Was CEOs bewegt

CEO Statements – Von Steak über Dämmplatten bis zu Sneakern: Sind Pilze der innovative Rohstoff der Zukunft?

Pilze als Rohstoff stehen aktuell im Zentrum einer stillen Revolution, die zahlreiche Branchen erfasst – von der Lebensmittelindustrie über die Bauwirtschaft bis hin zur Mode. Was einst vor allem in der Gourmetküche als Delikatesse galt, wird heute als vielseitiges Multitalent neu entdeckt: Aus Pilzmyzel entstehen nicht nur vegane Burger-Patties und andere Fleischalternativen, sondern auch Dämmstoffe, Lederimitate und sogar Sneaker. Die Innovationskraft des Sektors zeigt sich in einer wachsenden Zahl von Start-ups und etablierten Unternehmen, die pilzbasierte Materialien als nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen erforschen und vermarkten.

Insbesondere im Kontext von Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bieten Pilzmyzel, das unterirdische Pilzgeflecht, und Pilzproteine (Mykoproteine) beeindruckende Vorteile. Die Herstellung erfordert wenig Wasser, keine tierischen Ressourcen und kann auf landwirtschaftlichen Reststoffen basieren – ein entscheidender Beitrag zur Reduktion von CO₂-Emissionen und Flächenverbrauch. Pilzbasierte Innovationen können nicht nur den ökologischen Fußabdruck verringern, sondern bieten auch neue Möglichkeiten für die Entwicklung veganer und allergenfreier Produkte. So entstehen Alternativen, die sowohl ethischen als auch gesundheitlichen Ansprüchen einer zunehmend bewussten Konsumentenschaft gerecht werden.

Doch der Weg zum Massenmarkt ist nicht frei von Herausforderungen: Die Skalierbarkeit der Produktionsprozesse, regulatorische Auflagen und die Akzeptanz der Verbraucher zählen zu den größten Hürden, wie Branchenführer im Gespräch bestätigen. Gleichzeitig sehen sie darin jedoch auch enormes Potenzial: Pilze könnten als Kreislaufrohstoff den Wandel zu einer Bioökonomie maßgeblich beschleunigen und neue, komplett vegane Wertschöpfungsketten etablieren. Der Pilz avanciert so vom Nischenprodukt zum Hoffnungsträger für eine nachhaltige Zukunft.

Für Teil 21 unserer Reihe „CEO-Statements: Was aufregt, bewegt, motiviert“, in der wir regelmäßig CEOs zu aktuellen Themen befragen, sprachen wir mit Robin Simsa, dem CEO von Revo Foods, mit Cathy Hutz, der Co-Founderin von Infinite Roots, mit Helge Schritt, dem CEO von MycoLutions, mit Fabio Ziemßen, dem Vorstandsvorsitzenden von BALPro e. V., mit Dr. Mario Binder, dem Geschäftsführer der Bunte Burger GmbH, mit Tim Fronzek, dem CEO von Nosh.bio, sowie mit Dr. Dorotea Pein, Director Technology and Innovations von Planteneers.

Pilzprotein als erkennbarer Inhaltsstoff

© revo foods gmbh
© Revo Foods GmbH

Revo Foods aus Wien entwickelt seit 2020 neue Texturierungsmethoden für Fleischalternativen mittels additiver Fertigung. Dadurch konnte 2023 die weltweit erste 3D-strukturierte Fleischalternative (ein Lachsfilet) in den Supermarkt gebracht werden. Vor Kurzem kündigte Revo Foods eine neue Kooperation mit Juicy Marbles an, um die neue Marke „Juicy Marbles & Friends“ einzuführen. Bei der Entwicklung setzt Revo Foods auf Mykoprotein als Hauptinhaltsstoff.

Robin Simsa, CEO von Revo Foods, fordert mehr Aufklärung über die vielen Vorteile von Mykoprotein und sagt: „Pilzprotein ist die Clean-Label-Antwort für Konsumenten, die von klassischen Fleischalternativen nicht überzeugt sind. Als klar erkennbarer Inhaltsstoff hat es enormes Potenzial, jenseits des Kulturkampfs „Fleisch vs. Vegan“ neue Zielgruppen zu gewinnen. Jeder kennt Pilze – und Myzel punktet mit Top-Nährwerten, ohne stark verarbeitet zu sein wie Soja oder Erbsenprotein. Die größte Herausforderung ist, dass Mykoprotein vielen noch kein Begriff ist – hier braucht es mehr Aufklärung.“

