Studien & Zahlen

ProVeg: Pflanzenorientiert bleibt Ansatz der Stunde

Um Defizite der weltweit beachteten Planetary Health Diet zu beheben, empfiehlt ProVeg-Ernährungsexpertin Anna-Lena Klapp in der Fachzeitschrift The Lancet Planetary Health, am pflanzenorientierten Ansatz festzuhalten, ihn jedoch um altes und neues Wissen zu ergänzen. Zusammen mit dem von ihr geleiteten Forschungsteam der internationalen Ernährungsorganisation gibt Klapp konkrete und umsetzbare Empfehlungen.

Die deutsche Sprache hält viele treffende Worte bereit, zum Beispiel „verschlimmbessern“: etwas vermeintlich besser, tatsächlich aber schlechter machen. Genau das droht der Planetary Health Diet aktuell angesichts von Rufen nach einem höheren Fleischanteil, um den Bedarf an Mikronährstoffen mit der Kost verlässlich zu decken. „Die Beweise zeigen eindeutig, dass die Menschen und der Planet es sich nicht leisten können, einfach auf Ernährungslösungen auf der Basis von Tieren auszuweichen“, gibt Klappzu bedenken. Das stelle der Artikel klar dar.

Mit ihrer Einschätzung steht die Ernährungswissenschaftlerin nicht allein da: Neben Wissenschaftlern von ProVeg gehören die Physicians Association for Nutrition (PAN) International, der Human Sciences Research Council of South Africa, die Universität Umeå in Schweden und die Universität Göttingen zum Forschungsteam, das einen Artikel in der weltweit renommierten Fachzeitschrift The Lancet Planetary Health veröffentlicht hat. Sie alle sprechen sich in dem Artikel entschieden dagegen aus, die Uhr – besorgt, wenngleich unbegründet – plötzlich zurückzudrehen.

planetary health diet
© luchschenF – stock.adobe.com

Die Empfehlungen: Traditionswissen trifft Technologie

„Beides ist möglich: die Behebung der Schwachpunkte der Planetary Health Diet und die Beibehaltung ihres stark pflanzenorientierten Ansatzes“, stellt Klapp klar. Plant forward, mit Pflanzen in die Zukunft nennt sich der Ansatz im Englischen. Einige Maßnahmen sind seit Großmutters Zeiten altbewährt, andere sind wohl etabliert, aber noch nicht selbstverständlich.

Konkret plädieren Klapp und ihr Team dafür, folgende Bestandteile in die Planetary Health Diet aufzunehmen:

  • Entscheidend sind Empfehlungen zur Verfügbarkeit von Nährstoffen in pflanzlichen Nahrungsmitteln für den menschlichen Körper und Angaben dazu, welche einfachen Maßnahmen diese verbessern können: zum Beispiel Einweichen, Fermentieren, Kochen und Weiterverarbeiten, aber auch eine gezielte Kombination von Nahrungsmitteln.
  • Regionaltypische Nahrungsmittel, die nährstoffreich und klimaresistent sowie erschwinglich und lokal verfügbar sind, sind klar zu benennen.
  • Männer und Frauen haben unterschiedliche Nährstoffbedarfe und wachsen mit geschlechtsspezifischen Ernährungsnormen auf. Eine integrative Ernährungsempfehlung geht bewusst auf diese Unterschiede ein.
  • Die Vorteile von angereicherten Grundnahrungsmitteln wie jodiertem Speisesalz sollten hervorgehoben werden.
  • Verarbeitete Lebensmittel können Teil einer gesunden Ernährung sein. Um gesunde verarbeitete Nahrungsmittel zu erkennen, brauchen die Verbraucher jedoch eine klare Anleitung zur Auswahl. Es gilt, pauschale Verurteilungen jeder Verarbeitung zu entkräften und Verbraucher aufzuklären, dass sie zugesetzten Zucker sowie große Mengen an Salz und gesättigten Fetten meiden sollten. Orientieren können sie sich dabei zum Beispiel an Kennzeichnungen wie dem Nutri-Score.

„Eine gesunde pflanzenbetonte Ernährung ist weltweit möglich“, folgert Klapp deshalb, „wenn wir traditionell bewährtes Wissen anerkennen und gleichzeitig offen für neue Technologien sind.“

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© Proveg International

Orientierung für Verbraucher und die Spitzen der Ernährungswissenschaft

Symbolisch dargestellt durch einen halben Obst- und Gemüseteller, besteht die andere Hälfte der Ernährung nach der Planetary Health Diet vor allem aus Vollkornprodukten, pflanzlichem Eiweiß wie Bohnen, Linsen und Nüssen, bescheidenen Mengen an Milchprodukten und kleinen Mengen an Fleisch und Fisch. Die Referenzkost hat damit in vielen Ernährungsfachgesellschaften eine Diskussion angestoßen und auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) umdenken lassen.

„Nach intensiver Auseinandersetzung mit der Planetary Health Diet hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung 2024 zahlreiche pflanzenorientierte Schritte unternommen, die sich von der Ernährungsbildung bis zur Schulverpflegung überaus positiv auf die Gesundheit der Menschen und des Planeten auswirken können,“ lobt Klapp. Sollte die Planetary Health Diet nun bei ihren Empfehlungen für tierische Nahrungsmittel zurückrudern, droht große Verwirrung bei den Verbrauchern – und Unverständnis in der Fachwelt.

Planetary Health Diet 2.0 bis Ende 2025 erwartet

Die Planetary Health Diet geht auf die EAT-Lancet-Kommission zurück: Die Kommission, bestehend aus 37 weltweit führenden Wissenschaftlern aus 16 Ländern, hat 2019 globale wissenschaftliche Ziele veröffentlicht, um die dringend erforderliche Umstellung unseres Ernährungssystems auf eine gesündere und nachhaltigere Basis anzuleiten. Die Referenzkost empfiehlt eine deutlich pflanzlich geprägte Ernährung.

Schätzungen zufolge ließen sich mit der Planetary Health Diet die weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus der Ernährung um 17 Prozent senken und rund 11 Millionen Todesfälle pro Jahr verhindern. Die Empfehlungen der Kommission haben breite Unterstützung in Fachkreisen erfahren. Derzeit erarbeiten die Wissenschaftler eine Aktualisierung. Hierzu hat die Kommission unter anderem einen weltweiten Konsultationsprozess durchgeführt, an dem auch ProVeg teilgenommen hat, und Verbesserungsvorschläge gesammelt. Die Veröffentlichung der neuen Empfehlungen wird für Ende 2025 erwartet.

Weitere Informationen: proveg.com/de

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