Segment sind zudem Fleisch- und Milchalternativen wie extrudierte Pflanzenproteine aus Hülsenfrüchten und Getreide oder auch Sojaprodukte. So lassen sich z.B. vegane Burger Patties, Würstchen, Schnitzel, Geschnetzeltes oder auch Bacon sehr gut behandeln.
Weiterhin wirkt sich HPP auch vorteilhaft auf Produkte wie Mandelmilch, Hafermilch und Sojamilch aus, da kein Wärmeeinfluss stattfindet. Auch einige neue Alternativen wie veganer Fisch oder vegane Eier werden bereits untersucht. Eine weitere Anwendung sind Produkte aus Algen, wie die Spirulina oder Chlorella, diese werden vor oder nach dem HPP-Prozess als Biomasse bestimmten Produkten hinzugefügt.
Der HPP-Prozess beeinflusst die Farbe und Antioxidantien kaum, das Produkt kann aber in seiner Haltbarkeit von 2-3 Tagen auf bis zu 3 Monate verlängert werden. Neben der Keimreduktion und Haltbarkeitsverlängerung kann HPP auch eingesetzt werden, um Fermentationsprozesse zu stoppen, das ist hilfreich, um die gewünschten Eigenschaften der Produkte (z.B. Kimchi) zu erhalten, zusätzlich werden auch evtl. enthaltene Keime denaturiert und Haltbarkeit sowie Sicherheit gesteigert. Eine weitere Anwendung ist der Einsatz von HPP bei unfiltriertem Bier, auch hier führt HPP dazu, die Hefen und Keime zu reduzieren.
Die HPP-Anwendungsfelder sind sehr großflächig und wachsen weiter.
Welche Vorteile bietet das HPP-Verfahren gegenüber konventionellen Methoden?
Der große Vorteil der HPP-Behandlung ist die Keimreduktion und daraus resultierende Verlängerung der Haltbarkeit ohne thermischen Einfluss. Dadurch bleibt die Frische, Textur und der Geschmack des Produktes erhalten. Inhaltsstoffe, wie Vitamine, Antioxidantien und Nährstoffe oder auch spezielle Enzyme werden nur gering beeinflusst und bieten daher nahezu die volle Wertigkeit eines Frischeprodukts. Auch ist der Einsatz von Konservierungsstoffen, die zur Haltbarmachung eingesetzt werden, nicht nötig – das Produkt bleibt frei von Chemie und das allein durch den Einsatz von Physik.
Da das Produkt direkt in seiner finalen Endverpackung behandelt werden kann, kommt es auch im Nachgang zu keinerlei Kontaminationen. Während der Druckbehandlung wirkt der Druck direkt und gleichmäßig auf alle Produktbereiche ein. Im Gegensatz zu anderen Verfahren, bei denen einige Bereiche (Kern) zwar ausreichend dafür aber andere (Oberfläche) zu intensiv bzw. schädigend behandelt werden. Es ist dementsprechend ein Verfahren, was zur Sicherstellung der Lebensmittelsicherheit und Reduktion von Rückrufen im LEH beiträgt.
Einige Produkte lassen sich nicht thermisch behandeln, da es sonst zu Änderungen in der Proteinstruktur oder ungewollter Färbung kommt, als Beispiel ist hier die Guacamole aber auch Pflanzenproteine zu erwähnen, aus diesen Gründen bietet sich das HPP-Verfahren besonders an.
Wie genau funktioniert das Verfahren?
Die Produkte werden in ihrer finalen Verpackung in spezielle Behandlungskörbe geladen, diese werden dann dem Hochdruckbehälter zugeführt und die Anlage wird verschlossen. Zuerst wird der Behälter mit den Produkten mit Wasser gefüllt, so dass die verbleibende Luft aus dem Behälter entweichen kann, dann wird über externe Druckübersetzer zusätzliches Wasser in den Behälter gefördert. Bei der Druckerhöhung wird das Wasser um etwa 17% komprimiert und es werden etwa 60l in einen 350l Behälter zusätzlich eingepresst, um einen Druck von 6000 bar zu erreichen.
