Laut ProVeg sinken die Aufpreise für pflanzliche Alternativen kontinuierlich und Einzelhändler passen ihre Preise weiter an.
Die diesjährige ProVeg-Preisstudie hat ergeben, dass sich die Preise für pflanzliche Alternativprodukte denen ihrer tierischen Pendants angenähert haben. Der durchschnittliche Preisunterschied zwischen einem Warenkorb mit pflanzlichen und einem Warenkorb mit tierischen Produkten fiel innerhalb eines Jahres von 53 auf 25 Prozent. Inzwischen haben vier große Einzelhandelsketten Preisanpassungen vorgenommen und bieten tierische und pflanzliche Eigenmarkenprodukte nun dauerhaft preisgleich an.
Was der Kassenbon verrät
ProVeg hat zwischen dem 21. und dem 27. August 2023 die Preise in 40 Märkten von sechs der umsatzstärksten Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland untersucht – Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl und Rewe. Betrachtet wurden Produkte in den zwölf Kategorien Aufschnitt, Bratwurst/Würstchen, Burger, Fischstäbchen, Hack, Joghurt, Käse, Kochcreme, Milch, Pizza, Schnitzel und Streichcreme (Frischkäse). Die Ergebnisse präsentiert ProVeg heute auf der New Food Conference in Berlin.
Pflanzliche Milch, Fischstäbchen und Schnitzel konnten in rund der Hälfte der Supermärkte mit ihren günstigsten tierischen Pendants preislich mithalten und waren genauso günstig oder sogar günstiger. Bei Joghurt und Streichcreme auf Pflanzenbasis war der Preisunterschied dagegen besonders groß.
Handlungsfelder für Handel und Politik
Pflanzliche Alternativprodukte können Verbrauchern helfen, auf eine pflanzenbetontere Ernährung umzusteigen. Preise haben jedoch großen Einfluss auf das Konsumverhalten, insbesondere angesichts der anhaltend hohen Inflation im Nahrungsmittelbereich. „Eine nachhaltige Ernährung darf kein Luxusgut sein“, wird Studienautor Dirk Liebenberg, Leiter der Abteilung Food Industry & Retail bei ProVeg, daher nicht müde zu betonen.
Die Studie kritisiert, dass tierische Nahrungsmittel oft in Großverpackungen zu niedrigen Kilopreisen angeboten werden, während bei pflanzlichen Alternativen Großverpackungen für Endverbraucher bislang fehlen. Tierische Produkte erhalten außerdem umfassende Subventionen und ihre Bepreisung umfasst die ökologischen und sozialen Folgekosten ihrer Herstellung nicht. „Im direkten Vergleich werden pflanzliche Kalorien zu niedrig und tierische Kalorien viel zu hoch subventioniert“, erklärt auch Prof. Dr. Jan Wirsam von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.
Lidl, Kaufland, Penny und Aldi Süd setzen neuen Standard
ProVeg empfiehlt dem Handel seit Längerem, finanzielle Anreize für pflanzliche Produkte zu schaffen, um den nachhaltigen Konsum zu fördern. Die Politik sollte alle pflanzlichen Nahrungsmittel einschließlich Alternativprodukten dauerhaft von der Mehrwertsteuer befreien. Auch die starke Subventionierung tierischer Produkte kritisiert die Ernährungsorganisation.
Beim Handel trifft ProVeg auf offene Ohren: Inzwischen ist Bewegung in den deutschen Einzelhandelsmarkt gekommen. Erst haben Lidl und Kaufland und nun auch Penny und Aldi Süd die Preise pflanzlicher Alternativprodukte ihrer Eigenmarken an die Preise der tierischen Pendants dauerhaft angeglichen. „Die großen Einzelhandelsketten haben die Möglichkeit, Standards zu setzen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden von nun an alle Einzelhändler an diesen Standards messen“, ist sich Co-Studienautorin Virginia Cecchini Kuskow, Projektmanagerin für Food Industry & Retail bei ProVeg, sicher.
Bundesernährungsministerium bestätigt Ernährungswandel
Deutschland verzeichnet den europaweit höchsten Umsatz mit pflanzlichen Nahrungsmitteln. Laut dem aktuellen Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) spiegeln die Verkaufszahlen den Ernährungswandel hierzulande wider. Demnach verzehren heute gerade einmal 20 Prozent der Bevölkerung täglich Fleisch- und Wurstwaren, 2015 waren es noch 34 Prozent. Die Rewe Group hat so kürzlich die Pläne für eine neue Großmetzgerei des Tochterunternehmens Wilhelm Brandenburg in Hessen begraben.
Einer von zehn Menschen in Deutschland greift bereits täglich zu pflanzenbasierten Alternativprodukten, doppelt so viele wie noch 2020. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung haben schon einmal Alternativen zu tierischen Produkten gekauft. Der Preis spielt dabei auch laut Bundesernährungsministerium eine wichtige Rolle – 57 Prozent der Befragten achten ausdrücklich auf preiswerte Nahrungsmittel.
Wie Handel und Politik den neuen Ernährungsgewohnheiten gerecht werden und mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele befördern können, diskutiert die Fachwelt heute und morgen in Berlin auf der New Food Conference.
Mehr zur ProVeg-Preisstudie unter: www.proveg.com