Interviews

Im Interview mit Bühler: „Bühler hat sich entschieden, die gesamte Wertschöpfungskette für alternative Proteine abzudecken, weil wir darin den Mehrwert für unsere Kunden sehen“

Die Bühler Group ist ein globales Technologieunternehmen, das sich unter anderem der Entwicklung nachhaltiger Prozesstechnologien und -lösungen für die Nahrungsmittelindustrie widmet. Bühler bietet speziell auch Herstellern von veganen und pflanzenbasierten Proteinprodukten ein wachsendes Portfolio an fortschrittlichen Verarbeitungstechnologien sowie seine Expertise in der Produktentwicklung an.

Ende November eröffnete der Schweizer Technologiekonzern zusammen mit endeco sein neues Protein Application Center in Uzwil, in der Schweiz. Das Zentrum vervollständigt die Technologielösungen zur Verarbeitung von Hülsenfrüchten oder Getreide zu fertigen Konsumartikeln wie Milch- oder Fleischersatz oder für Zwischenprodukte wie Proteine, Fasern oder Stärke. Und erst Mitte März hat Bühler zusammen mit seinen Partnern Givaudan und MISTA ein neues Extrusionszentrum im MISTA Innovation Center in San Francisco eröffnet.

Lukas Frei führt das Marktsegment Alternative Proteins and Food Ingredients bei Bühler. Im Interview spricht er mit uns über die neuesten Innovationen des Unternehmens und wie Kunden von der Expertise von Bühler und seinen Partnern in den Bereichen Produktentwicklung und der Herstellung veganer Alternativprodukte profitieren können.

Herr Frei, auf welche Weise entwickelt Bühler Prozesse und Technologien für die Herstellung von Fleischersatzprodukten?

Eine der größten Herausforderungen der letzten Jahre ist, die Textur der Fleischersatzprodukte den Kundenbedürfnissen anzupassen. Mit Hilfe der Protein Aeration Technology und den Breaker Plates – zwei wesentlichen Prozessinnovationen in der Extrusion – ist es unseren Kunden gelungen, einzigartige fleisch- und fischähnliche Texturen mit hohem Feuchtigkeitsgehalt für erstklassige Produkte zu erzielen.

Protein Aeration Technology erlaubt es, die Textur der Produkte durch Zufuhr von Gas zu kontrollieren und zu variieren. Die Gaszufuhr ermöglicht es Fleisch- oder Fischalternativen herzustellen, deren Mundgefühl den Vorstellungen der Konsumenten entspricht, sowie hellere Farben und verbesserte Texturen aufgrund der mikroporösen Struktur.

Bei den patentierten Breaker Plates handelt es sich um perforierte Platten, die den Fluss der viskoelastischen, plastifizierten Masse, die aus dem Extruder in die Kühldüse übergeht, beeinflussen. Beide Innovationen können kombiniert mit unserem leistungsstarken Portfolio von fünf Kühldüsen eingesetzt werden, wodurch wir unsere Kunden diese Technologien unabhängig ihres Produktionsvolumens – von Labormengen bis hin zu Kapazitäten von mehr als 1000kg/h – zur Verfügung stellen können.

Protein Aeration Technology © Bühler Group

Wie verbessert Ihre Zusammenarbeit mit Givaudan die Ergebnisse für Ihre Kunden und welche konkreten Vorteile können sie von dieser Zusammenarbeit in Bezug auf Produktentwicklung und Innovation erwarten?

Wir sind davon überzeugt, dass eine enge Zusammenarbeit mit anderen Branchenführern zu Vorteilen für unsere Kundschaft, die Verbraucher und letztlich auch für unseren Planeten führt. Wir arbeiten zusammen und nutzen unser einzigartiges Know-how mit dem von Givaudan, um Lösungen anzubieten und zu entwickeln, die es ohne Kollaboration nicht geben würde.

Dadurch entstanden beispielsweise die gemeinsam mit Givaudan betriebenen Innovationszentren auf der ganzen Welt: Mista in San Francisco (USA), das Protein Innovation Center in Singapur, das Tropical Food Innovation Lab in Campinas (BR) und The Cultured Hub in Kemptthal (CH). Wir arbeiten Hand in Hand, um gemeinsam mit unseren Kunden Produkte und Lösungen zu hervorzubringen und die Branche zu nachhaltigeren und köstlicheren Lebensmittelerlebnissen zu bewegen.

MISTA Innovationszenter
MISTA Innovation Center in San Francisco © MISTA

Können Sie uns ein Beispiel für eine erfolgreiche Produktentwicklung oder Innovation, die aus einer Zusammenarbeit mit einem Ihrer Kunden hervorging, geben?

Einer unserer Kunden trat an uns heran, um drei nassextrudierte Proteinprodukte als Alternative zu Hühnchen und Rindfleisch zu entwickeln. Die Produktentwicklung umfasste eine breite Palette von Rohstoffen, darunter Erbsen und Soja von verschiedenen Lieferanten, aber auch andere, weniger gängige Proteine.