Während der Verweildauer, die von Produkt zu Produkt variieren kann, werden die Zellwände der Bakterien geschädigt und das Bakterium denaturiert. Da das Wasser als drucktransferierendes Medium dient, werden die verpackten Produkte in Gänze homogen und schonend von allen Seiten mit Druck beaufschlagt, es entstehen keine Scherkräfte und das Produkt wird nicht verformt. Darauf folgt die Entspannung und der Druck sinkt auf Atmosphärenniveau. Im Anschluss öffnet sich die Maschine und die behandelte Ware wird über Bänder nach außen geschoben, damit die Ware aus den Behandlungskörben entladen werden kann.
Wie sehen die wirtschaftlichen Faktoren zum HPP-Prozess aus?
Die Kapazität einer Maschine wird hauptsächlich über den Füllgrad beeinflusst. So kann dieser bei kleinen Flaschen von 30% bis hin zu großen Batchverpackungen (Prozessbeutel) bis zu 80% variieren. Bei einer Größe des Hochdruckbehälters von 350l sind das zwischen 105l und 280l je Zyklus. Die Zykluszeit ist wiederum abhängig vom Produkt und der resultierenden Verweildauer, diese kann zwischen 2 und 9 Minuten je nach Vorbelastung, dem pH-Wert und der Wasseraktivität variieren. Für Mikroorganismen wie Schimmel oder Hefen sind schon geringere Drücke ausreichend, während Keime wie die pathogenen Listerien, E-coli oder Salmonellen bei bis zu 6000 bar behandelt werden müssen, dies drückt sich auch in der Druckaufbauzeit aus. Je nach Anlagenvolumina sind Behandlungsmengen von wenigen Tonnen bis hin zu 25 Tonnen am Tag realisierbar.
Die Kosten des Prozesses lassen sich einteilen in das Investment und die Betriebskosten. Hierbei werden Wasserverbrauch, Stromverbrauch, Mitarbeiter, Servicepersonal und auch Verschleißteile betrachtet. Da die Maschine enormen Kräften über viele tausende Behandlungszyklen standhalten muss, sollten die Verschleißteile regelmäßig getauscht werden, um eine ununterbrochene Produktion zu gewähren. Der größte Energieanteil eines Zyklus wird für die Druckerhöhung benötigt, dabei Arbeiten die Druckübersetzter etwa 3 Minuten, um die entsprechende Wassermenge in den 350l Hochdruckbehälter zu fördern. Ein Gesamtzyklus hat dann einen Energieverbrauch von etwa 17 kWh. Zum Vergleich, um die entsprechende Wassermenge von 5° auf 80°C zu erwärmen, wäre fast die doppelte Energiemenge notwendig.
Je nach Auslastungsgrad liegen die Gesamtkosten für die HPP-Maschine dann etwa zwischen 0,10 und 0,15€ je Liter.
Ist das Verfahren nachhaltig?
Die Anwendungen für das HPP-Verfahren können nachhaltig sein.
Zum einen lässt sich die Haltbarkeit von Frischeprodukte, welche ohne HPP nur eine kurze Haltbarkeit aufweisen, verlängern – wodurch der Verwurf und Ausschuss von Waren vermindert werden kann. Zum anderen kann Rohware (z.B. unansehnliches Obst oder auch Überproduktionen), welche ohne HPP erst gar nicht in den Handel gelangen würde, zu Püree oder Säften verarbeitet werden, mit HPP behandelt und mit einer längeren Haltbarkeit im Handel vertrieben werden. Additive Zusatzstoffe, die bei einer Wärmebehandlung reduziert werden, müssen den Produkten nicht zugegeben werden, da diese durch das Verfahren am Ausgangsprodukt nicht reduziert wurden. Neben Sicherheit und Haltbarkeitsverlängerung bietet HPP auch die Möglichkeit, Schalentiere (z. B. Muscheln, Hummer) effizienter zu verarbeiten, da sich durch den Hochdruck die Schale vom Fleisch löst, wird der Aufwand bei der weiteren Verarbeitung oder durch Transporte in Länder, in denen eine Verarbeitung stattfindet, reduziert.