Pilze – universeller Rohstoff der Zukunft

© infinite roots
© Infinite Roots

Infinite Roots ist ein forschungsgetriebenes Biotech-Unternehmen mit Sitz in Hamburg und führend in der Entwicklung nachhaltiger Lebensmittel auf Basis von Pilzbiomasse. Mit einem internationalen Team aus über 20 Nationen verfolgt Infinite Roots die Vision, die Lebensmittelindustrie grundlegend zu transformieren. Das Unternehmen setzt auf modernste Biotechnologie, um damit auch globale Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und Ernährungssicherheit aktiv zu adressieren. Infinite Roots vereint wissenschaftliche Expertise mit umfassender Kenntnis regulatorischer Rahmenbedingungen und engagiert sich aktiv im Dialog mit politischen Entscheidungsträgern, um Entwicklungen im Bereich der Biotechnologie mitzugestalten.

Auch Cathy Hutz, Co-Founderin und VP of Product von Infinite Roots, sieht in mehr Aufklärung, aber auch in besseren Rahmenbedingungen einen Hebel zur Förderung von Pilzinnovationen. Sie kommentiert: „Pilz-Myzelium ist weit mehr als eine Fleischalternative – es ist ein universeller Rohstoff. Von Lebensmitteln – ob als Mealballs, Frischkäse oder Crème Caramel –, als natürlicher Geschmacksgeber, Farbstoff und als nachhaltige Alternative für synthetische Produkte in Kosmetik oder Pharma. Was jetzt zählt: Aufklärung und klare Rahmenbedingungen, damit Pilzinnovationen aus der Nische in den Massenmarkt gelangen.“

Myzel statt R-PET

© lukas hopp / mycolutions gmbh
© Lukas Hopp / MycoLutions GmbH

MycoLutions entwickelt myzelbasierte Materialien für optimale Raumakustik und energieeffziente Wärmedämmung. Aus lokalen Reststoffen entstehen mithilfe von Pilzmyzel kompostierbare Plattenwerkstoffe, die schadstofffrei gesunde Wohn- und Arbeitsräume fördern. Nach erfolgreichem Abschluss der ersten Pilotphase produziert MycoLutions nun Akustikabsorber im erweiterten Pilotmaßstab.

Helge Schritt, CEO von MycoLutions, erklärt dazu: „Auf Fachmessen wird R-PET in der Akustikbranche als nachhaltig präsentiert, bleibt jedoch ein Kunststoff mit fossiler Herkunft, begrenzter Recyclingfähigkeit und Mikroplastikrisiken. Myzelbasierte Alternativen sind biobasiert und sparen CO₂ ein, stoßen aber auf Hürden wie Skalierung, Normung und Akzeptanz. Ihre Etablierung erfordert Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Architektur.“

Myzel: Rohstoff für kulturnahe Innovation

© balpro e. V. © balpro e. V.
© Valentin Pellio / BALPro e. V.

Der Bundesverband für Alternative Proteinquellen e. V. (BALPro) wurde 2019 als unabhängige Plattform für den Austausch zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sowie als Anlaufstelle für Innovatoren und Multiplikatoren gegründet. Das Ziel des Bundesverbands ist die Förderung einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Lebensmittelwirtschaft. Der Verband umfasst mittlerweile über 100 Mitglieder – darunter Start-ups, etablierte Unternehmen und Investoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Vor welchen Herausforderung pilzbasierte Innovationen stehen, weiß Fabio Ziemßen, der Vorstandsvorsitzende von BALPro e. V.: „Myzel gewinnt aufgrund seiner Eigenschaften und der breiten Anwendungsmöglichkeiten als Rohstoff in der Lebensmittelindustrie an Bedeutung. Dabei profitiert die Branche von der kulturellen Nähe zu bekannten Lebensmitteln. Die größten Herausforderungen liegen in der Etablierung von Produktionsprozessen im Rahmen der Novel-Food-Verordnung sowie in der Finanzierung zur Skalierung der Herstellung.“

Pilze sind ein echter Wunder-Rohstoff

© bunte burger
© Bunte Burger

Die bio-vegane Burger Manufaktur Bunte Burger wurde in 2014 von Mario Binder und Ulrich Glemnitz in Köln gegründet. In 2015 eröffneten sie das erste vegane Bio-Burger-Restaurant Deutschlands. Die innovativen Produkte des Unternehmens, die auf verschiedenen pflanzlichen Zutaten, darunter auch Pilzprotein, basieren, sind sowohl über den LEH als auch den Foodservice erhältlich und werden im eigenen Onlineshop angeboten.

