Interviews

Im Interview mit Wolfgang Suchy vom VEGAN WOLF in Wien: „Meine Kunden sind bei weitem nicht nur vegan lebende Menschen“

Unter dem Leitspruch „Vegane Lebensmittel für alle!“ bietet Wolfgang Suchy in seinem Geschäft „Vegan Wolf“ in Wien über 800 verschiedene vegane Produkte an. Damit hat er eine Einkaufsmöglichkeit für alle geschaffen, die ohne tierische Produkte leben möchten oder einfach einmal ausprobieren wollen, was überhaupt alles möglich und verfügbar ist.

Keine Etiketten studieren und kein Tierleid: Alle Produkte im Shop sind entweder vegan zertifiziert oder wurden vom Hersteller als vegan bestätigt. Kunden können sich so sicher sein, dass in den angebotenen Produkte wirklich keine Gelatine, Lab, Schellack, Milchpulver oder sonstige tierischen Bestandteile enthalten sind.

Im Interview verrät uns Vegan Wolf-Inhaber Wolfgang Suchy mehr über sein innovatives Shop-Konzept und welche Herausforderungen er als kleiner stationärer Einzelhändler meistern muss.

Herr Suchy, Ihr Sortiment umfasst über 800 vegane Produkte – wie treffen Sie Ihre Auswahl, und welche Trends beobachten Sie aktuell im veganen Lebensmittelmarkt?

Ein Teil der Produkte kommt direkt von Kundenwünschen. Wer könnte besser wissen, was gut ist als Menschen, die schonmal Kontakt mit dem Produkt hatten? Mittlerweile taggen mich Leute schon in Onlineposts, wenn jemand etwas Neues findet und eine Quelle dafür braucht.

Ein weiterer Teil kommt von veganen Messen und Veranstaltungen, die ich besuche. Dort kann man oft direkt mit Herstellern sprechen und Kontakte knüpfen, sowie auch Proben bekommen.

Natürlich verbringe ich viel Zeit online und recherchiere, was es an Neuheiten gibt, worüber man in veganen Gruppen spricht und so weiter.

Es kommt auch vor, dass sich Hersteller direkt an mich wenden und Produkte vorstellen oder Vertriebspartner suchen. Da wird natürlich immer gut ausgesucht, was tatsächlich ins Sortiment kommt.

Dann gibt es noch einen Teil, der mehr oder weniger zufällig passiert. Ich bin ja oft bei Großhändlern, bei Herstellern oder in diversen Onlineshops unterwegs und bei interessanten Sachen, die potentiell vegan sein könnten, frage ich dann bei den Herstellern auch direkt nach (inkl. E-Nummern, Verarbeitungsschritte usw.), da ist auch schon so einiges zusammengekommen.

Mit Trends tue ich mir schwer, so lange gibt es ja das Geschäft noch nicht, und ich versuche schon, auch da ein bisschen ein Gegenpol zu sein.

Vegan wolf wien
Vegan Wolf-Inhaber Wolfgang Suchy (links) und Mitarbeiter Danny (rechts) © VEGAN WOLF e.U.

Sie arbeiten mit rund 170 Lieferanten und Herstellern. Welche Herausforderungen gibt es in der Beschaffung?

Das ist sehr durchwachsen. Einige Hersteller wollen mit „kleinen“ Abnehmern überhaupt nicht arbeiten, andere sind direkt froh, wenn sie nicht mit professionellen Einkäufern verhandeln müssen und sind sehr hilfreich und entgegenkommend. So kann ich des öfteren auch richtig gute Aktionen anbieten und habe immer Kostproben da. Außerdem habe ich immer Partner für vegane Veranstaltungen, die mit mir zusammen ausstellen. Zum Beispiel durfte ich schon mit Wilmersburger und auch Allos gemeinsam auf einem Stand stehen.

Nicht von einem „großen“ Lieferanten abhängig zu sein hat Vor- und Nachteile. Man kann selten Rabatte für Großmengen bekommen zum Beispiel. Dafür kann man auch mal auf etwas anderes Ausweichen, wenn notwendig.

Viele verschiedene Quellen zu haben bedeutet natürlich auch, viel suchen, viel vergleichen und viel verhandeln. Am Ende denke ich, lohnt es sich, weil man ein viel gemischteres und individuelleres Sortiment hat als jemand, der alles auf eine Karte setzt.

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© VEGAN WOLF e.U.

Ihr Laden setzt stark auf persönliche Beratung und Kostproben. Welche Rolle spielen diese Faktoren in einer Zeit, in der der Onlinehandel dominiert?

Tatsächlich gibt es immer noch Menschen, die gerne stationär einkaufen. Gerade bei Lebensmitteln höre und lese ich oft, dass man gerne noch vorm Regal steht, Dinge in die Hand nehmen kann, mit jemandem sprechen (der ganz sicher keine AI ist).