Auch das HPP-Verfahren an sich ist nachhaltig, einerseits wird für die Behandlung Trinkwasser eingesetzt, das durch die Integration eines intelligenten Wassersystems, welches die Wasserqualität detektiert und analysiert, weitgehend wiederverwendet wird. Warmwasser, das durch die Pumpenkühlung entsteht oder durch bei der Kompression, kann aufgefangen werden und in ein Heizungssystem gespeist oder zumindest zur Reinigung genutzt werden.
Da die Maschine mit elektrischem Strom und nicht mit Gas betrieben wird, kann dieser natürlich aus grüner Energie eingespeist werden. Kontaminierte Abwässer oder Abgase entstehen nicht.
Gibt es auch Nachteile im Vergleich zu anderen Verfahren?
Es handelt sich bei der HPP-Behandlung um ein Keimreduktionsverfahren, es werden also je nach Vorkontamination die Keime reduziert ähnlich wie bei einer Pasteurisierung um log4 bis log5, je nach Produkt. Manche Sporen werden bei dem Verfahren nicht denaturiert, aus diesem Grunde müssen die Produkte nach der Behandlung in der Kühlkette verbleiben, um eine adäquate Haltbarkeit zu gewährleisten. Aufgrund des Investments und der Anforderungen an den Aufstellungsort (Bodenlast, Maschinengröße, Kühlräume und Stromanschluss) muss eine Installation detailliert geplant und mit allen Beteiligten im Vorfeld abgesprochen werden.
Für den HPP-Prozess können nur Produkte mit einem hohen bis geringen Wasseranteil eingesetzt werden, trockene Produkte wie Pulver oder Produkte mit einem Luftanteil wie Brot funktionieren nicht, da der Druck im Produkt nicht transferiert werden kann oder die Luft aus dem Produkt herausgedrückt wird.
Werden allerdings die Vorteile dagegengestellt, bis hin, dass einige Produkte ausschließlich mit HPP behandelt werden können, wenn auf thermische Energie und Chemie verzichtet wird und die Qualität und Sicherheit des Produktes noch weiter gesteigert werden soll, so ist die Entscheidung klar.
Wie kann auch ohne eine eigene Anlage geprüft werden, ob das Verfahren für gewählte Produkte Vorteile bringt?
UHPT bietet die Möglichkeit die Anwendung für Ihre Produkte in unserem Applikationszentrum in Quakenbrück mit Lebensmitteltechnologen zu testen. Am Standort selbst können bereits einige Untersuchungen bzw. Analysen durchgeführt werden, weitergehende Haltbarkeitsstudien dann mit lokalen Instituten.
Neben dem Einfluss des Hochdrucks auf das Produkt, unterstützt UHPT auch bei der Wahl der Verpackung. Die Verpackung ist ein wesentlicher Bestandteil, da diese flexibel und wasserundurchlässig sein muss, um der Kompression von 17% standzuhalten, mehr noch, wenn es sich um eine MAP-Verpackung handelt.
Sobald das Produkt marktreif entwickelt ist, unterstützt UHPT mit der Lohnbehandlung, dabei kann der Kunde seine Produkte durch UHPT am Standort in Quakenbrück bis zu einer Kapazität von bis zu 25 t am Tag behandeln lassen, bevor er ein eigenes Investment tätigt.
Herr Brockhaus, wir bedanken uns für das Gespräch.
Weitere Informationen: thyssenkrupp-uhde.com/de