Um den Rohstoffverbrauch in der anfänglichen Versuchsphase zu minimieren, begannen wir mit unserem kleinsten 30-mm-Extruder. Nachdem sich einige der hergestellten Produkte als vielversprechend erwiesen, skalierten wir die Herstellung auf unseren 62-mm-Extruder, um die späteren Produktionsbedingungen zu testen. Auch hier war die Protein Aeration Technology und die Breaker Plates als Texturierungslösungen erneut entscheidend, um die gewünschte Textur herzustellen.

Gemeinsam mit Givaudan, die ebenfalls von Beginn an in die Entwicklung der Produkte eingebunden waren und die Aromatisierung und Färbung verantworteten, konnten wir mit unserem Kunden ein marktfähiges Produkt von der Idee bis zur Marktreife realisieren.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Givaudan, uns und unserem Kunden während der Versuche sowie die vielseitigen Möglichkeiten, auf die wir in unserem Extrusion Application Center zurückgreifen können, waren der Schlüssel für eine schnelle, iterative Produktentwicklung.

bühler protein application center schweiz
Protein Application Center © Bühler Group

Wie genau kann man sich die Arbeit im Extrusion Application Center von Bühler vorstellen?

Das hochmoderne Extrusion Application Center vereint mehr als 30 Jahre Extrusionskompetenz, eingebettet in ein globales Netzwerk von Universitäten, lebensmittelwissenschaftlichen Instituten und anderen Extrusionsplattformen. Zusammen mit unseren Forschungs- und Entwicklungs- sowie Technologieabteilungen sind unsere Application & Training Center (ATC) für Kunden der Grundstein für zukünftige Innovationen.

Es ist unser Anliegen, die Möglichkeiten des ATCs vollumfänglich auszuschöpfen. Darum bieten wir neben den Versuchen, die wir entweder für oder gemeinsam mit unserer Kundschaft durchführen, eine Vielzahl von Workshops rund um das Thema Extrusion an. Dabei geht es darum, unser Wissen und unsere Erfahrung zu teilen und im Austausch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern genauso von ihnen zu hören und zu lernen. Das ermöglicht uns letztendlich gemeinsam mit unseren Kunden die Lebensmittel von morgen zu entwickeln – sei es durch das Ausprobieren neuer Zutaten oder das Entwickeln neuer Prozesse, die später die Grundlage neuer Lebensmittel ist.

bühler application center protein
Tom Heintel, Head of the Protein Application Center © Bühler AG

In welcher Rolle sieht sich Bühler angesichts des wachsenden Interesses an alternativen Proteinen bei der Gestaltung der Zukunft der veganen Lebensmittelindustrie, sowohl in Bezug auf die Technologie als auch auf die Markttrends?

Der Markt der pflanzlichen Produkte entwickelt sich sehr schnell. Einer der Punkte, die im Fokus stehen, ist das zur Verfügung stellen erschwinglicherer, nachhaltigerer pflanzlicher Produkte durch die Optimierung der Lieferketten. Das bedeutet die minimale Verarbeitung von lokal bezogenen und potenziell neuartigen Zutaten als Fleisch- oder Fischalternativen, hergestellt an einem Produktionsstandort und die Reduzierung der energieintensiven Trocknung.

Bühler hat sich entschieden, die gesamte Wertschöpfungskette für alternative Proteine abzudecken, weil wir darin den Mehrwert für unsere Kunden sehen. Ein zentraler Ansprechpartner, aufeinander abgestimmte Prozesse und Maschinen aus einer Hand und die Erfahrung aus vielen anderen Bereichen der Lebensmittelherstellung, die es ihnen und uns ermöglicht, über den Tellerrand hinauszuschauen. Deswegen sehen wir sie und uns sehr gut aufgestellt, um diese und die kommenden Herausforderungen zu meistern.

Einer der Schlüssel ist das kürzlich eröffnete Protein Application Center in Uzwil (CH). Wie die anderen ATCs und Innovationszentren ist es ein Ort der Zusammenarbeit, an dem Kunden ihre Ideen im Bereich der Proteinverarbeitung entwickeln und validieren können. Ausgestattet mit den neuesten Techniken zur Trennung von Proteinen, Stärken und Fasern, wird das Anwendungszentrum in Zusammenarbeit mit unserem strategischen Partner endeco betrieben.

Die einzigartige Kombination aus dem Protein Application Center und dem Extrusion Application Center ermöglicht die direkte Einspeisung von trocken- und nassseparierten Proteinen in eine Extrusionsanlage. Dies trägt dazu bei, neue und nachhaltigere Verarbeitungslösungen vom Feld bis zum Teller zu finden, z. B. durch die Vermeidung des energieintensiven Sprühtrocknungsschritts für Proteinisolate.

Ein weiterer Trend, der allerdings noch in den Kinderschuhen steckt, ist die Entwicklung von Produkten, die aus einer Kombination von echtem oder gezüchtetem Fleisch und alternativen Fleischsorten bestehen, um die Vorteile von Fleischproteinen in Bezug auf Nährwert und Geschmack mit den Vorteilen pflanzlicher Zutaten für die Ernährung und die künftige Ernährungssicherheit zu kombinieren. Bühler greift diesen Trend auf, indem es sein Know-how in der Bioverarbeitung und Extrusion kombiniert.

Herr Frei, wir bedanken uns für das Gespräch.

Weitere Informationen: buhlergroup.com/global/de

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