Für Kunden, die es nicht in den Laden schaffen, gibt es trotzdem die Möglichkeit der Lieferung.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch das Bedürfnis nach Nahversorgung. Meine Kunden sind bei weitem nicht nur vegan lebende Menschen, es kommen viele Leute aus der Umgebung, die inzwischen gerne meine Süßigkeiten essen.

Zu Anfang hatte ich viel stärker gedacht, dass Kostproben Leute in den Laden locken. Es gibt zwar einige wenige, die speziell schauen, was es gerade zu probieren gibt, die meisten sind da aber sehr vorsichtig. Wenn Menschen direkt auf ein Produkt angesprochen werden, nehmen sie es aber fast immer gerne und kaufen es auch überdurchschnittlich oft danach.

Das Thema Nachhaltigkeit und Transparenz ist auch nicht zu unterschätzen. Direkt im Laden kann man sehen, wie Dinge gehandhabt werden. Hier bei mir sieht man (und kann sich erzählen lassen), dass fast die komplette Einrichtung selbst gemacht, gebraucht gekauft, repariert oder upcycled ist. Es wurde so wenig wie möglich neu gekauft, alles wird ressourcenschonend angeschafft und verwendet.

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© VEGAN WOLF e.U.

Sehen Sie eine Gefahr durch steigende Konkurrenz im LEH oder glauben Sie, dass Nischenläden mit spezialisiertem Angebot weiterhin bestehen können?

In Anlehnung an die letzte Frage ist es genau das, was mich unterscheidet. Ich kenne meine Produkte, ich weiß, wo sie herkommen. Die meisten habe ich persönlich probiert und kann gezielt informieren und auch gezielt von etwas abraten. Das ist etwas, das viele Menschen sehr zu schätzen wissen. Es ist super, dass viele Handelsketten und Discounter jetzt eine große Auswahl bieten. Was bei mir halt nicht passieren kann und mit ein Grund war, warum ich mich entschieden habe etwas Eigenes zu machen: die veganen Artikel stehen mitten zwischen Fleischprodukten oder irgendwo im Regal, gleich daneben Käse oder etwas anderes, man muss trotzdem immer Etiketten studieren. Und fragen braucht man im großen Supermarkt auch niemanden im Normalfall.

Oder auch ein Klassiker: Rezepturen werden verändert und auf einmal ist ein tierisches Produkt enthalten, das vorher nicht da war.

Und dann gibt es auch kleine Hersteller, die einen riesigen Abnehmer gar nicht bedienen können (oder wollen). Und für so etwas kommen manche Kunden auch von weit her.

Was tatsächlich spürbare Konkurrenz darstellt, sind die Eigenmarken der großen Händler. Da sind dann schon so große Preisunterschiede, da kann ich auch mit guter Qualität oft schwer dagegenhalten.

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© VEGAN WOLF e.U.

Welche Rolle spielt Wien als Standort für Ihr Geschäft?

In Wien gibt es eine große vegane Szene. Die veganen Veranstaltungen sind immens gut besucht jedes Mal. Außerdem ist Wien ein Ort, an dem unglaublich viele verschiedene Menschen zusammenleben, man kann von allen etwas Neues lernen.

Es gibt auch viele vegane Unternehmer in Wien, vor allem in der Gastronomie, mit denen man gut und gerne kooperieren kann. So habe ich verschiedene Partner, mit denen ich zusammen Bestellungen mache oder wo wir uns gegenseitig Produkte verkaufen zu guten Preisen.

Natürlich lebe ich auch hier, kenne hier Menschen und das ist auch ein Vorteil.

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© VEGAN WOLF e.U.

Was würden Sie anderen raten, die überlegen, ein ähnliches Geschäftsmodell aufzubauen?

Das ist eine schwere Frage für mich. Ich habe das gestartet, ohne das geringste Vorwissen im Handel. Ist ganz definitiv nicht ideal, ich wusste aber, dass es so ist. Ich habe viel gelernt, aber das meiste davon sehr teuer und aufwendig. Mein Rat wäre, fragt! Fragt alle und jeden, auch wenn viel Unsinniges dabei herauskommt, die meisten wissen doch irgendwas. Und fragt auch nach Hilfe. Für viele Menschen ist es durchaus ein Bedürfnis, engagierten Freunden unterstützend zur Seite zu stehen.

Und fragt Hersteller und Großhändler. Schreibt sie einfach an, das wird allermeist positiv aufgefasst. Die paar wenigen, wo es nix bringt, tun nicht weh, zumeist kriegt man echt viel Unterstützung, auch von B2B Seite. Vor allem in einer Branche, in der sich viele Idealisten herumtreiben.

Fragt eure Nachbarläden, bietet Hilfe an. Auch hier wird gerne gegenseitig ausgeholfen.

Und fragt eure Kunden! Fragt, woher sie wissen, dass es euch gibt, wie man sie hätte früher oder besser erreichen hätte können. Was sie sich wünschen. Man muss bzw. kann gar nicht alles, was da kommt, umsetzen, aber Menschen fühlen sich ernst und wichtig genommen.

Herr Suchy, wir bedanken uns für das Gespräch.

Weitere Informationen: veganwolf.eu

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