Dr. Mario Binder, Geschäftsführer der Bunte Burger GmbH, sagt mit Blick auf das Potenzial von Pilzproteinen: „Pilze sind echte Allrounder: Durch ihren hohen Protein- und Ballaststoffgehalt sind sie eine sehr gesunde, natürliche und nachhaltige Fleischalternative im Lebensmittelbereich. Das Pilzmyzel, also das Wurzelgeflecht, hat wiederum vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im Materialbereich. Für den Erfolg braucht es eine intensivere Forschung, mehr Förderung sowie Akzeptanz bei den Verbauchern und Verbraucherinnen. Dann ist der Weg frei für den „Wunder-Rohstoff“ PILZ.“

Kapazitätsengpässe und Margendruck

© nosh. Bio
© Nosh.bio

Nosh.bio ist ein in Berlin ansässiges B2B-Foodtech-Unternehmen, das 2022 von einem vielfältigen Team gegründet wurde – vereint durch die Mission, Lebensmittel so zu gestalten, dass sie weder dem Planeten noch Tieren oder Menschen schaden. Mithilfe natürlicher Pilzfermentation stellt Nosh.bio Koji-Protein her – eine erschwingliche, nahrhafte, schmackhafte und nachhaltige Zutat für Anwendungen von Fleischalternativen bis hin zu Saucen, Milchprodukten, Backwaren, Süßwaren und dem Bereich Health & Wellness. Das Unternehmen treibt damit die Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Lebensmittelindustrie voran.

Tim Fronzek, der CEO von Nosh.bio, geht auf bestehende Hürden bei der Markteinführung von Produkten auf Basis von Pilzprotein ein und sagt: “ Für einen Massenmarkteintritt sehe ich zwei Hauptprobleme: fehlende Produktionskapazitäten und Margendruck. Junge Firmen können selten in teure Anlagen investieren, während Lohnhersteller begrenzt und teuer sind – besonders bei kleinen Mengen. Nosh löst dies, indem wir stillgelegte Brauereien zu effizienten Produktionsstätten umbauen. So gewinnen wir skalierbare Kapazität mit geringem Kapitaleinsatz und senken zugleich die Kosten.“

Was Mykoprotein braucht, um zu skalieren

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© Planteneers GmbH

Die Planteneers GmbH mit Sitz in Ahrensburg entwickelt und produziert individuelle Systemlösungen für pflanzenbasierte Alternativen in den Bereichen Fleisch-, Wurst- und Fischwaren sowie Käse, Milchprodukte und Feinkost. Als Tochtergesellschaft der konzernunabhängigen, inhabergeführten Stern-Wywiol Gruppe mit insgesamt 13 Schwesterfirmen nutzt Planteneers diverse Synergien. Dem Unternehmen steht das gesammelte Know-how von rund 125 F&E-Spezialisten im großen Ahrensburger Stern Technology Center mit umfangreicher Anwendungstechnik zur Verfügung.

Auch Dr. Dorotea Pein, Director Technology and Innovations von Planteneers, sieht für die Zukunft verschiedene Herausforderungen bei der Nutzung von Pilzproteinen und erklärt: „Damit Mykoprotein den Sprung in den Massenmarkt schafft, braucht es mehr als technologische Innovation: Entscheidend ist die Übersetzung in wirtschaftlich skalierbare, industriell einsetzbare Lösungen. Aktuell fehlt es häufig an Standardisierung und verfügbaren Fermentationskapazitäten. Gleichzeitig sind Investitionen hoch – und die Förderstrukturen in Europa fragmentiert. Darüber hinaus gilt es die Verbraucherakzeptanz stärken.“

Vegency ceo statements
© vegency

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Wir befragen regelmäßig CEOs und Meinungsführer, was sie aufregt, bewegt, motiviert. Die Umfrage erfolgt durch unseren Agenturpartner vegency.

vegency – Kompetenzmarke von united communications – bietet kreative Markenkommunikation und innovative Sales-Beratung – lokal und regional, national und international. vegency arbeitet für Unternehmen, Non-Profit- Organisationen und Start-ups, die vegetarische, pflanzenbasierte und vegane Produkte oder Dienstleistungen anbieten. vegency ist unabhängig, inhabergeführt und gut vernetzt.

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Weitere Informationen: vegency.de

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