Politik

Kabinett beschließt Förderung von Pflanzenmilch in der EU, DGE-Standards in Schulen und Kitas und mehr Ernährungsforschung

ProVeg begrüßt die neue Ernährungsstrategie des Bundes.

Das Bundeskabinett hat jüngst die Ernährungsstrategie der Bundesregierung „Gutes Essen für Deutschland“ beschlossen und sich für die Aufnahme von Pflanzenmilch in das EU-Schulprogramm ausgesprochen. Im Fokus stehen außerdem verbindliche DGE-Qualitätsstandards in Schulen und Kitas, für einen höheren pflanzlichen Anteil an der Verpflegung.

Nicht zuletzt umfasst der Beschluss mehr Forschung zu pflanzenbasierten Ernährungsformen und alternativen Proteinquellen. ProVeg sieht in der Strategie entscheidende Schritte für die Transformation unseres Ernährungssystems, wünscht sich aber auch Konkretisierungen im Dialog mit den Beteiligten sowie Unterstützung für Caterer.

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© Proveg International

Deutschland setzt sich für nachhaltige Schulmilch ein

Katleen Haefele, Director Corporate & Institutional Engagement bei ProVeg, hält die Ankündigung, der Bund werde sich künftig bei der EU-Kommission für die Aufnahme von Pflanzenmilch ins EU-Schulprogramm einsetzen, für einen Schritt von großer Tragweite: „Angesichts der sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Vorteile pflanzlicher Alternativen ist das genau der Schritt, den wir jetzt brauchen.“

Das EU-Schulprogramm hat im Schuljahr 2021/2022 mehr als 6 Millionen Liter Milch an Kinder in Deutschland verteilt. Haefele weiß auch das nachhaltige Potenzial zu beziffern: „Im Schnitt verursacht ein Liter Sojamilch rund dreimal weniger Emissionen als ein Liter Kuhmilch. Das EU-Schulprogramm könnte also in Deutschland eine Menge CO2 einsparen.“

Mit Kalzium angereicherte Sojamilch gilt bereits bei zahlreichen nationalen Ernährungsgesellschaften als gleichwertige Alternative zu Kuhmilch, unter anderem in den Niederlanden, Australien, Schweden und den USA.

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© Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)

Mehr pflanzenbetonte Ernährung dank DGE

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, mehr Gemüse und Obst, am besten unverarbeitet, sowie ballaststoffreiches Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse zu essen. Gesättigte Fette, die insbesondere tierische Nahrungsmittel enthalten, gilt es, durch ungesättigte, vorrangig pflanzliche Fette zu ersetzen. Die Ernährungsstrategie der Regierung will diese Empfehlungen bis 2030 bundesweit verbindlich machen: „Wenn alle Schulen in Deutschland die DGE-Qualitätsstandards umsetzen, ist wirklich viel für die Ernährung einer ganzen Generation getan“, lobt Haefele, warnt aber zugleich: „Es sind die Caterer, die die DGE-Standards in die Schulen tragen. Sie dürfen dabei nicht alleingelassen werden.“

Mit Blick auf die Ernährungsbildung hält Haefele auch pflanzliche Mahlzeiten für wichtig, um Geschmacksgewohnheiten zu prägen: „Viele Schulen bieten inzwischen zwei Menülinien an, eine mischköstliche und eine vegetarische. Beide Linien wären DGE-konform, wenn je bis zu drei Gerichte pro Woche vollwertig pflanzlich wären.“ ProVeg unterstützt Schulcaterer bei der Ausgestaltung ihrer Speisepläne – mit Beratung, speziellen Kochtrainings und vielfältigen erprobten Rezepten.

Nach der neuen Strategie sollen die DGE-Qualitätsstandards zudem regelmäßig aktualisiert werden. ProVeg wünscht sich hierzu noch klarere Zusagen: „Feste Zyklen für die Aktualisierung von Ernährungsrichtlinien haben sich international bewährt, zum Beispiel in den USA. Solche Zyklen schaffen Transparenz im Aktualisierungsprozess und spiegeln die aktuelle Evidenz wider“, betont Haefele.

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© pressmaster – stock.adobe

Ernährungsforschung: Wissen macht Mh!

Die Ernährungsstrategie räumt eine Datenlücke im Hinblick auf pflanzenbasierte Ernährungsformen ein. Als größte Kohortenstudie zu pflanzenbasierter Ernährung im deutschen Sprachraum soll sich die COPLANT-Studie den Themen Gesundheit, Ökologie, Soziales und Ökonomie widmen. „Die Ergebnisse der COPLANT-Studie könnten mit vielen hartnäckigen Mythen aufräumen und zu einer Versachlichung der Ernährungsdebatte beitragen“, verspricht sich Haefele.

Im Rahmen der deutschen Proteinstrategie ist auch ein Forschungsschwerpunkt zu alternativen, insbesondere pflanzlichen, Proteinquellen vorgesehen. „Deutschland ist derzeit der größte europäische Markt für pflanzenbasierte Alternativprodukte. Mit der Erforschung alternativer Proteine stellen wir uns für die Zukunft auf – als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort“, bestätigt Haefele.

Keine Steueranpassung, kein Ziel für Proteinwende

Am Sonntag hatte ein eigens einberufener Bürgerrat Empfehlungen ausgesprochen, die aber nur in Teilen Berücksichtigung in der Ernährungsstrategie gefunden haben. „ProVeg vermisst insbesondere die fiskalische Maßnahme einer Mehrwertsteuer-Anpassung im Kabinettsbeschluss“, erklärt Haefele mit Blick auf die seit 2022 anhaltende Steuerdebatte und erinnert: „Die Bürgerinnen und Bürger wollen Hilfestellungen vonseiten der Politik. Eine zielgerichtete steuerliche Lenkung verspricht, ihnen die Herausforderung einer Ernährungsumstellung zu erleichtern.“

Der europäische Vergleich offenbart eine weitere Leerstelle: Während Deutschland für 2024 38 Millionen Euro für die Proteinwende vorgesehen hat, hat der kleinere Nachbar Dänemark bis 2030 rund 100 Millionen bereitgestellt und einen konkreten Aktionsplan entwickelt. Die Niederlande haben gar ein noch ambitionierteres, greifbares Ziel definiert: Die niederländische Regierung will bis 2030 erreichen, dass die Hälfte der Proteinzufuhr der Bevölkerung aus pflanzlichen Quellen stammt.9 Der ganz große ernährungspolitische Wurf ist in Deutschland somit noch ausgeblieben.

Weitere Informationen: proveg.com/de

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