SPD und Grüne schlagen vor, den Mehrwertsteuersatz auf Milchersatzprodukte von 19 auf 7 Prozent zu senken, um den geänderten Ernährungsgewohnheiten gerecht zu werden.
Schon seit längerer Zeit wird darüber diskutiert, ob neue alternative Lebensmittel, wie z.B. pflanzliche Milch- und Fleischalternativen, durch die Mehrwertsteuer von 19 Prozent gegenüber den klassischen tierischen Produkten benachteiligt werden. So fordert beispielsweise die Ernährungsorganisation ProVeg die Politik auf, die Besteuerung anzupassen, da pflanzliche Alternativen nicht nur gesünder, sondern auch besser für Umwelt und Klima seien. Ende letzten Jahres hat ProVeg mit Partnern wie Upfield, Dr. Mannah’s oder der European Vegetarian Union (EVU) sogar bundesweit eine Petition gestartet, um pflanzliche Lebensmittel einschließlich Alternativprodukten unverzüglich und dauerhaft komplett von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Bislang hat die Politik auf diese Forderung eher zögerlich reagiert, obwohl die Transformation der Ernährung mittlerweile ein großes Thema ist. SPD und Grüne setzen sich als Regierungskoalitionspartner nun aktiv für eine Senkung der Mehrwertsteuer ein. Der Steuerexperte Tim Klüssendorf von der SPD-Bundestagsfraktion schlägt vor, diese Änderung bereits zum 1. Januar 2024 im Rahmen der Verhandlungen zum Jahressteuergesetz vorzunehmen. Eine Anpassung der unterschiedlichen Sätze bei Grundnahrungsmitteln wie Hafer- oder Sojadrinks sei laut Klüssendorf schon lange überfällig. Koalitionspartner FDP äußerte sich dazu noch zurückhaltend.
GFI begrüßt den Vorstoß
Deutschland ist zwar nicht das einzige EU-Land, das pflanzenbasierte Milchprodukte bei der Ausgestaltung der Mehrwertsteuer laut GFI diskriminiert, doch fast kein anderes EU-Land benachteiligt Pflanzenmilch so stark. Einzig in Ungarn und Italien ist der Steuernachteil noch größer. In 17 von 27 EU-Ländern gibt es überhaupt keine Benachteiligung von pflanzenbasierten Milchprodukten bei der Mehrwertsteuer, darunter Frankreich, die skandinavischen Länder und die Benelux-Staaten.
Im vergangenen Jahr haben die Menschen in Deutschland im Durchschnitt 6,60 Euro für pflanzliche Milchalternativen ausgegeben. Der Markt für pflanzliche Optionen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen: Zwischen 2020 und 2022 stieg der Umsatz mit Pflanzenmilch um insgesamt 43%, im letzten Jahr betrug das Wachstum 13%, wie GFI-Europe Zahlen auf Basis von Nielssen-Daten zeigen.
Dennoch hatte pflanzliche Milch 2022 in Deutschland gerade einmal einen Anteil von 13% am gesamten deutschen Milchmarkt. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass pflanzliche Optionen nach wie vor im Schnitt deutlich teuerer sind als herkömmliche Kuhmilch und ein maßgeblicher Grund ist die steuerliche Benachteiligung.
Ivo Rzegotta, Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe, sagt dazu: „Der Vorstoß aus der Regierungskoalition ist ein richtiger und überfälliger Schritt. Die Benachteiligung von pflanzlichen Milchalternativen bei der deutschen Mehrwertsteuer steht in eklatantem Widerspruch zu den deutschen Nachhaltigkeitszielen und sollte daher schnellstmöglich korrigiert werde. Fast kein anderes EU-Land benachteiligt Pflanzenmilch so stark, und in den meisten EU-Ländern gibt es überhaupt keine Benachteiligung von pflanzenbasierten Milchprodukten bei der Mehrwertsteuer. Damit künftig noch mehr Menschen zu nachhaltigen Optionen greifen, muss pflanzliche Milch preislich auf Augenhöhe mit Kuhmilch kommen. Die gegenwärtige Diskiminierung von pflanzlichen Produkten bei der Mehrwersteuer verteuert einseitig die pflanzlichen Optionen und muss daher so schnell wie möglich beendet werden.“
Weitere Informationen unter: www.gfieurope.org/de.