Auf dem zweiten Pflanzenprotein Symposium von UFOP erwartete die Besucher eine Vielzahl an Expertenbeiträgen von Unternehmen wie der Rügenwalder Mühle und Greenforce oder Organisationen wie dem Fraunhofer-Institut und dem Good Food Institute Europe.
Heimische Körnerleguminosen sind echte LOCAL HEROES und standen im Mittelpunkt des zweiten Pflanzenprotein Symposiums des Branchenverbandes Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP), das am 28. November 2023 in Kooperation mit dem Netzwerk LeguNet in Berlin durchgeführt wurde. Expertinnen und Experten aus der Lebensmittelindustrie und der Ernährungswissenschaft befassten sich mit den Einsatzmöglichkeiten heimischer Körnerleguminosen und dem daraus gewonnenen Protein.
Über 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Veranstaltung vor Ort und im Stream. Die Auftaktstatements zur Bedeutung und Förderung heimischer Körnerleguminosen hielten der stellvertretende UFOP-Vorsitzende Dietmar Brauer und Eva Bell, die Leiterin der Abteilung „Gesundheitlicher Verbraucherschutz, Ernährung, Produktsicherheit“ im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Eva Bell begrüßte die stetig zunehmende Anzahl von Produkten auf Basis von Körnerleguminosen im Lebensmitteleinzelhandel. Sie skizzierte die zukünftig große Bedeutung der Hülsenfrüchte in der geplanten Ernährungsstrategie der Bundesregierung mit saisonalen und regionalen Produktionsketten. Ziel sei es, noch mehr Anreize für den Anbau der heimischen Eiweißträger auf Seiten der Landwirtinnen und Landwirte zu schaffen. Dabei hob sie ebenso wie Dietmar Brauer die zahlreichen Umwelt- und Klimavorteile sowie den ernährungsphysiologischen Wert von Körnerleguminosen und deren hiesigen Anbau hervor.
Brauer forderte die Bundesregierung auf, die Mittel für die Eiweißpflanzenstrategie im Jahr 2024 keinesfalls zu kürzen, stattdessen sei ein Ausbau erforderlich. Der Anteil an der Ackerfläche beträgt aktuell nur 2,5 Prozent. Klimatische Bedingungen, nicht ausreichender Pflanzenschutz und strukturelle Defizite in den Bereichen Abnahme und Aufbereitung sorgten dafür, dass sich der Anbau zu oft noch nicht rechnen würde, erklärte der stellvertretende UFOP-Vorsitzende. Diesen Herausforderungen müsse man sich gemeinsam stellen und Lösungen erarbeiten.
Laura Melanie Ignatzy, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, stellte eine neue Proteindatenbank als Grundlage für die kenngrößenspezifische Auswahl von Proteinkombinationen für bestimmte Verwendungszwecke sowie den gezielten Einsatz der Proteine zur Herstellung von innovativen Lebensmitteln vorgestellt.
Durch Hannah Schebesta von der Symrise AG erhielten die Teilnehmenden Einblicke in die Sensorik von Fleischalternativen. Sie zeigte, wie das Unternehmen ausgehend von den Erwartungen und Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher Rezepturen für unterschiedlichste Produkte entwickelt.
Wie groß die Akzeptanz von Fleischersatz- und anderen Plant based-Produkten in Deutschland bereits heute ist, erläuterte Ivo Rzegotta vom Good Food Institute Europe. So liegt Deutschland bei den Umsätzen im Lebensmitteleinzelhandel im europaweiten Vergleich auf Platz 1. Die Zukunft der Körnerleguminosen sieht er jedoch nicht nur in pflanzenbasierten Produkten: So skizzierte er auch Einsatzmöglichkeiten in der Präzisionsfermentation und sogar im Zusammenhang mit kultiviertem Fleisch. Rzegotta mahnte, dass diese Entwicklungen in Deutschland nicht verschlafen werden dürften und forderte insbesondere von der Politik eine Förderung der Forschung und einen Abbau der Reglementierungen zur Einführung innovativer Produkte.
Prof. Dr. Veronika Somoza, Technische Universität München, schloss sich dieser Forderungen nachdrücklich an. In ihrem Vortrag stellte sie insbesondere die Wertigkeit pflanzlichen Proteins und dessen Mehrwert für die Gesundheit heraus.
