Politik

Verbot von ‚pflanzlichem Schnitzel‘ & Co in der EU? Handel und Hersteller warnen vor Rückschritt für Konsumenten, Klima und Innovation

Immer mehr Konsumenten in ganz Europa greifen zumindest gelegentlich bewusst zu pflanzlichen Fleischalternativen – klare, alltagstaugliche Bezeichnungen sind dabei entscheidend für Orientierung und Kauf.

Auf EU-Ebene drohen neue Bezeichnungsverbote für pflanzliche Fleischalternativen: Begriffe wie „100 % pflanzliches Schnitzel“ oder „veganes Würstel“ könnten schon bald verboten werden. Bereits am 7. Oktober stimmt das EU-Parlament über entsprechende Vorschläge ab.

Der Verein für Proteinvielfalt in Österreich – unterstützt von namhaften heimischen Unternehmen wie BILLA, Lidl Österreich, HOFER, SPAR, Berger Schinken, VeggieMeat, Mona, Kern Tec, Revo Foods und BioCraft – warnt in einem Appell an die österreichische Politik vor den negativen Folgen solcher Verbote. Sie würden Konsumenten schlechter statt besser informieren, die Innovationskraft heimischer Unternehmen gefährden und zentrale EU-Ziele in den Bereichen Klima, Gesundheit und Ernährungssicherheit untergraben.

Auch der österreichische Handelsverband spricht sich klar gegen die von der EU angekündigten Bezeichnungsverbote für pflanzliche Fleischalternativen aus. Begriffe wie „veganes Würstel“, „pflanzliches Schnitzel“ oder „plant-based Steak“ sind dem Verband zufolge für Konsumenten eine wichtige Orientierungshilfe im täglichen Einkauf.

Im EU-Parlament wird derzeit diskutiert, ob Begriffe wie „Burger“, „Schnitzel“ oder „Würstel“ künftig generell für pflanzliche Produkte verboten werden sollen. Bereits am 7. Oktober steht die Abstimmung dazu an. Parallel dazu plant die EU-Kommission ein Verbot von 29 weiteren Bezeichnungen wie „Rind“, „Huhn“, „Speck“ oder „Brust“ in Zusammenhang mit pflanzlichen Fleischalternativen. Demnach wären etwa Beschreibungen wie „100% pflanzliches Filet Huhn-Art“ oder „pflanzlicher Bacon (Speck)“ künftig verboten.

Frau im supermarkt einkaufen produktkennzeichnung label
© Jacob Lund – stock.adobe.com

Alltagstaugliche Bezeichnungen als wichtige Orientierungshilfe für Konsumenten

Die EU-Kommission argumentiert, Bezeichnungsverbote würden Konsumenten besser informieren und die kulturelle Bedeutung von Fleischprodukten schützen. Für Verena Wiederkehr, Vorstand des Vereins für Proteinvielfalt in Österreich, ist jedoch das Gegenteil der Fall.

„Alltagsnahe Produktbezeichnungen wie etwa ‚100 % pflanzliches Schnitzel‘ bieten der wachsenden Zahl an Konsumenten, die beim Einkauf gezielt nach pflanzlichen Alternativen suchen, eine wertvolle Orientierungshilfe. Sie vermitteln auf einen Blick, was hinsichtlich Geschmack, Textur und Zubereitung vom Produkt zu erwarten ist. Ein Verbot solcher Bezeichnungen würde Verbrauchern daher nicht besser, sondern schlechter informieren – und ihnen eine wichtige Grundlage für informierte Kaufentscheidungen entziehen“, so Wiederkehr. Hersteller wären gezwungen, alltagsfremde und erklärungsbedürftige Begriffe wie beispielsweise „pflanzliches Bratstück mit Panade“ statt „100% pflanzliches Schnitzel“ zu verwenden.

Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbands, betont: „Unsere Kunden wollen auf einen Blick erkennen können, welche Produkte pflanzlich sind. Ein EU-weites Verbot gebräuchlicher Begriffe wie ‚veganes Würstel‘ würde sie schlechter statt besser informieren. Die Vielfalt Europas zeigt sich auch bei Lebensmitteln, in den Küchen und ihren Begriffen. Eine sprachliche Regulierung darf diese kulturelle Eigenart nicht abwerten oder nivellieren. Wir brauchen keine weiteren Hürden und Verschlimmbesserungen der EU-Kommission, sondern eine Bürokratiebremse, mehr Wahlfreiheit und Innovation, um die Klima- und Gesundheitsziele zu erreichen.“

Laut dem Europäischen Verbraucherverband (BEUC) gibt es keine Hinweise darauf, dass Begriffe wie „Veggie-Burger“ oder „vegane Wurst“ Konsumenten in die Irre führen – im Gegenteil: Einer europaweiten BEUC-Studie zufolge sind rund 80 % der befragten Verbraucher der Meinung, dass traditionelle Fleischbezeichnungen für pflanzliche Alternativen zulässig sein sollten, sofern diese klar als vegetarisch oder vegan gekennzeichnet sind, was bereits heute verpflichtend im EU-Recht geregelt ist.

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© alexbuess – stock.adobe.com

Pflanzliche Alternativen schon heute klar als „pflanzlich“ oder „vegan“ gekennzeichnet

Nach geltendem EU-Lebensmittelrecht müssen pflanzliche Fleischalternativen bereits heute klar und deutlich in unmittelbarer Nähe zur Produktbezeichnung als „pflanzlich“ oder „vegan“ gekennzeichnet sein. Zudem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner jüngsten Entscheidung (Rechtssache C-438/23) klargestellt, dass die bestehenden EU-Vorschriften ausreichen, um Verbraucher angemessen zu informieren und vor Irreführung zu schützen. Auch die EU-Kommission hat dies mehrfach bestätigt.

Hersteller pflanzlicher Fleischalternativen kennzeichnen ihre Produkte bewusst und mehrfach auf der Verpackung als ‚100 % pflanzlich‘ oder ‚vegan‘ – schließlich ist genau das ihr Unique Selling Point. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, müssen diese Produkte für Kunden auf den ersten Blick als pflanzlich erkennbar sein. Eine Irreführung von Konsumenten ist damit schon heute de facto ausgeschlossen.

Europäische union flagge
© Grecaud Paul – stock.adobe.com

Steigende Nachfrage – drohende Verbote gefährden Innovationsstandort Österreich  

Der Markt für pflanzliche Produkte zählt zu den am schnellsten wachsenden Segmenten der Lebensmittelbranche. „Neue EU-Verbote für die Vermarktung pflanzlicher Alternativen würden Innovationen ausbremsen und sowohl Start-ups als auch etablierte Unternehmen in ihrer Markenbildung und Produktentwicklung erheblich einschränken. Österreich würde dadurch wertvolle Chancen verlieren, sich als Innovationsstandort in einem global wachsenden Zukunftsmarkt zu positionieren“, warnt Wiederkehr. Zudem würden solche Verbote zu erhöhtem bürokratischem Aufwand und zusätzlichen Kosten für die Hersteller führen, da Kennzeichnungen und Verpackungen vollständig überarbeitet werden müssten – ohne erkennbaren Mehrwert für den Verbraucherschutz.

Der Verein für Proteinvielfalt appelliert daher an die Bundesregierung und die österreichischen Vertreter im Europäischen Parlament, sich für zukunftsorientierte Regelungen einzusetzen, die Innovation fördern, fairen Wettbewerb ermöglichen, Nachhaltigkeit stärken und den Wirtschaftsstandort Österreich gezielt unterstützen.

Weitere Informationen: proteinvielfalt.at

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