Mögliche Probleme, die mit der Produktion von Plant based-Produkten verbunden sein könnten, thematisierte Prof. Dr. Elke Trautwein, Trautwein Consulting/Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie gab einen umfassenden Überblick über den derzeitigen Wissensstand zu hochverarbeiteten Lebensmitteln, zu denen auch viele vegane Ersatzprodukte und beispielsweise auch Vollkornbrot zählen. Dabei zeigte sie auf, dass es eine Evidenz für gesundheitliche Risiken auf Basis von Beobachtungsstudien gibt, jedoch Langzeit- und Interventionsstudien zu kausalen Zusammenhängen bislang weitgehend noch fehlen. Auch mögliche Mechanismen seien noch nicht geklärt. Trautwein kam zu dem Schluss, dass der Grad der Verarbeitung nicht das einzige Kriterium bei der Beurteilung ultraprozessierter Lebensmittel sein kann.
Mit der Rügenwalder Mühle und GREENFORCE waren gleich zwei Leuchturmunternehmen in Bezug auf die Verarbeitung von Körnerleguminosen-Protein aus Deutschland vertreten. Sören Rossmann, Head of Strategic Product Development bei der Rügenwalder Mühle, erläuterte, dass neben der Verpackung Regionalität aus Verbrauchersicht das wichtigste Kriterium für Nachhaltigkeit sei. Aktuell deckt das Unternehmen bereits 30 Prozent seines Sojabedarfs aus heimischem Anbau. Das sei mit finanziellem Mehraufwand verbunden, werde aber von den Konsumentinnen und Konsumenten wertgeschätzt.
Jasmin Dold, Projektmanagerin New Protein Solutions bei der BayWa AG und Achim Budemann, Chief Technology Officer bei GREENFORCE, erläuterten, wie regional erzeugte Erbsen in vegane Fleischalternativen gelangen. Dazu arbeiten beide Unternehmen partnerschaftlich zusammen. Für 2024 sind unter anderem die Vergrößerung der Anbaufläche und Tests neuer, proteinreicherer Erbsensorten geplant.
Mit Jan Haberzettl und Lisa Beyer von Viva la Faba, Cordula Senne von Luvine und Michael Walk von Vermiwa waren drei ganz unterschiedliche Start-Ups in der Podiumsdiskussion vertreten. So wird Viva la Faba 2024 die erste Käsealternative aus Bio-Ackerbohnen auf den Markt bringen. An der Rezeptur wurde lange getüftelt und die Ackerbohne hat sich als ideale Basis herausgestellt. Luvine setzt komplett auf Regionalität und verarbeitet Süßlupinen von Betrieben „aus der Nachbarschaft“ zu Kaffee. Neben der Herstellung eigener Produkte wie veganen Chunks aus Erbsenprotein und -fasern hat sich Vemiwa zum Ziel gesetzt, anderen Unternehmen, Startups und Marken den Zugang zu ihrem Know-how und ihren Produktionskapazitäten im Bereich pflanzlicher Lebensmittel durch Lohnextrusion zu ermöglichen.
Die Vorträge und Diskussionen haben gezeigt, dass noch längst nicht alle der verarbeiteten Hülsenfrüchte von heimischen Äckern stammen. Jedoch gibt es eine Reihe von Unternehmen, die beispielgebend vorangehen. Denn heimische Hülsenfrüchte haben gegenüber Importen ganz klar die Nase vorn und ihre Vorteile liegen auf der Hand: regionale Verfügbarkeit, kurze Transportwegen sowie positive Wirkungen auf Bodengesundheit und Biodiversität als Bestandteil vielfältiger Fruchtfolgen.
Als weiterer wichtiger Faktor wurden verlässliche Rahmenbedingungen durch die Politik adressiert, etwa bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen. Diese seien unerlässlich zur Stabilisierung und Erweiterung der Erzeugung von Ackerbohnen, Erbsen, Lupine und Soja in Deutschland.
Die Vorträge und der Videomitschnitt des UFOP-Symposiums stehen unter www.ufop.de/localheroes zur Verfügung. Weitere Informationen: www.ufop.de.